Das München-ABC: K wie Kaufingerstraße

München ist wahnsinnig schön – und manchmal auch ein bisschen langweilig, spießig und streng. Zu sauber und zu geregelt. Wenn dir auch jedes Mal auf der Isar-Brücke die Knie weich werden und dich aber nichts mehr aufregt als unsere Öffnungszeiten, Tanzverbote und Mutlosigkeit, dann bist du hier genau richtig. In unserem ABC schreiben wir auf, was wir an dieser Stadt unendlich gut, aber auch ziemlich beschissen finden. Diesmal: Die schreckliche Kaufingerstraße.

Meine beste Freundin ist nach England gezogen. Wenn sie hin und wieder in München vorbeischaut, fragt sie mich: "Und? Wo kann man gerade gut einkaufen? Was hat neu aufgemacht?" Leider muss ich jedes Mal passen – und sie dann doch wieder zu Kauf dich Glücklich und Cos schicken. Aber natürlich den in der Hohenzollernstraße! Denn, wer sich einmal zu Sale-Zeiten in der Marienplatz-Filiale verirrt hat, ist danach schwer traumatisiert. Und großer Fan von Online-Shopping.

So, wie eigentlich jeder, der auf die verrückte Idee kommt, an einem Samstag in Münchens Innenstadt, sprich der Kaufingerstraße, ein bisschen zu bummeln. Oder sagen wir eher, sich von Schaufenster zu Schaufenster schubsen zu lassen. Die Sache ist nur: Diese verrückte Idee ist für arbeitende Mensch leider die einzige, realistische Möglichkeit. Wer sich schon einmal nach Feierabend in die Stadt gezwungen hat, um dort innerhalb von einer Stunde die perfekte Jeans zu finden, weiß, wovon ich spreche.

Dafür, dass die Kaufingerstraße total voll ist, hat sie aber auch absolut nichts zu bieten.

Dafür, dass die Kaufingerstraße total voll ist, hat sie aber auch absolut nichts zu bieten. Zwischen dem dritten Mango und der fünften H&M-Filiale sind der Münchner Shoppingmeile die Ideen ausgegangen, so scheint es. Und, wenn ein Laden zumacht, dann kann man im Wettbüro auf Douglas setzen – damit gewinnt man eigentlich immer. So hat sich die Einkaufsstraße, die zwar schon immer eher langweilig und mainstreamig war, in den letzten Jahren zu einem Sammelsurium der drei immer gleichen Ketten gewandelt, die sich hier wahllos aneinanderreihen. Wer betrunken entlang spaziert, denkt alle paar Meter: "Häh, war ich hier nicht schon?"

Aber es ist dann halt doch diese Mischung aus Nostalgie, Naivität und Gewohnheit, die einen alle acht Wochen an den Marienplatz treibt. Zudem gibt's ja nun auch endlich einen Other Stories in der Sendlinger Straße. Auch, wenn der alles, was man dort gerne einmal offline probieren würde – nämlich Unterwäsche – natürlich nicht hat. Aber gut, man geht in die Stadt und hofft: Vielleicht entdecke ich ja doch mal etwas Neues. Vielleicht gibt es im Zara diese eine Jacke, die online schon ausverkauft ist. Vielleicht macht Offline-Shopping so viel Spaß, dass ich die Zeit komplett vergesse und superentspannt nach Hause komme.

Wo früher ein Forever 21 war, steht nun ein TK Maxx. Wow, was für eine Bereicherung.

Die Realität ist dann eher ernüchternd: Die Zara-Jacke, die online ausverkauft ist, wird es erst in drei Wochen in der Münchner Filiale geben. Die Kaufingerstraße und ihre Nachbarn sind dermaßen überlaufen, dass man statt Entspannung blanken Menschenhass mit nach Hause nimmt – und etwas Neues hat man garantiert auch nicht entdeckt. Außer, dass vielleicht dort, wo früher Forever 21 war, nun ein TK Maxx steht. Wow, was für eine Bereicherung.

Shoppen in München ist aber auch echt ein Dilemma, nicht nur in der Kaufingerstraße. Es ist wie in New York mit dem Essen – entweder bekommst du einen 1-Dollar-Pizza-Slice oder die 35-Dollar-Minivorspeise. In München spürt man diese Diskrepanz so deutlich, wie vielleicht in keiner anderen deutschen Großstadt. Entweder gibt es billige Plastikpullover made in Pakistan oder den handgemachten A Kind Of Guise-Rolli, der selbst im Sale eigentlich nicht bezahlbar ist. Es fehlt etwas dazwischen. Und solange empfehle ich eben noch Cos und Kauf dich Glücklich. Hilft ja nichts.

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