Zünftig essen und trinken in der Spezlwirtschaft Haidhausen
Da Spezl schließlich wissen, wo die Wirtschaft ist – und da das familienfreundliche Haidhausen ruhig noch ein bisserl Bumms vertragen kann, findet man neuerdings nahe des Pariser Platzes eine idyllische Dependance der so handfesten wie bodenständigen Spezlwirtschaft aus der Innenstadt. Und lange suchen muss man dabei auch nicht, denn schließlich kann man einfach seiner spezlschnupprigen Nase vertrauen und dem unverkennbaren Rahmfleckerl-Duft, welcher beide Läden umwabert, folgen.
Darüber hinaus besteht auch keinerlei Verwechslungsgefahr zu anderen Gasthäusern in Haidhausen, da die Kombination aus Wirtschaft und WiggleWiggle, Holztischen und Hip Hop, Schnitzel und Stiernackenkommando sowie Bier und Booze doch recht unique in München und so saftig wie süffig signifikant ist.
Wenn man vor der neuen Wirtschaft steht und sich auf einen magenfüllenden Abend freut, fallen einem ein paar Unterschiede zur Spezlwirtschaft in der Ledererstraße auf. Diese ist nämlich im alten, verwinkelten Zerwirk-Gemäuer beheimatet, stets proppenvoll und die perfekte Location für einen zuerst gemütlichen und später eskalierenden Abend – schließlich befindet sich die wummernde Wiege des Turn-Ups a.k.a. das Crux nur einen hippen Treppen-Hopper unterhalb des Restaurants.
In Haidhausen gibt es zwar kein Crux, aber dafür einen Sundowner-freundlichen Außenbereich, der sich bestens dafür eignet, die eigene Streetcredibility zu stärken. Auch die Räumlichkeiten sind, dank großer Fenster, hell, geräumig und (noch) nicht ganz so vollvoll wie das beim Innenstadt-Brudi der Fall ist.
Trotz dieser Terroir-bedingten Unterschiede zwischen den zwei Dependancen sind die Speisekarte sowie das gemütlich-lässige Interieur mit großen Holztischen, Wirtshausbankerl’n und schummriger Beleuchtung einander sehr ähnlich und auch die musikalische Untermalung des gepflegten Schmausens ist ebenfalls in beiden Läden gleich, nämlich Hip Hop und Black. Dieser deluxe Sound ist allerdings kein Zufall, denn die Spezl-Betreiber Marco, Thomas und Phillip putzen nicht nur in ihren Restaurants die Platte, sondern bewegen auch gekonnt die Plattenteller in ihrer zweiten Business-Destination, dem Crux.
Doch weg von Betreibern und Beats und zurück zu Speis, Trank und diversen kulinarischen Genüssen. Neben Wirtshaus-Goodies wie einem knusprigen, tellergroßen Wiener Schnitzel mit Erdäpfelkas, den hausgemachten Kaasspatzen oder dem Spezlklassiker, Rahmfleckerl – mit Rahm, Speck und Käse überbackenes Roggenbauernbrot –, kann man hier auch prima saisonal wechselndes Soulfood sowie etwas leichtere Köstlichkeiten schnabulieren.
Von frischem Spargel, über ein Tatar von der Wildfang-Garnele mit saftig-krustigem Bauernbrot, bis hin zu üppig garnierten Salatkreationen ist man bei den Spezln auch mit einem kleineren Hüngerchen bestens versorgt. Wer Fleisch liebt und kein Schnitzel mag, sollte sich unbedingt am zarten Tatar vom Hereford Rind versuchen, welches mit pikanter Dijonnaise angemacht und knusprigen hausgemachten Pommes sowie einem kleinem Salat serviert wird und definitiv runter geht wie Öl – oder eben feines Tatar.
Eine andere Möglichkeit die nötigen Proteine für die Nacht sowie den eigenen Stiernacken zu sammeln, sind verschiedene Steaks wie das butterzarte, gegrillte Entrecôte vom Milchkalb oder das bayrische Dry-Age Entrecôte. Alle, die hingegen ein lautes und lebendiges „Muh!“ bevorzugen, werden garantiert ein „Mh!“ über die Lippen bringen, wenn sie sich an den hausgemachten Spinatknödel mit Babyspinat und Parmesan oder dem veganen Kohlrabischnitzel die Messer wetzen. Wobei bemerkt sei, dass alle Gerichte – ob Fisch, Fleisch oder Grünzeug – aus frischen Zutaten und hausgemacht sind. Convenience Food kommt bei den Spezln nämlich definitiv nicht in den Topf und auf den Tisch.
Neben der zwar herzhaft-bodenständigen, aber zeitgemäß interpretierten und durchaus als sexy zu bezeichnenden Speisen, weist auch die Getränkekarte eine gewisse Diversität auf. Denn ebenso wie man hier, nicht nur fettigen Braten und Backhendl auf die Holztische und Teller bringt, muss der Gast auch nicht unbedingt und ausschließlich überschäumende Bierhumpen stemmen.
Auch, wenn die Bier-Auswahl gut ist – allen voran das Haake Beck Pils, welches Küchenchef Maximilian eigens und extra für seine Spezln und die Wirtschaft aus Bremen importiert –, gibt es auch geschmeidige Drinks und eine kleine, aber sehr feine Weinkarte mit fairen Preisen. Neben verschiedener, offener Weißweine wie einem mineralisch-frischen Riesling „Muschelkalk“ aus der Pfalz oder einem fein-duftigen, gelben Muskateller aus der Wachau, kann und sollte man hier gelegentlich zur Flasche greifen.
Denn ein solch beherzter Griff ist beispielsweise im Falle des Südtiroler Chardonnay „Sophie“ vom Weingut Manincor eine so füllende wie famose Angelegenheit. Hat man Sophie dann wahlweise selbst platt gemacht oder wurde von der so eleganten wie kräftigen Dame dezent geplättet, schmeckt als Ausgleich eine G&T-Variante mit selbstangesetztem Gurkenwasser ganz vorzüglich – ein Drink, der garantiert eine zellenregenerierende Wirkung hat und quasi unter die Anti-Aging Kosmetik fällt.
Wer weniger hautoberflächlich unterwegs ist und auf die Strahlkraft der inneren Werte setzt, greift hingegen zu gehaltvollen Klassikern wie einem perfekt ausbalancierten, bitter-süßen Negroni oder er fängt gleich mit dem Schnapseln an, denn schließlich ist das Leben eh kurz und Alkohol konserviert.
Wenn man sich dann mit diversen Erfrischungen und dem kräftigenden Essen in Stand gebracht hat, sollte man eventuell noch seinen Nebenmann auf Vordermann bringen und sich dann ganz entspannt vom Wirtshausbankerl erheben. Man könnte schließlich auch noch weiterziehen. Ins Crux zum Beispiel.
Oder aber man schlendert gut gesättigt noch ein wenig in Haidhausen über die Gehsteige, verdaut in Ruhe und lässt den Abend Revue passieren. Vermutlich freut man sich dann bereits auf einen nächsten Besuch hier, in der Spezlwirtschaft in Haidhausen, denn schließlich weiß man ja jetzt, wo die Wirtschaft ist.
Unbedingt probieren // Den Chardonnay „Sophie“ und das Tatar vom Hereford Rind oder das Wiener Schnitzel! Vorneweg einen Eins-A-Americano und die Rahmfleckerl zum Teilen mit den Spezln.
Vegetarisch // Spinatknödel mit Babyspinat, gerösteten Walnüssen und Parmesan, Veganes Kohlrabischnitzel mit Pommes, Hausgemachte Kasspatzen oder Salat mit Ziegenkäse.
Money // Kleine Gerichte ab 5,50 Euro und größere Speisen ab 11 Euro.
Geile Zeit // Abends für ein g’scheides Essen oder einfach auf ein Glaserl Wein beziehungsweise einen Drink an der Bar oder sommers auf der Terrasse.
Spezlwirtschaft Haidhausen | Pariser Straße 34, 81667 München | Montag – Sonntag: 17.00–01.00 Uhr | Mehr Infos
Wir wurden vom Restaurant eingeladen. Das beeinflusst aber nicht unsere ehrliche Meinung!