Warum nichts schöner ist als eine Sommerromanze
Der Winter hat absolut seinen Charme, was Dates betrifft. Wenn man stundenlang knutschend im Café sitzen kann, eingemummelt in Schals. Händchenhaltend an der Isar spazieren geht, damit es zumindest ein bisschen wärmer wird. Wenn man ganz gerechtfertigt den ganzen Tag zusammen im Bett bleiben kann. Wird heute sowieso nicht mehr hell.
Aber über eine Sommerromanze geht nun einmal nichts. Es ist fast so, als wäre der Sommer genau dafür gemacht: Für kalten Wein an der Isar und luftige Kleider auf Dates. Für endlose Draußen-Nächte und Küsse um vier Uhr morgens – ganz ohne Jacke. Für mit offenem Fenster einschlafen und am nächsten Morgen ganz verschlafen zum See fahren.
Wenn Rilke von seinem Herbsttag noch eine Sommer-Edition geschrieben hätte, dann müsste es in dieser wohl heißen "Wer jetzt noch keine Sommerromanze hat, sollte sich schleunigst eine suchen." Denn zu keiner anderen Zeit im Jahr ist es schöner, nicht alleine ins Bett zu gehen, zusammen aufzuwachen, das liebste Kleid überzustreifen – und schon radelt man ganz anders zur Arbeit.
Der Sommer ist fallen lassen. Man schaut nicht auf die Uhr und schon gar nicht auf den Weg.
Alles ist irgendwie leichter. Dafür ist der Sommer ja bekannt. Und diese Leichtigkeit scheint sich auch über alles andere zu legen: Übers Kennenlernen, über den schirmlosen Heimweg bei plötzlichem Sommergewitter, über Küsse in dunklen Hauseingängen. Wie schnell sich zwei Hände finden und ein Mund den anderen. Der Sommer ist fallen lassen. Man schaut nicht auf die Uhr und schon gar nicht auf den Weg.
Und mit dieser Leichtigkeit im Rücken fängt auch alles an. Es braucht nur diese eine warme Nacht, in der es längst hell ist und die Vögel zwitschern, wenn man zu zweit mit dem Fahrrad nach Hause fährt. Diesen einen Blick unter noch nassen Sommerhaaren, diese eine Berührung auf noch warmer Haut. Und vor allem: Diesen einen Song, der immer wieder an all das erinnert.
Knutschen, als wäre es das erste Mal. Tanzen, als wäre es das letzte Mal.
Das Schönste an einer Sommerromanze ist allerdings, dass man sich mit ihr – ganz egal, wie alt man ist – wieder wie 19 fühlen kann. Wenn man zusammen vor dem Club sitzt, sich Kopfhörer teilt und knutscht, als wäre es das erste Mal. Wenn man zuhause die Musik noch einmal aufdreht, Wein auf dem Boden trinkt und tanzt, als wäre es das letzte Mal.
Und manche dieser schönen, kleinen Episoden nehmen wir mit. Bis es Herbst wird. Sie überstehen den Sommer und manchmal noch viele weitere. Andere verglühen wie kleine Glühwürmchen am Gärtnerplatz. So oder so weiß man aber: Ich würde heute alles wieder genauso machen.