Molestia: Münchens erste Burschenschaft für Frauen

© Molestia

Auch im 21. Jahrhundert gibt es immer noch ein paar Bereiche, zu denen Frauen keinen Zugang haben. Burschenschaften, zum Beispiel. Sie sind eine reine Männerdomäne, ein Relikt aus einer Zeit, die eigentlich längst vergangen sein sollte und für viele erzkonservative Männer – vor allem in Bayern – so heilig wie der Herrgott selbst. Bis vor Kurzem zumindest.

Im Jahr 2017 marschierte die Burschenschaft Molestia, die erste rein weibliche Burschenschaft Münchens, zum ersten Mal in Krawatte und mit Fackeln an der Münchner Ruhmeshalle vorbei – und salutierte stramm vor der Büste von Therese von Bayern, nach eigenen Angaben die Gründerin der Burschenschaft. Therese von Bayern soll die Verbindung 1871 in München gegründet haben. Daher auch das Wappentier, die Muräne: Therese habe Nasenmuränen erforscht, die als Männchen zur Welt kommen und im Laufe ihres Lebens eine Geschlechtsumwandlung zum Weibchen durchlaufen, heißt es auf der Facebook-Seite.

Das Ziel: Das goldene Matriarchat

Molestia ist Teil eines internationalen „Korporationsrings“ weiblicher Burschenschaften. Die erste war die „Hysteria“ zu Wien, zu der die bekannte österreichische Künstlerin und Autorin Stefanie Sargnagel gehört. Inzwischen gibt es in Deutschland und Österreich zahlreiche „Schwesternburschenschaften“: In Berlin und Innsbruck („Furia“), Leipzig („Lascivia“), Frankfurt („Gynokratia“), Jena („Lethargia“), Linz („Infamia“) und Klagenfurt („Paracelsia“).

Aber was machen die Burschenschaftlerinnen eigentlich? Die Ziele sind ganz klar formuliert: Die Herbeiführung des goldenen Matriarchats und das Beschützen des schwachen Geschlechts – unserer Männer. In der Tradition des Matriarchats und des Männerschutzes werden immer wieder Kameradschaftsaufmärsche, Kneipenabende, Informationsveranstaltungen und andere Aktionen veranstaltet.

„Männerschutz ist jetzt wichtiger denn je!“

Zur Verabschiedung des Polizeiaufgabengesetzes schreiben sie: „Liebe Polizei, ihr seid sicher, wir beschützen euch!“ und posieren stramm vor einem Polizeiauto. Zu CSU-Klausurtagung schreiben sie einen offenen Brief an Karin Seehofer und Karin Baumüller-Söder und appellieren: „Männerschutz ist jetzt wichtiger denn je!“. Von einem Artikel der VICE distanzieren sie sich mit den Worten „Der Mann darf bei uns ganz Mann sein; er darf sich endlich wieder dem widmen was er am besten kann: seine Frau im geschützten Bereich des Häuslichen verwöhnen!“.

Und die Affäre um den Verfassungsschutz im letzten Jahr kommentiert die Burschenschaft Hysteria nur mit „Männer sind für politische Tätigkeiten schlichtweg ungeeignet und benötigen dringend weibliche Führung.“ Zur Wahl in Österreich verteilen sie in Wien Flyer mit der Aufschrift „Nein zum Männerwahlrecht!“.

All das mutet satirisch an, aber die Burschenschaftlerinnen verneinen diese Annahme immer wieder vehement: Wenn sie zum Beispiel Presseanfragen ablehnen, weil sie zu oft fälschlicherweise als Satire- oder Kunstprojekt bezeichnet worden seien. Die Burschenschaft habe schließlich eine uralte Tradition, die es zu respektieren gelte.

Vielleicht Satire, aber vielleicht auch einfach konsequent

Damit fordern die Burschenschaftlerinnen letztlich einfach nur das selbe Maß an Toleranz an, dass ihren männlichen Pendants in Deutschland und Österreich heute – im Patriarchat – zukommt. Das ist vielleicht Satire, aber vielleicht auch einfach konsequent.

Wenn du, liebe Leserin, dich angesprochen fühlst und gerne Teil der Burschenschaft Molestia werden möchtest, dann haben wir gute Nachrichten: Am 16. Februar 2019 findet ein Aspirantinnentreffen, die „Semesterendkneipe in ihrem 295. Couleursemester“ statt. Unter [email protected] könnt ihr euch mit Angabe des vollen Klarnamens und kurzer Begründung des Interesses anmelden – und vielleicht selbst eine ehrwürdige Burschenschaftlerin werden.

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