Monaco Franzi: Radlhaupstadt München – von wegen!
Unsere Kolumnistin Monaco Franzi lebt, liebt und leidet in Schwabing. Hier berichtet sie von den Irrungen und Wirrungen ihres (Liebes-)Lebens und erzählt, warum sie München meistens schätzt und manchmal hasst. Heute: Immer dieses Gschiess mit dem Radlfahren.
Radlfahren und München, das passt zusammen wie Sex und Strand: Theoretisch eine gute Idee, in Wirklichkeit aber gar nicht mal so geil. Dabei könnte alles so schön sein – München hat die ideale Größe, um easy mit dem Fahrrad überall hinzukommen und es gibt nichts Schöneres, als in der Früh durch den Englischen Garten zu radeln, wenn noch Nebelfelder über dem Gras liegen. Aber: Dem passionierten Radl-Enthusiast wie mir, wirft München fast schon böswillig Steine in den Weg. Es wird Zeit für eine Abrechnung mit der Radlhauptstadt München.
Hürde Nummer 1: Münchner Radlwege
Also, wenn es sie denn überhaupt gibt. Neulich wollte ich von der LMU zum Stachus fahren, es folgen zehn Minuten voll Herzklopfen und Todesangst. Bis zum Odeonsplatz muss ich nur ein paar verwirrten Touris ausweichen, die orientierungslos und auf ihre Handys starrend herumstolpern. Aber ab der Brienner Straße steigt der Puls dann gewaltig an. Aus unerfindlichen Gründen hört der Radlweg nämlich hier einfach auf. Todesmutig steuere ich meinen Drahtesel auf die Hauptstraße. An der ersten Ampel bin ich dann eingepfercht zwischen einem 911 Porsche links und einem Zehntonner rechts. Ich schicke ein Stoßgebet gen Himmel, dass der Brummifahrer mich beim Abbiegen sieht und ich nicht doch noch das Gleichgewicht verliere und auf die Motorhaube des Porsches falle. Die Ampel springt von Rot auf Orange.
Ab der Brienner Straße hört der Radlweg nämlich aus unerfindlichen Gründen einfach auf.
Ich werfe einen nervösen Blick nach rechts oben zum Brummifahrer. Geil, er ist am Handy. Nervöser Blick nach links – die Dame im Porsche hat die Sonnenblende runtergeklappt und zieht ihre Lippen nach. Es wird grün. Ich gebe Gas, presche nach vorne, den linken Arm weit zur Seite gestreckt – allgemein als „Achtung, ich würde jetzt gerne abbiegen“ zu verstehen. In München anscheinend nicht. Die Dame im Porsche hupt aggressiv, weil ich eine Zehntelsekunde in ihrem Weg bin und nur mit einem schnellen Schlenker entkomme ich dem Vorderrad des Zehntonners. Ja! Ich habe es geschafft! Ich habe den nächsten Radwegabschnitt erreicht – lebend! Ich reiße die Arme in die Luft wie ein Tour de France Gewinner und erwarte rechts und links Applaus. Der bleibt aus, dafür wirft mir der Brummifahrer eine Kusshand zu. Wähhh.
Hürde Nummer 2: Die anderen Radlfahrer
Jeden Tag auf den Weg in die Stadt, treffe ich diesen Typ Radler an der Ampel. Ich nenne ihn den Profi-in-die-Arbeit-Rennfahrer: Trikot, rechtes Hosenbein hochgekrempelt, Pulsuhr am Handgelenk und an jeder Ampel der Griff zur Wasserflasche. Zur Arbeit sind es schließlich fünf Kilometer, da ist mit dem Wasserhaushalt nicht zu spaßen. Den Blick auf die rote Ampel gepinnt, simuliert der Pseudoradprofi bei Grün einen Massenstart.
Für einen abfälligen Blick auf mein verrostetes Zweirad ist aber eine Zehntelsekunde Zeit. Das einzig Blöde, das dem Pseudo-Profiradler die Tour versaut, ist Münchens Ampelschaltung. Egal, wie schnell du bist, der Typ ist schneller. An jeder Ampel treffe ich den Radprofi also wieder, manchmal zwinkere ich ihm verschmitzt zu, manchmal kann ich mir aber auch ein Lachen nicht verkneifen. Dann nämlich, wenn der Profiradler an der Ampel nicht aus der Pedale seines Rennrads kommt und einfach umkippt. Upsi.
Hürde Nummer 3: Die Münchner Polizei
Sind wir ehrlich, jeder von uns fährt über Rot, wenn rechts und links kein Auto zu sehen ist. Warum auch nicht. Wenn ich bei jeder roten Ampel an der Schellingstraße oder der Leopoldstraße stehen bleiben würde, könnte ich auch gleich zu Fuß gehen. In 60 Prozent der Fälle wird diese schlüssige Argumentation aber bitter bestraft. Auf jeden Münchner kommen in der Radlhauptstadt nämlich gefühlt zwei bis drei Polizisten, die wie Jackie Chan plötzlich hinter Litfaßsäulen und Gebüschen hervorspringen und mit einem lauten „Halt Stopp!“ die Sonntagsfahrt vermiesen.
Wenn ich bei jeder roten Ampel an der Schellingstraße oder der Leopoldstraße stehen bleiben würde, könnte ich auch gleich zu Fuß gehen.
Das Verhör, das folgt, läuft bei mir irgendwie immer gleich ab: „Ja mei, junge Dame, was hamma denn falsch gemacht?“ Da ich sehr empfindlich auf die Formulierung „junge Dame“ reagiere und ein gewisses Autoritätsproblem habe, enden diese Verhöre oft mit „Des werd teia, junge Dame, ganz schee teia. Grod dos des ned Beamdnbeleidigung is!“ Ich will wirklich nicht ausrechnen, mit wie viel Geld ich den Münchner Polizeistab finanziere.
Radlhauptstadt München – des macht dann 120 Euro und einen Punkt in Flensburg. Autsch!