Pulpo: Alte Fahrradschläuche werden zu Taschen und Accessoires

Pulpo – Das ist Upcycling in schönster Perfektion. Aus alten Fahrradschläuchen werden bei diesem Münchner Projekt nämlich Brillenetuis, Geldbeutel, Taschen mit bayerischem Charakter und vieles mehr genäht. Pulpo ist ein Gemeinschaftswerk mehrerer engagierter Menschen. Da wäre zum einen die Künstlerin Naomi Lawrence, die Münchner Obdachlosen-Zeitschrift BISS, die Dynamo Fahrradwerkstatt und das Netzwerk Geburt und Familie.

Eigentlich schade, dass wir für solche Juwelen keine eigene Kategorie haben. In München gibt es ja wahnsinnig viele tolle, gemeinnützige Projekte. Im Vergleich zu den meist eher jungen Gesichtern und Unternehmen, kann Pulpo schon fast als Senior bezeichnet werden. Und ist ein Paradebeispiel dafür, dass man auch im Stillen großartige Arbeit leisten kann.

Aber wer oder was steckt denn nun hinter Pulpo? An diesem Morgen steht mir zuerst Anette Eggart von der Dynamo Fahrradwerkstatt Rede und Antwort und gibt mir eine Führung durch die Räumlichkeiten am Ostbahnhof. Dynamo gibt es bereits seit 30 Jahren. Von Anfang an als sozialer Betrieb geführt, der benachteiligten und von Arbeitslosigkeit betroffenen Menschen eine Möglichkeit bietet, wieder zurück ins Berufsleben zu kommen, gibt es heute knapp 40 Arbeitsplätze, davon 31 sogenannte Qualifizierungsplätze.

Schaufenster statt Schornstein: Alte Fahrradschläuche wiederverwenden

Nicht nur die Menschen, sondern auch die Umwelt waren von Anfang an ein wichtiger Faktor bei Dynamo – Stichwort Recycling. Teil der Philosophie ist es, dass so viel wie möglich wieder verwertet wird. Was wirklich nicht mehr geht, wird fachgerecht entsorgt. Dabei fiel ziemlich schnell auf: Fast alles findet ein zweites Leben, aber immer übrig bleiben die Schläuche. Und zwar eine ganze Menge davon. Und die richtig zu entsorgen ist teuer und dazu noch nicht besonders umweltfreundlich, da sie verbrannt werden müssen.

Durch Zufälle und Kontakte kam an dieser Stelle die Künstlerin Naomi Lawrence ins Spiel. Mit ihren kreativen Ideen sorgte sie bald dafür, dass die Massen an Fahrradschläuchen statt im Schornstein im Schaufenster landeten. Das war Pulpo aber noch nicht (nachhaltig) genug. Warum nicht etwas draus machen, was wirklich noch einen Nutzen hat?

Das Material war vorhanden, die Entwürfe dank Naomi auch bald fertig. Jetzt fehlte nur noch jemand, der das Ganze Wirklichkeit werden lassen kann. Und hier kommt das Netzwerk Geburt und Familie ins Spiel. In der Werkstatt fertigen drei Damen in Vollzeit aus den gerollten Schläuchen die Upcycling-Produkte an: Etuis, Geldbeutel und Taschen.

Die BISS unterstützte mit Nähmaschinen und Arbeitsplätzen

Eine Nähwerkstatt gab es im Netzwerk Geburt und Familie schon lange. Dort wurde allerhand Nützliches und Schönes rund um die Familie genäht. Aus Stoffen. Aber alte Fahrradschläuche nähen? Das hatte hier noch keiner gemacht. Nach anfänglicher Unsicherheit und dank der Unterstützung von BISS standen aber bald drei Spezialnähmaschinen bereit, an denen nun schon seit 2013 die wachsende Anzahl an Produkten in Handarbeit gefertigt wird. Alles Unikate.

Ohne die Unterstützung von BISS hätte Pulpo es besonders am Anfang deutlich schwerer gehabt. Dank dieser Partnerschaft konnten aber nicht nur die nötigen Geräte, sondern mittels Jobpatenschaften auch fünf Arbeitsplätze geschaffen werden. Drei beim Netzwerk und zwei bei Dynamo.

In diesen Münchner Läden findest du die Produkte von Pulpo

Kaufen kann man die Produkte von Pulpo in zahlreichen Fahrradläden in ganz München, aber auch in der hübschen Bücherhandlung am Goetheplatz Buch & Bohne und im Karusa in Untergiesing. Auch auf dem Tollwood und anderen Festivals sind Sie dank umgebauter Rikscha vertreten. Und natürlich gibt’s auch einen Onlineshop – der von Microsoft programmiert wurde, im Tausch gegen ein paar speziell angefertigte Produkte. Guter alter Tauschhandel.

Namenspate war übrigens die Tintenschnecke, im Volksmund auch Krake genannt. In Form eines Sandsacks öffnet Pulpo nicht nur im übertragenen Sinne Türen. Das Projekt ist ein tolles Beispiel dafür, wie scheinbar Unbrauchbares einen neuen Sinn bekommt.