Warum Foodora & Co. das Essen bestellen kaputt machen
Letzten Sonntag war mal wieder so ein Tag, an dem ich leicht verkatert und menschenüberdrüssig partout nicht vor die Türe wollte. Das Problem war nur: Ich hatte wahnsinnig Lust auf die Reisnudeln im Charlie. Nicht, dass ich ein Problem mit alleine essen gehen hätte, aber das Charlie ist jetzt nicht unbedingt ein Laden, in dem man alleine sitzen möchte. Die Rettung: Zum Glück gibt es ja nun High-Class-Lieferservices wie Foodora und Deliveroo, die einem das liebste Restaurant-Gericht nach Hause bringen. Als ich schließlich meine heiß geliebten Reisnudeln im Warenkorb hatte und mit Versand 17 Euro bezahlte, musste ich allerdings doch kurz schlucken.
Fünf Euro Versand, obwohl das Charlie fünf Meter weg ist. Aber könnte man da überhaupt vorbeigehen und Essen mitnehmen, wenn man denn wollen würde? Da ich dort nie jemanden gesehen hatte, der ungeduldig in der Eingangstüre steht, mit seinem Sonntagspullover an und dem Zehner schon in der Hand, ging ich davon aus, dass nicht. Gut, also 17 Euro Reisnudeln – man gönnt sich ja sonst nichts.
Mir war aber nicht klar, dass Foodora nicht nur High-Class-Essen, sondern auch High-Class-Lieferanten hat.
Es dauerte auch gar nicht lange (fünf Meter Entfernung) bis mein Lieblingsgericht an der Türe klingelte. Ich öffnete also vorfreudig und gänzlich auf das Essen fokussiert. Wie es an solchen Zuhause-Tagen üblich ist, hatte ich die Haare halt irgendwie, meine Lieblings-Leggings an und war natürlich weit von Schminke entfernt. Das alles wäre auch gar kein Problem gewesen, wenn ein normaler Lieferant mein Essen gebracht hätte. Mir war aber nicht klar, dass Foodora nicht nur High-Class-Essen, sondern auch High-Class-Lieferanten hat.
Als mich der 1,90-Grübchen-Lieferant, nebenbei Model, oben angekommen dann mit seinem verschmitzten Grinsen fragte: "Mussten Sie lange warten?", wurde ich direkt rot. Und meine Irgendwie-Haare waren mir plötzlich mindestens so unangenehm wie die Löcher in meiner Leggings. Gerne hätte ich gesagt: "Normalerweise sehe ich fei ganz anders aus". Überfordert von der Situation schloss ich viel früher die Türe, als man das eigentlich so machen sollte.
Und, als wäre das nicht schon schlimm genug – die ersehnten Reisnudeln schmeckten irgendwie nicht. Mit dem Essen war alles in Ordnung, das war nicht das Problem, aber es fehlte eben das Charlie dazu. Die leckere Soße, die es dort gibt. Die kleinen Schalen, in denen das Essen serviert wird. Draußen sitzen und schauen, wer so zwischen Isar und Untergiesing herumirrt. Drinnen sitzen und schauen, wer so durch die Eingangstüre irrt. Dieser schöne Laden, in dem man einfach gerne ist und isst.
Plötzlich vermisste ich Essen bestellen, wie es früher war.
Statt Leute gucken, gab es bei mir Serien gucken. Statt leckerer Soße, den Versuch sie durch normale Sojasoße zu ersetzen (scheiterte!). Und statt schicker Bowls meine tiefen Ikea-Teller, in denen auch Charlie-Reisnudeln aussehen wie irgendein random Asia-Gericht. Kurzum: Es war nicht dasselbe. Und irgendwie ein bisschen traurig.
Plötzlich vermisste ich Essen bestellen, wie es früher war: Irgendeine Pizza, irgendeinen Burger in sich rein schaufeln, weil das nun mal bestelltes Essen ist. Weil es an solchen Tagen so sein und so schmecken darf. Und man selbst darf blöd aussehen und muss sich nichts dabei denken – weil alles zusammen passt: Low-Class-Outfit zu Low-Class-Essen zu Nichtmodel-Lieferanten. Ich merke jetzt: Ich finde es komisch, zuhause alleine Restaurantgerichte zu essen, die ich eigentlich mit bestimmten Menschen, Orten oder Momenten verbinde. Das nächste Mal werden es also wieder irgendwelche gebratenen Nudeln – die verbinde ich nämlich mit genau diesen leicht verkaterten und menschenüberdrüssigen Sonntagen im Bett.