Flight of the Phoenix: Vom Stiglmaierplatz über Mauritius ins MUCA
Dieser Phoenix hat wirklich alles richtig gemacht: Er sieht nicht nur viel besser aus als sein mythisches Vorbild, sondern steigt auch an viel schöneren Orten zum Himmel auf. Nach München und Paris ist die dreiköpfige Künstlergemeinschaft super+ mit einem Team nach Mauritius geflogen, um hier der Installation, deren „Bedienung“ gleichzeitig eine Performance ist, Leben in Form einer Sauerstoff-Helium-Mischung einzuhauchen und Asche gegen Strand zu tauschen. Letztendlich muss aber auch das Kunstwerk, genau wie der griechische Vogel, seinen Lebenszyklus beenden – dies passiert nach fünf bis sechs Stunden. Das MUCA gibt euch immerhin fünf Tage, um die Reise des Phoenix, inklusive des schönen Höhenfluges, zu erleben. Eine tolle Ausstellung, die auch die Geschichte dreier Künstler und ihren Traum erzählt.
Rückblick auf 2012: Bildhauer Alexander Deubl, Maler Christian Muscheid und Produktdesigner und Innenarchitekt Konstantin Landuris gründen super+. Im Kollektiv zu arbeiten, sich durch andere Blickwinkel und Impulse weiterzuentwickeln und dabei Neues zu schaffen, ist das Ziel. Die drei Künstler unterstützen Projekte anderer Kreativer, aber arbeiten auch an ihren eigenen Visionen. 2015 ist es dann soweit: Countdown zum Abflug! Im Englischen Garten, in der Pinakothek der Moderne und später in Paris steigt der Phoenix, im Prinzip eine dünne Satellitenfolie, die an drei Seiten mit Seilen befestigt wird und bis zu 70 Metern in die Höhe ragen kann, auf.
Vom Löwenbräukeller an die Strände von Mauritius
Bevor es im Februar 2018 nach Mauritius ging, wurde im Löwenbräukeller am Stiglmaierplatz erneut Hand angelegt: Für die Verarbeitung von rund 2,6 Kilometer Klebeband an 150 Quadratmetern Folienfläche benötigt man schließlich eine größere Räumlichkeit. Das fertige Gebilde, das sich in der Luft anmutig wie flüssiges Quecksilber bewegt, wurde in Kisten verpackt und beim Zoll in seiner ursprünglichsten Form, einer Folienkugel, als Kunstobjekt deklariert. Und warum Mauritius? Kunst soll reisen, auch dorthin, wo die Szene noch nicht ganz so ausgeprägt ist – und dass es eine familiäre Bindung zum Inselstaat gab, hat die Entscheidung zudem begünstigt.
Seinen Namen hat der "Flight of the Phoenix" nicht nur aus der griechischen Mythologie, sondern auch aufgrund des Films "Flug des Phoenix" aus den 60er Jahren, der die Lage der Künstler ganz gut beschreibt: Ein anfänglich chaotisches Zusammensein mit dem Ziel, das Beste aus der Situation zu machen. Die Ausstellung ist aber alles andere als chaotisch. Ein 60-minütiger Dokumentarfilm begleitet das Projekt von Anfang bis zum Ende, die schönen Fotoaufnahmen von Alexa von Arnim dokumentieren es, Teile der Ausrüstung, die zur Umsetzung benötigt wurden, gibt es an einer Wand zu betrachten und das Hauptwerk, der Tanz selbst, läuft auf einer 15 Meter langen Leinwand in Dauerschleife.
Im Film werden zuerst Aufnahmen von Meer, Wolken und der Landschaft Mauritius gezeigt, Elemente, die sich auf der schimmernden Oberfläche des Phoenix widerspiegeln und damit auch den Ort, an dem das Objekt fliegt, zum wesentlichen Bestandteil der Installation machen. Als ob man dem Phoenix eine Bestätigung geben wollte, dass die Aschejahre wirklich passé sind und der Himmel auf Erden greifbar nahe ist, eröffnet sich von seiner Perspektive aus der Blick auf die Bilderbuchlandschaft Mauritius und speziell auf die Le Morne Halbinsel, auf der sich ein Resort befindet, welches das Paradies im Namen trägt: Paradis.
Doch wenn es am Schönsten ist … Kleine Risse, die zu Großen werden lassen den Traum zwar nicht platzen, aber den Phoenix ins Meer stürzen und vernichten ihn damit. Für das Kollektiv bedeutet das auf zu neuen Ufern. Vielleicht wird das nächste Objekt in Brasilien, in der Wüste, im Ewigen Eis aufsteigen – mit Sicherheit aber erst im Anschluss an eine Pause, denn nach dem Auf und Ab sind die Künstler erst einmal total fertig und müssen Kräfte sammeln, um wieder einen neuen Phoenix zum Leben zu erwecken.
FLIGHT OF THE PHOENIX | Museum of Urban and Contemporary Art | Hotterstraße 12, 80333 München | 06. bis 10. Juli 2018 | täglich 10.00–20.00 Uhr | Eintritt 7,50 Euro, 5 Euro ermäßigt | Mehr Info