Ganz der Baba #12: Habibi die Ehre

© Marie Lechner

Man mag es kaum glauben, aber vor nicht allzu langer Zeit konnte man noch ins Freibad gehen. Teddy und ich sind ja bekanntlich absolute Schyrenbad-Ultras – schließlich haben wir einen signifikanten Anteil seiner beiden Sommer dort verbracht. Trotzdem hatten wir als Teddy noch klein war , also noch kleiner als jetzt – also eher so Typ "Vollzeit-Rumliegen und Applaus bekommen, wenn man seinen Kopf heben kann" – mal eine Verabredung im wunderschönen Maria Einsiedel Bad.

Für Giesinger ist das Maria Einsiedel das „gute Besteck“ unter den Freibädern. Man geht zwar sonst immer ins Schyrenbad, aber wenn Besuch da ist, muss es das Maria Einsiedel sein. Wichtig dabei: Das ultimative "Schönstes Freibad der Stadt"-Mantra mit den Keywords einzigartig, naturbelassen und nur in München.

Meine niederbayerische Schwiegermama war ja sowieso immer schon überzeugt, dass Teddy dem Arabischen mächtig sei. Allerdings war sein vermeintliches „arabisch“ sehr handelsübliches Babygebrabbel.

So lagen wir also auf der Wiese und auf der Decke nebenan schaute ein kleines Mädchen hochinteressiert zum kleinen Teddy. Schließlich kam sie zu uns rüber gewatschelt. Frida, drei Jahre alt, stellte sich höflich bei Teddy vor. In drei Sprachen. Drei. Fucking. Sprachen. Italienisch, Slowakisch, Deutsch.

Als ich meine Kinnlade wieder aufgesammelt und Teddy kurz zur Fähigkeit des Kopfhebens gratuliert hatte, kam ich mit Fridas Großmutter ins Gespräch und fasste nun endgültig den Entschluss, von nun an mit Teddy arabisch zu sprechen. Immerhin sollte er sich doch irgendwann mit seiner Oma und dem ägyptischen Teil der Verwandtschaft verständigen können.

Meine niederbayerische Schwiegermama war ja sowieso immer schon überzeugt, dass Teddy dem Arabischen mächtig sei. Allerdings war sein vermeintliches „arabisch“ sehr handelsübliches Babygebrabbel.

Ich werde doch immer noch regelmäßig aufgrund meiner akzentfreien deutschen Aussprache in einem Tonfall gelobt, bei dem man meinen könnte, dass ich noch gar nicht so lange meinen eigenen Kopf heben kann.

Als Sohn einer ägyptischen Familie habe ich mich nie so wirklich als klassischer Kanake (jaja, ich darf das sagen) gefühlt. Ich hatte keinen rein ägyptischen Freundeskreis und bin bis heute immer eher so das Ausländer-Einhorn. Typischer Satz, den ich mehr als einmal in meinem Leben gehört habe: „Du bist der erste Ägypter, den ich kennen lerne“ oder wahlweise: „ Du bist der zweite Ägypter, den ich kennen lerne. Kennst du (hier random arabischen Namen einsetzen)?“

Will sagen: Ich werde doch immer noch regelmäßig aufgrund meiner akzentfreien deutschen Aussprache in einem Tonfall gelobt, bei dem man meinen könnte, dass ich noch gar nicht so lange meinen eigenen Kopf heben kann. Will eigentlich sagen: Ich spreche weder mit meiner bayerischen Frau noch mit meinen ägyptischen Geschwistern arabisch. Die Entscheidung dies ab sofort mit meinem Sohn zu tun, hat mich daher doch eine gewisse Überwindung gekostet. Nicht zuletzt, weil ich auf deutsch wesentlich lustiger bin.

Dieses „zweisprachig“ blasen viele Eltern so stolz erfüllt in die Welt hinaus, dass man meinen könnte sie haben vergessen, dass ein Mensch auch auf zwei Sprachen dumm sein kann.

Teddy wird also ab sofort zweisprachig erzogen. Dieses „zweisprachig“ blasen viele Eltern dabei so übertrieben stolz in die Welt hinaus, dass sie wohl leider vergessen, dass ein Mensch auch auf zwei Sprachen dumm sein kann. Dazu kommt, dass die arabische Sprache meines Wissens noch nie den „Sexiest Language Alive“-Award gewonnen hat und ich stelle zu meiner Überraschung fest, dass die Sprache in der Öffentlichkeit irritiert.

Mir ist schon klar, dass seit den 90er Jahren die russischen Bösewichte in Hollywood-Filmen durch arabische ausgetauscht wurden und ich als „Nafri“ nicht den geilsten Ruf der Welt habe. Aber das ist doch kein Grund, den Kilian, der gerade friedlich mit und neben Teddy spielt, wegzunehmen
und mit den Worten „Du wolltest doch schaukeln, Kilian, komm wir gehen schaukeln“ abzuhauen.

Ich bin kein Kinderarzt, aber ich bezweifle stark, dass Kilian hier den deutlichen Wunsch geäußert hat, zu schaukeln anstatt im Sand neben dem Ausländerkind zu spielen.

Kilian ist zehn Monate alt. Ich bin kein Kinderarzt, aber ich bezweifle stark, dass Kilian hier den deutlichen Wunsch geäußert hat, zu schaukeln anstatt im Sand neben dem Ausländerkind zu spielen. Kilian ist es egal, denn das Kind hat Förmchen dabei. Leider hat Kilian aber das Pech, dass er eine etwas verklemmte Begleitperson erwischt hat, die ihn lieber aus der Situation herausnimmt, als die Tatsache geil zu finden, dass auf einem Spielplatz manchmal die ganze Welt zu Hause ist.

Vielleicht erinnert man sie nochmal daran wenn sie das nächste mal beim Yogakurs wochenlang von ihrem Thermomix-Rezept für original orientalischen Hummus schwärmt.Mir war schon immer bewusst, dass die arabische Sprache für deutsche Ohren oft ein bisschen aggro klingt. Als ich noch klein war und Kinder von der Schule mit Heim nahm, standen diese immer recht schissig neben mir, während meine Mama mit mir sprach. Dabei wollte sie doch nur wissen, ob das blonde Kind zum Essen bleiben mag.

Ich habe mich damit abgefunden, dass ich mit Teddy in der Öffentlichkeit äusländeriger wirke als alleine oder mit meiner Frau. Man hört mein viel gelobtes akzentfreies Deutsch einfach nicht. Aber sind nicht gerade zwei spielende Kinder ein guter Weg, um mit Händen, Füßen und einem Lächeln ein Gespräch aufzubauen? Im schlimmsten Fall kommt doch bloß ein wirklich gutes und originales Hummusrezept dabei rum. Kichererbsen aus der Dose sind nämlich für Hummus eine Katastrophe.

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