Viktualienmarkt Behind The Scenes #3: Beim Trübenecker

© Julia Heinz

Während ich mich allerhöchstens das zweite Mal in meinem warmen Bettchen umdrehe, ist Manuel schon seit einigen Stunden auf den Beinen. „Markisen nach oben ziehen, Kisten schleppen, das frische Obst und Gemüse in die Auslagen legen“. Ein bisschen was schnippeln für die frisch gepressten Säfte, die in spätestens zwei Stunden im Minutentakt durch den Entsafter gejagt werden.

Der Stand muss für den Tag vorbereitet werden, im Sommer fangen wir schon gegen 6 Uhr an, jetzt in der kalten Jahreszeit auch mal um 7 Uhr, erzählt mir Manuel, während er eine Handvoll Tomaten und vier Äpfel für eine Stammkundin in eine Papiertüte packt. Manuel ist einer der Söhne der Trübeneckers, die seit 1993 ihren Obst-und Gemüsestand am Viktualienmarkt betreiben.

Er ist quasi auf dem Markt groß geworden und wann immer es neben Schule und Studium Zeit gab, haben er und sein Bruder Oliver am elterlichen Stand mitgeholfen. „Wir sind hier wie eine große Familie, wir kennen uns alle untereinander – immerhin verbringen wir fast den ganzen Tag miteinander“.

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Oliver, der ältere der beiden Brüder hatte irgendwann den Wunsch etwas Eigenes zu machen. Die Leidenschaft für Bio-Produkte wurde ihm quasi in die Wiege gelegt und so war es eine logische Konsequenz aus den Herausforderungen eines stressigen Alltags eine Tugend zu machen und einen Online Lieferservice zu gründen.

Seit 2013 beliefert er zusammen mit Daniel Hallweger die Münchner auf Knopfdruck mit frischem Obst und Gemüse. Alles in gewohnter Bio Qualität – immerhin geht es hier um Familientradition. Ob Obstkörbe fürs Büro, Brainfood-Snacks oder die regionale Bauernkiste von Amade, einem Freund vom Billersberger-Hof in Moosinning. Ein tolles Konzept ist übrigens auch das Schulfruchtprogramm.

Wir sind hier wie eine große Familie, wir kennen uns alle untereinander – immerhin verbringen wir fast den ganzen Tag miteinander.

Während ich meinen frisch gepressten Saft schlürfe (eine Eigenkreation von Manuel), blitzt die Sonne zwischen den Ständen hindurch und verleiht diesem idyllischen Plätzchen im Inneren des Marktes eine ganz besondere Atmosphäre. Zur Mittagszeit tummeln sich hier Büromenschen, die hungrig ihre Pausenbrote essen, Mütter mit vollbepackten Kinderwägen, Touristen und die üblichen Viktualienmarkt-Stammgäste.

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„Seeeervus, griaß di“, ein Handschlag und lockeres „und, wie?“ – der Kollege vom Standl nebenan kommt vorbei, um sich nach der Lage zu erkundigen. Und auch einfach so, für einen kurzen Ratsch, wie ich später erfahre. In alter Tradition werden ein paar Tomaten gegen ein Fladenbrot getauscht, ein Saft gegen gefüllte Weinblätter. "Viktualienmarkt halt“.

Und ich beginne zu verstehen, was Manuel mit seiner Aussage „wir sind hier eine große Familie“ meint. Ich habe tatsächlich das Gefühl, dass die Zeit hier ein bisschen stehen bleibt – wenn auch nur für einen kurzen Moment – und die Welt irgendwie noch in Ordnung ist. Ich nehme mir einen knackigen Apfel als Wegproviant und verspreche wiederzukommen.

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