Kleine, geile Firmen #2 – Die Starnberger Eiswerkstatt
Sommer und Eis gehört zusammen. Das Wetter lässt uns dieses Jahr leider ein bisschen im Stich, zum Glück aber nicht die kulinarisches Seite der Jahreszeit. Dafür sorgen seit diesem Jahr die Brüder Jan und Sven Thunig mit ihrer neu gegründeten Starnberger Eiswerkstatt.
Die Herstellung von Eis ist den beiden in die Wiege gelegt worden. Schon der Uropa hat mit einer damals neumodischen Maschine das Eis für die ganze Familie selbst hergestellt. Vor fünf Jahren haben die Geschwister im Keller angefangen mit der Herstellung von Eiscreme zu experimentieren.
Vom Hobby zum Beruf
Damals war es nur ein Hobby. Jan, der ältere Bruder, hat nach seinem Abschluss der Betriebswirtschaftslehre in der Unternehmensberatung gearbeitet. Spannende Projekte konnte er begleiten, trotzdem hat es den 36-Jährigen nicht ausgefüllt. Sein jüngerer Bruder studierte Lebensmittel- und Verpackungstechnik und als Svens Abschluss in Sicht war, haben die Brüder ihren Traum sich selbstständig zu machen in die Tat umgesetzt – mit einem Eiswagen und der Starnberger Eiswerkstatt.
Was ist denn das Besondere an eurem Eis?
Unser Eis stellen wir in Starnberg in der Backstube einer ehemaligen Konditorei her, die wir selbst umgebaut und renoviert haben. Fast 100 Quadratmeter Platz haben wir dort, viele Eisdielen haben hingegen nur 15 Quadratmeter für die Produktion zur Verfügung.
Und genau da liegt der Unterschied, denn über die Hälfte der Eisdielen stellen ihr Eis gar nicht selbst her. Für uns hingegen ist die Eisherstellung und die Auswahl der Rohstoffe am allerwichtigsten.
Welche Geschmacksrichtungen sind denn dann bei euch erhältlich?
Unsere Kunden lieben momentan vor allem die Sorten Birne-Minze, Cashew-Karamell, Kirsch-Banane und Schoko-Brownie. Aber auch vermeintlich langweiligere Sorten wie Madagaskar Vanille, dunkle Schokolade oder Erdbeere sind sehr beliebt. Vermutlich schmeckt man einfach, dass wir bei allen Eissorten besonderen Wert auf die Auswahl hochwertigster Rohstoffe legen.
So kaufen wir zum Beispiel frische Bergbauernmilch, obwohl wir dafür fast den doppelten Preis einer günstigen H-Milch bezahlen müssen. Auch verwenden wir reines sizilianisches Pistazienmark für unser Pistazieneis und hochwertige, dunkle Kuvertüre für unser Schokoladeneis. Auf künstliche Aromen und Farbstoffe verzichten wir hingegen vollständig. Wo immer möglich, geben wir regionalen Rohstoffen den Vorzug.
Bei der letzten USA-Reise durfte ein Abstecher in die Ben & Jerry's Fabrik nicht fehlen.
Unsere besondere Spezialität sind selbst entwickelte Eissorten mit Kuchenstückchen oder hausgemachten Saucen. Demnächst werden wir auch eine neue Eissorte mit fruchtigen Marshmallows anbieten. Und natürlich werden wir auch die Marshmallows selbst herstellen. Wir sind da konsequent. So konsequent, dass wir sogar sämtliche Industrie-Eiswaffeln aus unserem Angebot verbannt haben. Stattdessen bieten wir selbst gebackene Butter-Zimt-Eiswaffeln an!
Habt ihr euch das alles selbst beigebracht?
Mit der professionellen Eisherstellung beschäftigen wir uns nun seit mehr als fünf Jahren und haben im Laufe der Jahre diverse Kurse für die handwerkliche Eisherstellung besucht - zum Beispiel bei Uwe Koch, dem deutschen "Eispapst", aber auch bei Carpigiani, dem traditionellen Eismaschinenhersteller aus Italien. Und natürlich durfte bei Jans letzter USA-Reise auch ein Abstecher zur Ben & Jerry's Fabrik in Vermont nicht fehlen.
Wir wollen nicht dieses konstante Einheitseis.
Durch die Eiskurse haben wir viel über die Eisherstellung gelernt. Trotzdem wollten wir alles ein bisschen anders machen und unseren eigenen Weg gehen. Durch Besuche auf Eismessen und in vielen anderen Eisdielen wurde uns klar, was genau wir anders machen wollen. Wir hatten das Gefühl, dass die meisten Eisdielen geschmacklich leider nicht mit hausgemachtem Eis mithalten können. Das schmeckt einfach intensiver und vor allem fruchtiger.
Der Grund sind unserer Meinung nach die Convenience-Mischungen der Eisindustrie, mit denen heute viele Eisdielen arbeiten. Einfach schnell die Tüte mit der Fertigmischung öffnen, mit einer Geschmackspaste und Wasser oder Milch vermischen und ab damit in die Eismaschine. Das entstehende Eis ist schnell fertig und liegt in einer immer konstanten Beschaffenheit und Qualität vor. Aber genau dieses konstante Einheitseis wollten wir nicht haben.
Wie stellt ihr denn euer Eis her?
Wir haben lange zu Hause in unserem Keller experimentiert, bis wir unser individuelles Mischungsverhältnis zwischen den wichtigsten Grundzutaten wie Milch, Sahne oder Wasser, verschiedenen Zuckerarten und Früchten gefunden haben. Mittlerweile können wir eigentlich für jede Obst- und Gemüsesorte ein funktionierendes Eisrezept selbst berechnen und herstellen. Durch unser ausgetüfteltes Herstellungsverfahren wird unser Eis besonders cremig.
Für unsere Versuche setzen wir dabei eine kleine Profi-Eismaschine ein. Von unseren Experimenten profitieren dann regelmäßig unsere Nachbarn, Freunde und natürlich die Familie, die die neuen Sorten probieren und dann loben oder auch abwählen können. Wird eine Sorte von unseren Testessern für gut befunden, stellen wir diese in größeren Mengen her.
Wo kann man euer Eis kaufen?
Monatelang haben wir nach einem geeigneten Laden gesucht, der uns die Eisproduktion und Verkauf unter einem Dach ermöglichen sollte. Bis wir eher zufällig einen gebrauchten Eisanhänger im Internet entdeckt haben. Der Eisanhänger kann nun für größere Firmenveranstaltungen gebucht werden, außerdem fahren wir damit zu Streetfood-Märkten in ganz Bayern.
Noch dazu bieten wir zwei mobile Tischvitrinen mit zwei bzw. drei Eissorten an, die für Geburtstagsfeiern, Hochzeiten, Schul- und Kindergartenfeste nachgefragt werden. Und so ist das Eiscatering heute unser wichtigstes Standbein.
München legt gern selbst Hand an. Fast jede Woche gründet sich hier eine neue Firma, wird ein neues Label vorgestellt oder neues Produkt lanciert. Wir stellen euch die kleinen, geilen Firmen der Stadt vor. Die Bedingungen sind simpel. Klein müssen sie sein, das heißt weniger als zehn Mitarbeiter und natürlich: Geil.