Viktualienmarkt Behind The Scenes #1: Die Kaffeerösterei von Christian Müller

© Julia Heinz

Ob eine schnelle Brotzeit in der Mittagspause, ein Feierabend Helles im Biergarten oder gleich der gesamte Wocheneinkauf – auf dem Viktualienmarkt geht alles. Wobei das lateinische Wort (victualis) für Lebensmittel eine Untertreibung ist, denn der ursprüngliche Bauernmarkt hat sich längst bis über die Stadtgrenzen hinaus zum Feinschmeckermarkt gemausert. Von A wie Austern bis Z wie Zwiebelwurst gibt es hier auf 22.000 Quadratmetern nämlich (fast) alles zu kaufen.

Wem bei dem Gedanken an Markt die obligatorische Omi mit Kopftuch in den Sinn kommt, dem sei gesagt: Hier darf's gern a bissal mehr sein. Wie cool die Jungs und Mädels hinter dem Tresen sind, wie ein gewöhnlicher Arbeitstag auf dem Markt ausschaut und was sonst noch so geht – wir schauen hinter die Kulissen und stellen euch vier Stände auf dem Viktualienmarkt vor.

#1 Die Kaffeerösterei am Viktualienmarkt

„Einfach guten Kaffee“ – hat sich Christian Müller zum Konzept gemacht. Guter Kaffee ist aber weder einfach zu machen noch einfach zu finden. Obwohl München als nördlichste Stadt Italiens gilt, haben sich die Münchner Ende der Neunzigerjahre schwer getan mit der Kaffeekultur. Christian reist(e) oft nach Italien und war ebenso begeistert und fasziniert von dem guten Cappuccino und dem Dolce Vita. „In München bist halt in die Eisdiele gegangen, wennst an guadn Cappuccino hast trinken wollen. Im Restaurant gab's den Cappuccino oft mit Sahne“, erzählt er mir kopfschüttelnd.

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Eine Tatsache, die er nicht akzeptieren konnte und mit dem Kauf der ersten eigenen Espressomaschine Zuhause selbst ein bisschen herumexperimentierte. Welche Bohnen, Röstung und wie viel Bar erzeugen die perfekte Crema? Die Freunde waren begeistert von dem guten Kaffee und Christian von der Idee ein bisschen was von dem italienischen Lebensgefühl nach München zu bringen. Gesagt getan. Auto verkauft und eigenes Standl eröffnet. „Ich hab das damals einfach gemacht. Ohne groß drüber nachzudenken“.

Es war der dritte Laden in ganz München, der sich dem reinen Kaffeeverkauf verschrieben hat. „Das war nicht einfach. Die Lage war eher suboptimal und die Münchner konnten mit der richtigen Kaffeekultur irgendwie nix anfangen. Für Kaffeestände gab es keinen Begriff beim KVR und eine Genehmigung zu bekommen war nicht leicht“, erzählt mir Christian. „Wenn ich da am Samstag hundert Kaffees verkauft habe, kamen Glücksgefühle in mir auf“. Die Zeiten haben sich geändert, seit Barista und Latte Art etablierte Begriffe sind, verkauft Christan die in einer Stunde. Mindestens.

Ich hab das damals einfach gemacht. Ohne groß drüber nachzudenken.

„Kaffee bekommt man mittlerweile an jeder Ecke – da einen richtig guten zu finden ist schwer“. Da stimme ich ihm zu. Ausgewogen, fein abgestimmte Aromen, ein perfektes Verhältnis von Milch und Kaffee. Eine Kunst für sich. „Ein Kaffee läuft bei uns 25 bis 30 Sekunden durch die Maschine. Alles drunter oder drüber geht bei uns nicht über die Theke. So garantieren wir, dass unsere Kaffee immer perfekt ist“, erklärt mir Christian stolz.

Die Bohnen für seinen Kaffee röstet er übrigens selbst. In Giasing, eh klar! Arabica und Robusta-Bohnen, bevorzugt von kleinen Anbaubetrieben, kommen in seinem traditionellen Trommelröster zum Einsatz. Auch sonst setzt Christian auf Nachhaltigkeit: Öko-Strom aus München, beste Bio-Milch aus Berchtesgaden (immer 3,5 Prozent Fett), die Becher für den Kaffeegenuss zum Mitnehmen sind aus Maisstärke und zu 100 Prozent recycelbar.

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Lange hat sich Christian ja gegen die To-Go-Variante gewehrt, nicht nur aus Umweltaspekten, wie er mir verrät, sondern auch, weil man einen guten Kaffee genießen sollte. Und dazu gehört nun mal Zeit, wenn auch nur ein paar Minuten. Und: Etwas Süßes. Ein wunderbarer Gaumenkitzel zum Cappuccino sind die handgefertigten Florentiner eines befreundeten Konditors. Die waren, nicht nur aufgrund der untypischen Form ein absoluter Durchbruch für Christians Stand, sondern schlicht und ergreifend auch einfach deshalb, weil die unfassbar lecker sind und das Dolce-Vita-Gefühl perfekt machen. 75 Prozent seiner Kunden sind übrigens Stammkunden. Ich bin jetzt eine davon.

Tipp: Die selbstgerösteten Bohnen kann man auch für Zuhause kaufen. Zum Beispiel: Die schöne Münchnerin.

Kaffeerösterei Viktualienmarkt | Viktualienmarkt, Abteilung III/Stand 3/26, 80331 München  | Montag – Samstag: 08.00–18.00 Uhr | Mehr Info

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