Draußen wohnen: Eine Liebeserklärung an Laim
Ich wohne im ehemaligen Arbeiterviertel Laim. Etwas abgeschieden, aber doch noch mittendrin – ich fühle mich hier bestens aufgehoben, seitdem ich vor genau zwei Jahren vom Allgäu herzog. Und nicht nur mir geht es so. Das Institut für Soziologie der Ludwig-Maximilians-Universität München hat rausgefunden: Bei mir in Laim wohnen angeblich die glücklichsten Menschen der ganzen Stadt. Kein Wunder, denn das Viertel ist auch narrisch schee.
Stadt und Land zugleich
Laim ist von Natur umgeben – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Das Viertel ist eingerahmt von drei schönen Parks: dem Westpark, dem Hirschgarten und dem Nymphenburger Schlosspark. Damit hat man als Anwohner genügend Ausweichzonen, wenn es mal ruhiger zugehen soll.
Laim ist Stadt und Land zugleich – denn hier fühlt man sich der Stadt noch zugehörig, trotzdem kennt man sich „da draußen“ ziemlich gut. Der Bäcker ums Eck weiß genau, welches Getränk am Katertag besonders gut kommt und der Tankstellenverkäufer sperrt (ungelogen!) um vier Uhr morgens extra die Tür auf, damit man sich noch zwei Sandwichs als Stärkung mitnehmen kann. Hier kennt jeder noch jeden – was in einer Großstadt nicht besonders typisch ist.
In Laim gibt es außerdem zuckersüße, kleine, verwinkelte Straßen und Gassen. Die Häuser mit eigenen Gärten erinnern mit ihrer eigentümlich-winzigen Größe ein wenig an Wohnviertel in England.
Laim hat immer Parkplätze!
Und hier gibt's immer Parkplätze – ganz umsonst und überall. Das fällt mir vor allem dann immer auf, wenn ich meine Schwabinger Freunde mit dem Auto besuchen möchte. „Bin in 10 Minuten da“ schreibe ich jedes Mal, ein bisschen zu optimistisch – dann belehrt mich die Münchner Innenstadt wieder mal eines besseren.
Nach einer halben Stunde, die ich mit durchgezogenen Linien, viel zu kleinen Parkplätzen und Halteverboten gekämpft habe, habe ich endlich einen Parkplatz. Das kann in Laim nicht passieren – da kann ich gemütlich direkt vor der Haustüre parken und muss keinen Extrameter für meine viel zu voll gepackten Ikea-Taschen aus der Heimat auf mich nehmen.
Alle Wege führen in die Innenstadt
Oft beklagen sich meine Freunde, wenn sie mit den Öffentlichen zu mir kommen müssen. „Bis zu dir ist es eine halbe Weltreise“ oder „Du wohnst echt am Arsch der Welt“ wären hier nur einige Beispiele. Für mich ist das Meckern auf hohem Niveau. Schließlich wohne ich an der Grenze von Laim nach Hadern – die Haltestellen Holzapfelkreuth und Laimer Platz sind dabei ungefähr gleich weit entfernt.
Wenn ich also zum Sendlinger Tor muss, steige ich in Hadern ein. Wenn ich ins Lehel möchte, kann ich mit der U5 durchfahren. Und an Tagen, an denen ich mich einfach danach sehne, gemütlich mit Kopfhörern durch die Stadt chauffieren zu lassen, ist die Tram-Haltestelle Ammerseestraße genau richtig.
N19 – die heimliche Party-Tram
Oft stehe ich dann nach einem abendlichen Umtrunk, der sich doch ein bisschen länger zog als geplant, in der Innenstadt. Mit Blick auf die Uhr fällt mir auf, dass die letzte U-Bahn mal wieder ohne mich die Muffe gemacht hat. (Ja, ich gebe zu – der einzige Nachteil an Laim). Dafür gibt’s die besonders witzige Alternative: die Nachttram N19 Richtung Pasing. Egal, ob unter der Woche oder am Wochenende – sie ist immer voll.
Da kommt es schon mal vor, dass Leute noch ihre letzte Barhalbe für „to go“ mit in die Tram nehmen. Männer mit Weizengläsern reihen sich hier ein mit Betrunkenen, die entweder schlafen oder sich lachend an den Sicherungen festhalten, um nicht noch auf das knutschende Paar dahinter auf die Sitze zu plumpsen. In der „Partytram“ geht's definitiv immer witzig zu, weshalb ich gerne mit der N19 fahre.
Laimer mit Herz
Die zufälligsten und liebenswertesten Bekanntschaften habe ich außerdem in Laim gemacht. Durch gemeinsame Freunde lernt man ja bekanntlich viele neue Leute kennen. So war es auch bei mir, als ich hierher zog – und oft stellte sich dann bei einem Drink mit den noch Unbekannten heraus, dass auch er oder sie ums Eck in Laim wohnt.
Mittlerweile sind wir richtig gute Freunde, die füreinander da sind. So zum Beispiel, als ich mit den Mädels eine Panne auf der Autobahn hatte. Da war es genau diese Bekanntschaft, mehr noch – diese Freunde, die extra 40 Kilometer fuhren, nur um mir aus der Patsche zu helfen. Mei, die Laimer haben halt Herz.
Text: Nadine Miller
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