Kleine, geile Firmen #42 – Handgemachter Schmuck von MAY (LISA MARIE HOEHNE)
Huch! MAY hat ihren Namen gewechselt und heißt nun LISA MARIE HOEHNE. Auch einen kleinen, geilen Laden gibt es endlich in der Fraunhoferstraße. Mehr Infos dazu findet ihr hier.
Lisa ist ein schöner Beweis dafür, dass man seinem Traum nicht aus dem Weg gehen kann. Wenn man eine Leidenschaft hat, dann holt sie einen immer wieder ein. Denn eigentlich wusste Lisa schon immer, dass sie selbst Schmuck machen will, trotzdem hat es einige Umwege, viele Überlegungen und andere Erfahrungen gebraucht, bis zu ihrem eigenen Label MAY.
Der Shop ging gerade erst online – und jetzt arbeitet Lisa an drei Tagen die Woche an ihren eigenen Ringen, Ketten und Armreifen aus hochwertigsten Materialien. Die anderen vier Tage ist sie Zahntechnikerin. Wie das zusammenpasst, woher ihre Leidenschaft für Schmuck kommt und warum man nicht immer einen kerzengerade Weg gehen muss, hat sie uns im Interview erzählt.
Was bedeutet Schmuck für dich?
Lisa: Schmuck ist für mich ein Gefühl. Wenn ich meine Ketten, Ringe oder Armreifen mal nicht trage, dann fühle ich mich nicht komplett. Mein Schmuck gehört zu mir und erinnert mich an schöne Momente – zum Beispiel, wie ich früher bei meiner Oma im Schmuckkästchen gekramt habe oder wie ich im letzten Italien-Urlaub die hübschen, ungleichen Perlen für meine neuen Entwürfe gefunden habe. Deshalb ist es für mich eine Vollkatastrophe, Schmuck zu verlieren, weil auch immer eine Erinnerung dranhängt. Mir wurde einmal ein Armreif geklaut, ein Erbstück meiner Oma, an meinem Geburtstag – der Tag war gelaufen. Eigentlich kann ich mir ja alle Schmuckstücke nachmachen, aber das ist nicht dasselbe. Wer das begriffen hat, versteht den wahren Wert von Schmuck.
Bei MAY gibt es alle Basics, die man immer sucht, aber nie findet – und das in hochwertig und langlebig!
Was ist dir wichtig bei Schmuck – vor allem bei deinem eigenen?
Lisa: Es sollen zeitlose Klassiker-Stücke sein, nichts total Verrücktes. Sonst stimmt für mich nicht mehr das "sich was Tolles leisten, das man lange hat", weil man sich an sowas schneller satt sieht. Klar, meine Sachen sind natürlich schon modisch, aber vor allem sind sie zeitlos. Bei MAY gibt es alle Basics, die man immer sucht, aber nie findet – und das in hochwertig und langlebig! Teile, die man wirklich für immer tragen kann. Für mich ist auch wichtig, dass ich Schmuck nie abnehmen muss, deshalb arbeite ich auch nur mit 14 Karat Gelbgold, Weißgold und Silber. Ich habe nur ein vergoldetes Teil im Shop und das sind Creolen – die trägt man ja eher bei besonderen Anlässen und möchte daher auch nicht so viel Geld dafür ausgeben.
MAY zu gründen, war keine Entscheidung von heute auf morgen. Es hat lange gedauert, bis ich die Fähigkeiten hatte, das alles selbst zu machen.
Von der Zahntechnikerin zum eigenen Schmucklabel – wie kam es denn dazu?
Lisa: Da war ein langer Prozess von fünf oder sogar sechs Jahren. Ich wollte früher Goldschmiedin werden, aber meine Eltern waren dagegen, weil der Job finanziell so unsicher ist. Was Eltern halt so sagen. Ich war damals noch sehr jung und habe mich natürlich beeinflussen lassen. Mit 16 habe ich dann eine Friseurausbildung angefangen, das war gar nicht meins – ich hab sogar Allergien bekommen, weil mein Körper sich gesträubt hat. Nach der Ausbildung konnte ich dann nicht mehr in dem Beruf arbeiten, also wieder die Frage: Was tu' ich?
Ich wollte unbedingt was Handwerkliches machen, also habe ich zwei Praktika gemacht – eines beim Goldschmied, eines beim Zahntechniker. Leider war ich bei einem sehr unglücklichen Schmied, der mir vermittelt hat: "Komm, lern' was Gscheids!" Der Zahntechniker war happy, also habe ich danach die Ausbildung angefangen. Aber ich habe trotzdem immer wieder dran gedacht. MAY zu gründen, war keine Entscheidung von heute auf morgen. Es hat lange gedauert, bis ich die Fähigkeiten hatte, das alles selbst zu machen.
Schmuck herstellen oder Zähne – gibt es da Ähnlichkeiten?
Lisa: In der Ausbildung lernt man, wie man Gold gießt, Metalle verarbeitet. Es ist ein sehr ähnlicher Beruf, man stellt nur was anderes her. Nach der Arbeit habe ich mir dann immer selbst Schmuck gemacht – und irgendwann auch meinen Freunden und Bekannten. Dabei habe ich noch mehr gemerkt, wie sehr ich das will. Ich bin heute total froh über die Ausbildung. Ich glaube, wenn ich den anderen Weg gegangen wäre und eine Goldschmiede-Ausbildung gemacht hätte, wäre es nicht so leicht gewesen, meinen eigenen Stil zu finden und vor allem die Motivation zu haben, mich abends noch mal an meinen eigenen Schmuck zu setzen.
Aus finanziellen Gründen habe ich meine Website komplett selbst gebaut, das hat mich viel Geduld gekostet.
Wo fängt man an, wenn man selbst Schmuck machen will?
Lisa: Die Materialien bekommt man dann ganz einfach im Goldschmiedebedarf. Besondere Sachen bei Perlenhändlern, auf Messen oder auf Reisen. Alles Technische kann ich natürlich aus der Ausbildung, aber ich mache zudem nebenbei noch einen Goldschmiede-VHS-Kurs – da gibt es ganz verschiedene für Anfänger, aber auch für Fortgeschrittene. Das ist wie eine offene Werkstatt und ich kann dort ein Mal in der Woche einfach frei an meinen Stücken arbeiten. Man hat dort alle Werkzeuge und viel Platz. Mein Kurs geht ein halbes Jahr, es gibt aber auch kürzere für ein Wochenende oder zwei Monate.
Von Geschenken für Freunden bis zum eigenen Label – wie kommt sowas?
Lisa: Es ging Jahre, dass ich Schmuck für Freunde gemacht habe und es wurde mit der Zeit immer mehr. Es kam immer öfter die Frage, was ich eigentlich sonst noch so mache und ob ich einen Onlineshop habe. Ich hatte ja keine Sachen auf Lager, weil die Materialkosten bei Schmuck recht hoch sind – und ich arbeite ja nur mit echtem Gold und Silber, da hat man nicht mal eben ganze Kollektionen daheim rumliegen.
Also dachte ich, ich investier' jetzt: Mache einen Onlineshop, richtige Fotos und dafür alle Teile ein Mal. Das hat ein Jahr gedauert, entstanden sind 74 Schmuckstücke. Die habe ich danach bei einem Event bei mir daheim vorgestellt. Aus finanziellen Gründen habe ich die Website komplett selbst gebaut, das hat mich viel Geduld gekostet. Jetzt ist mein Onlineshop für MAY endlich fertig, aber ich hab keinen klassischen Warenkorb, weil bei mir alles nur auf Anfrage entsteht.
Die Preise richten sich natürlich nach Aufwand und Goldgewicht, aber es sollen alles Dinge sein, die man sich ersparen kann.
Wie teuer sind deine Sachen und wie kommen deine Preise zustande?
Lisa: Mir ist wichtig, dass es nicht in ein Luxussegment geht, das sich keiner mehr leisten kann. Auch Leute in meinem Alter sollen sich den Schmuck kaufen können, wenn sie sich mal ein schönes Teil gönnen möchten. Ich habe schon Sachen für 25 Euro – ein kleiner Ohrring, ein dünnes Armband. Dann geht es hoch bis circa 600 Euro. Die Preise richten sich natürlich nach Aufwand und Goldgewicht, aber es sollen alles Dinge sein, die man sich ersparen kann.
Was willst du noch machen, wovon träumst du?
Lisa: Ich lerne immer wieder, es gibt viele technischen Dinge, die ich bestimmt noch nicht kann. Die nächsten Sachen, die ich angehe für MAY, werden Geldklammern sein – und Männerschmuck. Der kommt nämlich sonst überall viel zu kurz. Mein Traum wäre natürlich, irgendwann mal einen eigenen Laden zu haben!
München legt gern selbst Hand an. Fast jede Woche gründet sich hier eine neue Firma, wird ein neues Label vorgestellt oder neues Produkt lanciert. Wir stellen euch die kleinen, geilen Firmen der Stadt vor. Die Bedingungen sind simpel. Klein müssen sie sein, das heißt weniger als zehn Mitarbeiter und natürlich: Geil.