Ganz der Baba #7: Ist das ein Spielplatz oder eine Himalaya-Expedition?

© Marie Lechner

Sam und seine Frau haben nicht nur einen neuen winzigen Mitbewohner namens Teddy, sondern er auch einen neuen Job. Sam ist jetzt Papa – in Vollzeit. In dieser Kolumne nimmt er euch mit auf die Baustelle Baby. Warum freut man sich auf jemanden, den man noch gar nicht kennt? Was geht eigentlich bei den Münchner Mamas und was haben Air Jordans mit Feminismus zu tun? Immer mit dabei: die hilfreichen und manchmal fragwürdigen Lebensweisheiten seiner ägyptischen Mama. Folge Eins: Da isser!

„Ok, haben wir alles ?“, fragt mich meine Frau kurz bevor ich die Wohnungstür schließe. Ich hoffe inständig, dass dies eine sehr rhetorische Frage ist. Der Anblick unseres Hausflurs hätte vermutlich auf einen Immobilienmakler den gleichen Effekt, wie eine Blutspur auf einen Weißen Hai: Hin da, ran da, Beute. Da wird doch eine Wohnung frei! Nein. Das ist bloß das Gepäck für unsere erste Flugreise!

Wenn wir jetzt die vor mehreren Wochen erstellte Checkliste für Teddys Zubehör auch nur zur Hälfte durchgehen würden, hätten wir ein großes Zeitproblem. Ich versuche mich an einem überzeugenden "Ja, klar" und hoffe inständig, sie möge auf weiteres Nachfragen verzichten.

Seit meiner Kindheit bin ich es gewohnt, mit sehr viel Gepäck zu reisen. Meine Mutter nahm das angegebene Maximalgewicht der Airlines schon immer mehr als nett gemeinten Vorschlag wahr, denn als echte Regel.

Bisher hätte ich mich als routinierten Flieger bezeichnet. Zwar keiner von diesen Handgepäckssoldaten im schwarzen Anzug, die ihren Meilenkontostand besser kennen als das Geburtsdatum ihrer Kinder, aber durch meinen bisherigen Job habe ich doch eine gewisse Routine in Punkto Flugreisen sammeln können.

Beim ersten Flug zu dritt wurde mir allerdings sehr schnell klar, dass die gesammelten Erfahrungspunkte – sagen wir mal – verfallen sind. Seit meiner Kindheit bin ich es gewohnt, mit sehr viel Gepäck zu reisen. Meine Mutter nahm das angegebene Maximalgewicht der Airlines schon immer mehr als nett gemeinten Vorschlag wahr, denn als echte Regel. Es kam sehr häufig vor, dass wir Übergepäck zahlten, um zig Kilo Nutella und Maggi-Brühwürfel nach Kairo zu transportieren.

Beim Packen für ein Baby versucht man das bewährte Biotop des Kindes in einen Koffer zu bekommen. In einem Satz: Er schläft gut in seinem Zimmer, also nehmen wir das Zimmer mit.

Nichtsdestotrotz bin ich überrascht, was so ein kleiner Mensch alles dabei haben muss. Beim Packen für ein Baby versucht man das bewährte Biotop des Kindes in einen Koffer zu bekommen. In einem Satz: Er schläft gut in seinem Zimmer, also nehmen wir das Zimmer mit.

Wenn ich mich mit Teddyboy auf unserem Lieblingsspielplatz in Obergiesing oder im Tiepark rumtreibe, könnte man meinen, dass viele Eltern diese Regel auch auf den Spielplatzbesuch anwenden und nach diesem Prinzip den Kinderwagen beladen. Wenn man nur kurz hinschaut, kann man nicht sicher sein, ob es sich um Equipment für einen mehrtätigen Campingaufenthalt im Himalaya handelt oder einen tragischen Fall von spontanem Wohnungsverlust durch Eigenbedarf.

Nicht zu vergessen das Reiswaffel-Brezen-Bananen-Tourette, welches immer wieder durch das Klangbild eines jeden Spielplatzes schallt.

Dabei bin ich immer wieder überrascht von der Frequenz, in der den friedlich spielenden Kleinkindern die Jacken, Hosen, Mützen oder Schuhe – je nach minimaler Wetterschwankung – hektisch gewechselt werden.
Nicht zu vergessen das Reiswaffel-Brezen-Bananen-Tourette, welches immer wieder durch das Klangbild eines jeden Spielplatzes schallt.

Hat man etwa Angst, dass entscheidende Utensil, welches die Zufriedenheit des Nachwuchses sicherstellt, nicht dabei zu haben? Bin ich ein schlechter Vater, weil ich meinem Sohn bei 28 Grad im Schatten Shorts und ein T Shirt angezogen habe und kein Arsenal an klitzekleiner Funktionskleidung dabei habe, die selbst für eine viertägige Alpenüberquerung zu hochgegriffen wäre? Ich nehme mir fest vor, in Zukunft mehr Platz für Improvisation im Koffer zu lassen und frage mich, ob ich schon den Mut dafür habe.

Die Flugbegleiterin erklärt uns die Handgriffe für das Babybett, jedoch hören weder meine Frau noch ich zu, da wir beide inständig hoffen, dass wir auf diesem Flug nicht die „Das-Schreiende-Kind“-Arschkarte ziehen.

Im Flugzeug zeigt uns die Flugbegleiterin Teddys kleines Babybett, das ungefähr so groß ist wie ein etwas überdimensionierter Brotkorb. Sie erklärt uns gewisse Handgriffe dazu, jedoch hören weder meine Frau noch ich zu, da wir beide inständig hoffen, dass wir auf diesem Flug nicht die „Das-Schreiende-Kind“-Arschkarte ziehen.

Teddy wiederum findet das Ding ganz lustig, aber versteht nicht, dass das sein Bett sein soll. Ich werde nervös und übe schon mal die entschuldigenden Blicke für die anderen Fluggäste. Diese Problematik löst sich allerdings in Luft auf, da ich gebeten werde Teddy auf dem Schoß zu halten, während die Anschnallzeichen leuchten. Das tun sie jetzt nun seit drei Stunden und Teddy schläft friedlich sabbernd auf meinem Arm ein. Vielleicht braucht er weniger als wir denken.

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