Das München-ABC: E wie Englischer Garten
München ist wahnsinnig schön – und manchmal auch ein bisschen langweilig, spießig und streng. Zu sauber und zu geregelt. Wenn dir auch jedes Mal auf der Isar-Brücke die Knie weich werden und dich aber nichts mehr aufregt als unsere Öffnungszeiten, Tanzverbote und Mutlosigkeit, dann bist du hier genau richtig. In unserem ABC schreiben wir auf, was wir an dieser Stadt unendlich gut, aber auch ziemlich beschissen finden. Diesmal: Der schön-schreckliche Englische Garten.
Mit dem Englischen Garten haben wir wirklich großes Glück. Der Park ist nicht nur wahnsinnig natürlich, riesig groß und sehr sauber – er hält auch ein paar der wichtigsten Sehenswürdigkeiten Münchens zusammen: den Biergarten am Chinesischen Turm, den Ausblick vom Monopteros, die Eisbachwelle. Aber warum denkt eigentlich jeder, dass der Englische Garten hinter dem Seehaus aufhört, nur weil da keine Attraktion mehr wartet? Die Münchner verhalten sich fast so, als würde man nach dem Ring mit dem Radl von der Weltkarte fallen. Dabei fängt der Park doch hier erst so richtig an. Und wird auch erst wirklich schön.
Denn das ist etwas, was sich mir nie eröffnen wird: Warum zum Teufel möchte man an einem 31-Grad-Samstag am Eisbach liegen – zwei Zentimeter vom nächsten Pferdeschwanz-Schwabing-Mädchen und dem coolen Surfer-Typen entfernt? Wer kann sich an einem heißen Sommertag zwischen Uni, Monopteros und Milliarden Menschen in irgendeiner Weise entspannen? Ich auf jeden Fall nicht. Der Englische Garten ist hier die Stabi und das Schumann's unter den Parks. Alles, was zählt ist: sehen und gesehen werden.
So schwimmt man dann einfach mit dem Strom – den Eisbach entlang.
Wer da nicht eine gewisse Portion Ironie mitbringt oder mitsamt seiner Ironie gleich daheim bleibt, geht schnell mal unter – zwischen all den Hollandrädern in Pastellfarben, Accessoire-Hündchen, verspiegelten Sonnenbrillen, Instagram-Joggerinnen und Surfbrettern unter durchtrainierten Armen. Wer sind all diese profillosen Maxvorstadt-E-Garten-Fans? Menschen, die nie herausgefunden haben, wer sie eigentlich sind und was sie sich von ihrer Freizeit erwarten? Und so schwimmt man dann einfach mit dem Strom – den Eisbach entlang.
Die einzige Subkultur, die der Englische Garten zu bieten hat, sind die Trommler, die elf Stunden am Tag für den Weltfrieden trommeln. Ansonsten tanzt hier wirklich niemand aus der Reihe – im wahrsten Sinne. Da hilft bei mir leider auch kein Ausblick vom Monopteros, um über die ausgewogene Mischung aus Touristen und langweiligen Münchnern hinwegzusehen, die denken, der Parkabschnitt an der Uni sei der Nabel der Welt – und wahrscheinlich gar nicht wissen, dass der Englische Garten noch viel weitergeht.
Die einzige Subkultur im Englischen Garten sind die Trommler.
Der Nordteil ist nämlich im Gegensatz zur Uni-Höhe ein echtes Paradies. Hier trifft man Menschen mit richtigen Hunden auf nicht-pastellfarbenen Rädern, die den ganzen Tag die Ruhe genießen und ein Buch lesen. Denen nichts ferner scheint, als sehen und gesehen werden. Der nördlichen Teil hält, ähnlich wie die Isarauen, Lichtungen und Plätze bereit, die man sich nicht nicht einmal erträumt hätte – und die zudem absolut leer sind.
Mei, was freue ich mich auf den Winter. Man kann endlich wieder an der Uni aussteigen ohne von pastellfarbenen Rädern überfahren zu werden, hat auf der Wiese vorm Monopteros tatsächlich Empfang, weil das Handy nicht denkt, man sei gerade auf einem Festival. Man kann warm eingepackt durch unseren wunderschönen Park laufen, im Fräulein Grüneis einen Kakao trinken – und vor allem die Ruhe genießen. Ganz ohne all die E-Gartler, die die Schönheit im Winter gar nicht erkennen und bei der Kälte lieber im Schumann's sitzen.