Wo die Brauer ihr Handwerk lernen: Ein Besuch in der Bierakademie

München und sein wunderschönes Umland besticht ja durch vieles: Seen, Berge, Schlösser – alles nur einen Katzensprung entfernt. Hinzu kommt eine hohe Dichte an Brauereien, die sich in und um München herum verteilen. Bayern und das Bier, München und das Bier – sehr klischeehaft? Mag sein, aber manche Klischees sind doch auch irgendwie schön. Es ist also nicht sehr verwunderlich ausgerechnet in dieser Umgebung eine Akademie zu finden, an der man die hohe Kunst des Bierbrauens studieren kann: Die Doemens Bierakademie in Gräfelfing.

Du lernst hier nicht nur das Brautechnologische, sondern du lernst auch das Drumherum. Das Bierbrauen besteht ja nicht nur aus Hopfen, Malz und Wasser.

Vor mehr als 120 Jahren legte Albert Doemens in München den Grundstein zu dieser Akademie. Der Apotheker entdeckte im Laufe seines Lebens die Liebe zum Bier und entschloss sich dazu eine Brauerschule zu gründen. Die Doemens Akademie hat durch die beiden Weltkriege schon eine bewegte Geschichte hinter sich: Das Gebäude der Schule wurde vollständig zerstört, sodass sie vom Stadtkern nach Herrsching und wieder zurück zog.

Seit 1966 ist die Bierakademie nun im grünen Gräfelfing zu finden. Ganz unscheinbar liegt sie zwischen neu gebauten Eigenheimen und alten Bauernhöfen. Ihr guter Ruf eilt ihr allerdings weit über die Grenzen des Landes voraus. Menschen, die Bier lieben und wissen wollen, wie man es perfekt brauen kann, kommen aus Australien, den Staaten oder sogar Ghana, um hier zu lernen.

Bierakademie
© Simone Mauer
Bierakademie
© Simone Mauer

Von nicht ganz so weit her kam Sebastian vor eineinhalb Jahren. Der gebürtige Österreicher entdeckte schon in seiner Jugend die Leidenschaft für das Bierbrauen. Nach der Schule begann Sebastian eine dreijährige Lehre bei der Brauerei Starzinger in Oberösterreich, nahe seines Heimatortes Lungau. Nach dem zweiten Lehrjahr empfahl ihm sein damaliger Laborleiter die Doemens Akademie. Hier lässt er sich nun zum staatlich geprüften Brau- und Getränketechnologen ausbilden. Die Brauerakademie am südwestlichen Stadtrand von München zeichnet sich durch ein sehr familiäres Verhältnis aus.

Bier verbindet und Bierbrauer untereinander verstehen sich eben, halten auch über Jahre noch den Kontakt zueinander und waren schon vor Facebook und Co. extrem vernetzt. Gesellig sind sie also, die Menschen, die das Bier machen. Klar, Bier trinken in Gesellschaft macht auch mehr Spaß, als sich den Gerstensaft alleine zu Gemüte zu führen. Die Bierbrauer sind schon ein besonderer Schlag Mensch. Das sagen sie zumindest über sich selbst. Insiderwitze übers Bier, die sonst keiner versteht, ein ganz eigener Umgang miteinander und das Produkt Bier ist halt doch irgendwie immer präsent.

Bierakademie
© Simone Mauer
Bierakademie
© Simone Mauer

So wohl Sebastian sich auch bei Doemens fühlt, die Bierakademie hat im ersten halben Jahr seine ganze Brauerwelt erschüttert. Aufwendige Rohstoffkunde, arbeiten im Labor und Lernstoff, der weit über das bloße Bierbrauen hinausgeht, sind Inhalte der umfangreichen Ausbildung. Allerdings wird in der Brauerakademie immer mehr Wert aufs Verstehen als auf pures auswendig Lernen gelegt. Schließlich ist Bier auch ein Lebensgefühl und das lässt sich nicht stur pauken, das muss wachsen.

Einige Absolventen der Doemens Akademie gründen nach ihrer Ausbildung in Gräfelfing eine eigene Brauerei. Manche von ihnen nehmen ihr hier erlerntes Wissen mit in die Heimat und beglücken Menschen an fernen Orten mit wirklich gutem Bier. Nicht überall auf der Welt wird der Gerstensaft so geschätzt und gelebt wie in München. Das ist auch Sebastian aufgefallen.

Momentan betreibt Sebastian mit Freunden eine sogenannte Gipsy Brauerei: Eine eigene Brauerei, die andere Braustätten ihr Bier produzieren lässt.

Neben dem Thema Bier, fallen ihm aber auch andere Dinge auf. München ist nicht so wie er es erwartet hat: "Die Leute sind ja alle gar nicht so furchtbar arrogant und schickimicki, wie man zu hören bekommt. Da muss man eben mal hinter die Fassade schauen und die Münchner wissen definitiv, wie man es sich gut gehen lässt."

Neben den bereits erwähnten Vorurteilen hört man auch oftmals, dass alle Münchner mehr oder weniger gleich sind. Man weiß nicht genau woher sie kommen, aber solche Meinungen über die Bewohner der bayerischen Metropole halten sich recht hartnäckig. Mit ähnlichen Erwartungen angekommen, nimmt Sebastian die Stadt mittlerweile ganz anders wahr. München ist kein einziger, großer homogener Haufen mit zu viel Geld in den Taschen.

Bierakademie
© Simone Mauer

Momentan betreibt Sebastian mit Freunden eine sogenannte Gipsy Brauerei: Eine eigene Brauerei, die andere Braustätten ihr Bier produzieren lässt. In der Zukunft wollen er und seine Teilhaber eine traditionelle und kreative Produktrange des Mühlthaler Edelmärzens brauen lassen. Wenn es nach Sebastian ginge, käme da am besten jeden Monat eine neue Biersorte dazu, aber da muss er sich manchmal selbst in seinem Tatendrang bremsen. Noch fehlt den Österreichern das richtige Verständnis für Bier, meint er. Es wird Zeit das mit neuen, kreativen Biersorten und innovativen Brauereien zu ändern.

Wenn man die Brauerakademie einmal besucht hat und die Menschen dort erlebt, fühlt man: Die Braumeister lieben ihr Bier. Es ist eben Leidenschaft und Lebensgefühl, das ist eine Tatsache. Ein Klischee, das nicht ganz so wahr ist, hält sich allerdings hartnäckig über den Berufsstand der Bierbrauer. Dem entsprechen weder Sebastian, noch die meisten anderen Brauingenieure hier: Nur weil man Bier liebt und lebt, muss man nicht automatisch einen stolzen Bierbauch vor sich hertragen.

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