Das München-ABC: X wie X-Bar

© Jen Duermeier

München ist wahnsinnig schön – und manchmal auch ein bisschen langweilig, spießig und streng. Zu sauber und zu geregelt. Wenn dir auch jedes Mal auf der Isar-Brücke die Knie weich werden und dich aber nichts mehr aufregt als unsere Öffnungszeiten, Tanzverbote und Mutlosigkeit, dann bist du hier genau richtig. In unserem ABC schreiben wir auf, was wir an dieser Stadt unendlich gut, aber auch ziemlich beschissen finden. Diesmal: Über die beste mittelmäßigste Bar der Stadt.

Es gibt so Orte in München, die hasse ich jetzt nicht, aber sie sind mir alles in allem eher egal. Sie existieren nun einmal und manchmal verirre ich mich zu ihnen. So wie in die X-Bar. Hier sitze ich dann auf einem mir-egalen Sofa und trinke ein Bier, das woanders wahrscheinlich besser, aber trotzdem ganz gut schmeckt. Die anderen Gäste sind normal, ich möchte jetzt mit ihnen kein Bier trinken, höhö, aber sie stören mich auch nicht. Die Stimmung weder besonders ausgelassen noch gedrückt. Es sind eben X-Bar-Abende, an die ich mich später zwar noch erinnere, aber so wie ich mich daran erinnere, dass ich mir die Nägel geschnitten habe. Neutral.

Die X-Bar ist der neutralste Ort, um einen netten Abend zu haben. Nicht mehr, aber eben auch nicht weniger.

Bitte nicht falsch verstehen, genau das macht den Zauber eben jener Schwabinger Bar aus, die es gefühlt schon seit immer gibt. Und genau das macht die X-Bar wahrscheinlich auch zu einem der besten Orte, um Leute zu treffen, die man noch nicht kennt, schon lange nicht mehr kennt oder auch einfach nicht kennenlernen möchte – erste Dates, alte Schulfreunde oder Arbeitskollegen. Die Bar ist der neutralste Ort, um einen netten Abend zu haben. Nicht mehr, aber eben auch nicht weniger – das ist die Garantie und mal ehrlich: Das ist eine ziemlich gute Garantie.

Es ist doch schade, dass konstante Mittelmäßigkeit heute oft so negativ ausgelegt wird. Denn Mittelmaß ist immer noch Durchschnitt und der ist doch eigentlich super – im Zeugnis, beim BMI, im Münchner Mietpreiswahnsinn. Und das gilt bitte ebenso für Bars, auf die man sich immer verlassen kann. Die X-Bar wäre zwar wahrscheinlich kein Ort, den ich selbst vorschlagen würde, um dort ein Bier trinken zu gehen, aber ich würde jederzeit gerne mitkommen, wenn der Vorschlag in der Runde fällt.

Denn Mittelmaß ist immer noch Durchschnitt und der ist doch eigentlich super – im Zeugnis, beim BMI, im Münchner Mietpreiswahnsinn.

Und das ist doch nicht nur etwas, sondern das ist schon ganz schön viel. Und so hält die Beziehung zwischen uns beiden dann wahrscheinlich auch ein Leben lang an. Wir werden uns niemals aneinander satt sehen – so oft bin ich ja gar nicht hier – und es besteht weder die Gefahr, dass mir mein höchst gehypter Lieblingsladen plötzlich auf den Keks geht, noch ärgere ich mich, wenn sich plötzlich alles ändern sollte. Wer so viel Abstand lässt zwischen einer Bar und sich, der ist weder böse, wenn die Hipster kommen, noch wenn der Laden grundrenoviert wird.

Die Barlandschaft in München ist zwar eine sehr tolle, aber manchmal eben auch eine sehr anstrengende. In den bekannten Namen im Glockenbach kann man mal froh sein, wenn man jemanden trifft, den man noch nicht kennt, im Café Kosmos schafft man es an vollen Abenden dagegen nicht einmal bis zum Tresen und in anderen Locations zahlt man so viel für die Drinks, dass man sich gleich noch einen bestellen muss. All diese Probleme hat die X-Bar nicht: Mittelmäßig günstig, mittelmäßig voll und die Chance, dass man jemand trifft, ist auch eher gering. Also perfekt für erste Dates. Durchschnittliche, versteht sich, aber immerhin.

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