Kunst goes Wiesn: Das Künstlerkollektiv super+ mischt den Trachtenumzug auf

Zugegeben, ich habe mich nie sonderlich für den Trachten- und Schützenumzug interessiert. Zwar gehe ich gerne auf die Wiesn und habe bisher auch kein Jahr meines Lebens ohne einen Besuch verbracht, mit den ursprünglichen Traditionen bin ich allerdings eher wenig vertraut. Das wird wohl den meisten so gehen. Obwohl ich auch einige Freunde habe, die den Trachtenumzug jedes Mal wieder als extra Besäufnis-Date sehen. Als würden sie in den folgenden zwei Wochen nicht genug Liter Oktoberfestbier in sich hineinkippen.

Doch dieses Jahr ist alles anders. Streicht euch den 23. September 2018 dick im Kalender an, denn dieser Tag markiert ein historisches Ereignis: Heuer wird sich erstmals ein Künstlerwagen in den Umzug einreihen, der über Maximilianstraße, Odeonsplatz, Sonnen- und Schwanthalerstraße bis hin zur Theresienwiese verläuft. Und ich werde mir das unter keinen Umständen entgehen lassen – eigentlich also gleich zwei historische Ereignisse an einem Tag.

super+ Wiesn
© Alexa Von Arnim
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© Alexa Von Arnim

Hinter diesem absoluten Highlight steckt das Künstlerkollektiv super+, bestehend aus dem Maler Christian Muscheid, dem Bildhauer Alexander Deubl und dem Designer Konstantin Landuris. Tradition und Fortschritt schließen sich nicht aus – darauf bestehen die Bayern ja immer. Die drei Kreativen können dem nur zustimmen und haben sich für das Projekt Inspiration aus der altbayerischen Kultur und Lebensart geholt – dem Schafkopfen. Die zweieinhalb Meter hohen Gemälde auf dem Wagen, der von fünf Kaltblütern gezogen wird, sind nämlich an Spielkarten angelehnt. Die Künstler verstehen die Bilder als Neuinterpretation des Kartenspiels.

Zwischen den bunten Trachtlergruppen, zünftig gekleideten Musikkapellen und hochdekorierten Gebirgsschützen werden die abstrakten Acryl-Gemälde für einen kurzen Perspektivwechsel sorgen. Angeführt wird der Wagen von einem Fähnrich mit eigens für diesen Anlass gestalteter Flagge. „Wir möchten damit die volkstümliche Tradition aufbrechen, aber zugleich auch berücksichtigen“, so Christian Muscheid von super+.

super+ Wiesn
© Alexa Von Arnim
super+ Wiesn
© super+

Die Wiesn ist ja eigentlich viel mehr als nur das größte Saufgelage der Welt. Sie ist auch Kunst: Der Riesenmaßkrug auf dem Paulanerturm, die Löwenskulpturen vor dem Löwenbräu-Zelt und die bühnenbildartigen Zeltdekorationen sind nur einige Beispiele dafür, dass ein Volksfest wie das Oktoberfest ohne künstlerische Gestaltung seinen typischen Charakter verlieren würde. super+ huldigt also gleichzeitig auch allen Künstlern, Designern und Kreativen, die zu dieser unvergleichlichen Ausstrahlung beitragen, und will den Blick der Besucher wieder mehr für diesen Aspekt schärfen.

Und als wäre das alles nicht schon Spektakel genug, wird die gut sieben Kilometer lange Fahrt von der japanischen Blasmusik von „Sasebo“ begleitet. Die eigens für diesen Anlass gefertigten Anstecknadeln – ein ideelles Gegenstück zu den Reversplaketten der Schützenvereine – wurden von den thailändischen und japanischen Schmuckkünstlern Noon Passama und Jiro Kamata gestaltet. Für ambitionierte Schafkopf-Anhänger wird das Münchner Trio außerdem die Werke ihres Wagens als Spielkartensatz in einer Auflage von 100 Stück herausgeben. Na dann, auf eine feuchtfröhliche Wiesn 2018!

super+ Wiesn
© Alexa Von Arnim

Trachten- und Schützenumzug | Sonntag, 23. September 2018: 09.20–12.00 Uhr | Mehr Info

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