Früher war mehr Glitzer: Warum ich als Schwuler den Pink Christmas nicht mag

Wir vergnügten Redakteure kennen uns ja bekanntlich ganz gut aus in der Stadt und haben zu dem ein oder anderen Thema auch eine Meinung, aber ab und zu muss man auch mal über den Tellerrand schauen und sich fragen: "Was bewegt die Münchner?". In diesem Artikel kommt Gastautor Peter zu Wort. Er ist seit 50 Jahren Münchner, lebt seit 13 Jahren im Glockenbach und ist seit vielen Jahren in der Schwulen-Szene der Stadt unterwegs. Das weihnachtliche Aushängeschild der Szene – der Pink Christmas – taugt ihm aber leider so gar nicht mehr:

Es war einmal…. Ja so beginnen sie, die schönsten Märchen unserer Zeit. Auch der „Pink Christmas“ begann vor vielen, vielen Jahren ganz märchenhaft. Die quirlige schwule Szene dachte sich seinerzeit: Wir wollen unseren eigenen kleinen Weihnachtsmarkt. Fern ab vom traditionellen Adventstrubel und -gedudel und diesen hässlichen Christbaumschmuckanhängern.

Aber das Beste am „Pink“ waren vor allem die vielen Freunde, die man dort Abend für Abend treffen konnte ohne sich verabreden zu müssen.

Und so entstand er – der „Pink Christmas“ am kleinen Stephansberg im Glockenbachviertel. Der Treffpunkt für alle Schwulen, Lesben und deren beste Freunde während der sonst so öden Vorweihnachtszeit. Gemütlich war es. Leckerer Glühwein gepaart mit Showacts, DJ Musik im XMas-Style, ein paar Buden mit außergewöhnlichen Geschenkideen und über allem diese gewisse Prise Glitzerstaub.

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Herrlich! Aber das Beste am „Pink“ waren vor allem die vielen Freunde, die man dort Abend für Abend treffen konnte ohne sich verabreden zu müssen. Sie waren einfach da. Alle waren irgendwie da. Das war wirklich heimelig und ging solange gut, bis sich ein paar findige Redakteure dachten: Das ist doch ein Thema! Die Szene feiert auf ihrem eigenen Weihnachtsmarkt und hat sogar noch richtig Spaß dabei!

Beneidenswert! Kein langweiliges Rumgestehe sondern tanzen, lachen, flirten. Das muss man doch gleich mal als Tipp veröffentlichen. Am Besten als Geheim-Tipp! Gesagt – getan. Und schon wurde es von den geneigten Lesern gleich mal ausprobiert. Mal schauen, wie die so feiern. Und tatsächlich – Die haben eine echt tolle Stimmung. Das erzähl ich gleich mal weiter. Zu den trendsicheren Weihnachtsmarkt-Touristen gesellten sich alsbald noch die Horden von „besten Freundinnen“.

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Nun muss man wissen, dass früher auf einen Schwulen eine beste Freundin kam. Die konnte zwar von Abend zu Abend wechseln, aber es war eben nur eine. In den darauf folgenden Jahren konnte man beobachten, speziell bei den jüngeren unserer Gilde, dass daraus gerne mal zwei bis fünf beste Freundinnen wurden. Dagegen ist ja auch nichts einzuwenden – und ich möchte hier ausdrücklich unterstreichen, dass ich absolut kein Frauen-Hasser bin! Allein die Menge macht es halt aus.

Speziell bei den jüngeren Mädels ist die Koordination zwischen ihren halb-leeren „Big Bags“, und ihren vollen Glühweintassen noch nicht ganz ausgereift.

Darüber hinaus habe ich festgestellt, dass speziell bei den jüngeren Mädels die Koordination zwischen ihren halb-leeren „Big Bags“, ihren vollen Glühweintassen und den sonstigen anwesenden Besuchern noch nicht ganz ausgereift ist. So hatte ich nicht nur einmal eine volle Ladung klebrigen, heißen Glühwein über meinen Händen oder meiner Jacke. Und wenn ich Glück hatte, kam maximal ein leicht verlalltes: „Schulligen Sie“.

Nun. So nahmen die Dinge ihren Lauf. Noch mehr Redaktions-Tipps, dadurch noch mehr Touristen, die den „Geheim“-Tipp mal anschauen wollten, noch mehr noch viel viel bessere Freundinnen und als Steigerung des Ganzen:  Gelangweilte Mütter, die meinen, ihr XXL-Kinderwagen passe da doch auch noch lässig in die Menge. Eh klar!

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A post shared by Terry Seal (@terryeseal) on

Fazit: Der „Pink Christmas“ hat nach wie vor seine besondere Atmosphäre durch seine Kompaktheit und seine tolle Deko – keine Frage. Nur die Menschen, die den Charme ursprünglich mal ausgemacht haben, die sind halt jetzt weg. Mir bleibt die Erinnerung an Jahre, in denen wir fast täglich unseren Glühwein dort süffelten und uns die Shows angeschaut haben. Von den ehemals vielen Freunden trifft man heute nur noch wenige, weil sie dort schlichtweg keinen Platz mehr haben. Ich muss sagen: Schade!

Es bleibt zu hoffen, dass es bald einen neuen „Geheim“-Tipp gibt, der noch viiiieeel geheimer und hipper und stylischer ist (wie wäre es denn mit der feindlichen Übernahme des „Märchenbazars“?). Wenn es so weit ist, dann können wir wieder wie früher ganz gemütlich mit unserem Glühwein, unseren besten Freundinnen und toller Musik die Weihnachtszeit einläuten. Merry X-Mas!

von Peter Backmund

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