Kunstakademie Jahresausstellung: Es eskaliert eh. Nicht.
Die Jahresausstellungs-Partys in der Akademie der Bildenden Künste sind legendär. Entschuldigung, waren es. Jeder Münchner hat mindestens eine gute Story zu diesen verschwommenen Abenden auf Lager. Sobald man fragt "Und, was hast du da schon so erlebt?" sprudelt das Gegenüber entweder vor betrunkenen Abenteuern in den heiligen Hallen oder grinst nur verschmitzt – auch dann, weiß man ungefähr, wie der Abend so verlief.
Man erzählt sich von fast brennenden Absinth-Bars, fünf Mal Feueralarm in einer Nacht, Sex im Keller. Wenn man in seinem eigenen Gedächtniskästchen kramt, sieht man sie noch vor sich: Die langen Akademie-Gänge voller Scherben und Rauch, den klebrigen Boden über allen Etagen. Ein Garten voll mit Menschen. Jeder ist da. Man trifft unfassbar viele Leute, an die man sich später nicht mehr erinnert. Egal, trotzdem nett. Die Partys in der Kunstakademie waren bisher ein bisschen unser Münchner Spring Break – in arty und hip natürlich. Weniger Bikinis, mehr Leinenbeutel vielleicht. Und: Das einzige Datum im Jahr, an dem man mal wieder so richtig ausrasten durfte.
Wenn gefeiert wird, in der Weltstadt mit Herz, dann aber bitte unter Kontrolle.
Am Samstag hat nun heimlich, still und leise die aktuelle Jahresausstellung eröffnet. Offiziell war nur bis 23 Uhr offen. Der Grund: Letztes Jahr ist das Fass nun endgültig übergelaufen. Die Kanzlerin der Akademie möchte derlei Veranstaltungen nicht mehr – und die Nachbarn natürlich auch nicht. Nicht-Kunstakademie-Studenten waren gar nicht erst eingeladen, beziehungsweise wurden wieder rausgebeten.
Gäste, die es trotzdem vorbei an den Security-Männern (!) über diverse Zäune schafften, berichten von einer seltsam-verhaltenen Atmosphäre. Aufbruchstimmung. Nicht vergleichbar zu den letzten Jahren. Klassenzimmer, aus denen Musik drang, wurden von innen abgeschlossen. Wenn man sich das anhört, muss man kein regelmäßiger Akademie-Party-Gänger sein, um sentimental zu werden – und ein bisschen wütend. Auf Nachbarn, auf immer mehr Regeln in München, aufs ewige Verhaltensein. Darauf, dass man nun wirklich nirgendwo mehr ausrasten darf. Wenn gefeiert wird, in der Weltstadt mit Herz, dann aber bitte unter Kontrolle.
Das Harry Klein befindet sich mittlerweile auf der "Feierbanane" – das sagt alles.
Deshalb: Schade. Schade, dass nun wieder etwas gehen muss, was eigentlich großer Teil unserer Stadt war. Dass die Auswahl in München wieder ein Stückchen kleiner wird. So kann man seine Akademie-Nächte nun zu den anderen unvergesslichen Abenden packen – in der alten Registratur, in der es immer jemanden gab, der noch seltsamer tanzte, als man selbst. Im Harry Klein, als es noch am Ostbahnhof war und dementsprechend lustige Menschen dort herumirrten. In der Ersten Liga, im Kong, im Bahnwärter Thiel im Viehhof.
Heute wird man in der neuen Regi angeschaut, wenn man nur ein bisschen aus der Reihe tanzt. Im wahrsten Sinne. Das Harry Klein befindet sich mittlerweile auf der "Feierbanane" zwischen Maximiliansplatz und Sendlinger Tor. Das sagt schon alles. Und welcher Club heute in der Ersten Liga ist, weiß man gar nicht mehr, so egal ist er. Schade München, schade liebe Akademie.