Sobald es kalt wird, sehen alle Münchner gleich aus

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Zugegeben, der Winter lässt wenig modischen Spielraum. Das fällt einem immer spätestens dann auf, wenn wie jetzt die ersten Schneeflocken fallen und es so kalt ist, dass man sich zwei Mal überlegt, für wen oder was man das Haus verlässt. Plötzlich braucht es wieder Longsleeves unter Pullovern, Jacken können längst nicht mehr lässig-offen getragen werden und die sockenlose Zeit scheint so weit entfernt, dass man ihr nur noch melancholisch hinterher winken kann.

Im Winter geht es ab einem bestimmten Punkt nur noch um eines: Möglichst warm und gemütlich angezogen zu sein. Mäntel werden nicht mehr gekauft, weil sie schön sind, sondern vor allem, weil sie möglichst viel vom Körper bedecken. Man investiert in Kaschmirsocken, Mohairpullis und Lammfell-Handschuhe. Am liebsten würde man eigentlich nur noch Ski-Unterwäsche und Fleece-Strumpfhosen tragen. Warm geht eindeutig vor schick.

Modischer Individualismus bekommt eine ganz neue Bedeutung, wenn man die Wahl zwischen Moncler, Woolrich und Canada Goose hat.

"Pah", denkt sich da der Münchner, "warm und schick geht doch dank meiner neuen Ugg-Boots und Woolrich-Jacke ganz hervorragend zusammen". Und das führt dann dazu, dass die ganze Stadt, sobald es einmal weniger als zehn Grad hat, in einer Uniform aus den wahrscheinlich hässlichsten Schuhen, die Menschen je designt haben und dem obligatorischen Gänsedaunen-Parka herumläuft, der auch bei minus 40 Grad noch warm halten soll. Braucht man dringend in einer Stadt wie München.

Modischer Individualismus bekommt eine ganz neue Bedeutung, wenn man die Wahl zwischen Moncler, Woolrich und Canada Goose hat. Wenn die Schuhe Uggs, Moon Boots oder von Inuikii sein dürfen. Bei Regen kann dann auch mal zu gefütterten Hunter-Gummistiefeln geswitcht werden, da sind der Fantasie beinahe keine Grenzen gesetzt. Und wer ganz ausgefallen unterwegs ist, ergänzt sein Outfit – Leben am Limit in Monaco di Bavaria – noch mit einer Strickmütze mit frechem Pelzbommel.

Leben am Limit in Monaco di Bavaria: Die Strickmütze mit frechem Pelzbommel.

Das ist allerdings die letzte Sache, für die man Verständnis haben sollte. Wenn Menschen schon Pelz tragen müssen, dann doch bitte an Stellen, an denen er auch seine wärmende Wirkung entfalten kann – und nicht an Mützenbommeln und Kapuzenrändern. Das Lustige: Eben jene Schwabing-Pelzmützen-Mädchen trifft man dann am Sonntag beim veganen Brunch. Hallo, Parallelwelt.

Doch genauso stehengeblieben, wie München mit Daunen und Pelzen daher kommt, ebenso stehengeblieben ist die modische Entwicklung der Hauptstadt mit Nerz im Allgemeinen. Seit zehn Jahren und länger sehen die Menschen hier in der kalten Jahreszeit gleich aus. Da lohnt sich wenigstens das Investment in einen 800-Euro-Parka. Und so kann man sich zumindest bei einem sicher sein: Ugg-Boots und Woolrich-Jacken bleiben – in diesem und allen kommenden Wintern.

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