Zwischen Kult und Klischee: Die neue München-Serie "Der Beischläfer"

© Michael Tinnefeld

Wenn wir an Serien aus München denken, beamt es uns erstmal direkt zurück in die 80er Jahre, die Blütezeit der Münchner Kultserien. Mit Helmut Dietl Klassikern wie Kir Royal und Monaco Franze träumen wir uns dann in ein München, das es so zwar gar nicht mehr gibt, aber von dessen Flair und Leichtigkeit wir bis heute zehren. Denn obwohl wir in den Achtzigern noch nicht mal auf der Welt waren, sind die Serien von damals ein wunderbares Zeitzeugnis, aus dem wir unter anderem erfahren, dass der Goetheplatz schon immer out war.

Wäre es nicht auch schön, so etwas für unsere Gegenwart zu haben? Also keine kurzweiligen TikTok-Videos oder Instagram-Storys, die nach dem nächsten Swipe schon wieder vergessen sind. Nein, wir meinen echte Serien, die das aktuelle Leben in unserer Stadt auf ähnlich charmante Weise dokumentieren. Klar, an Helmut Dietl kommt so schnell niemand ran, aber wir fanden zuletzt Fett und Fett oder Servus, Baby schon sehr "relatable". Nun ist eine neue Serie im Kasten: Ab dem 29. Mai zeigt Amazon Prime die erste Staffel von "Der Beischläfer" mit Comedian Markus Stoll aka Harry G in der Hauptrolle des umtriebigen Autoschraubers Charlie Menzinger.

© Michael Tinnefeld

Was wären wir nur ohne unsere Klischees?

Der wird eher überraschend als Schöffe ans Gericht berufen und muss von da an als "Stimme des Volkes" für Recht und Ordnung sorgen. Dabei überschneidet sich seine Definition von Gerechtigkeit eher selten mit jener der Berufsrichterin Julia Kellermann, die erst kürzlich von Berlin nach München versetzt wurde und seitdem nicht nur mit dem Münchner Immobilienmarkt im Clinch liegt. Immer mit dabei: Charlies chaotischer Sidekick Xaver Holzapfel, der sowieso gerne mal am Rande der Legalität unterwegs ist.

Was schon beim Trailer auffällt: Subtil ist hier auf jeden Fall nicht das Adjektiv der Wahl. Damit auch klar wird, dass Charlie ein autoschraubender Hallodri ist, trägt er eine freche Truckercap mit Rennfahrermotiv, zeigt auch mal den Mittelfinger und taucht bekifft im Gericht auf. Passt vom Style aber auf jeden Fall zu den typischen Videos von Harry G, in denen das Kostümbild ebenfalls sehr schnelle Rückschlüsse auf die Figuren zulässt. Das absolute Klischee-Feuerwerk haben die Macher*innen aber auf jeden Fall mit der Namenswahl von Charlies bestem Spezl abgebrannt. Lief das etwa so?

"Ey, wir brauchen 'nen Namen, der möglichst Münchnerisch klingt. Irgendetwas mit Kultpotenzial!"

"Wie wär's mit Alois Wolpertinger?"

"Na, lieber Xaver Holzapfel!"

"Ja, brutal!"

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Mit dem Alfa Romeo durchs Schlachthofviertel

Auch wenn der eher grobe Style der Serie auf den ersten Blick so gar nicht an den feinen Charme unserer liebsten 80er-Serien erinnert, tut es zumindest die Figurenkonstellation. Denn wie beim Monaco Franze prallen hier die Gegensätze aufeinander: Frau von Welt trifft auf einnehmenden Haderlump und die ziehen sich am Ende an wie die gegenteiligen Seiten eines Magnets.

Ob "Der Beischläfer" in irgendeiner Form Potential zur Kultserie hat? Keine Ahnung, aber gute Unterhaltung versprechen die sechs Folgen der ersten Staffel auf jeden Fall. Nicht zuletzt, weil wir uns jedes Mal freuen, wenn Charlie mit seinem alten Alfa Romeo durchs Schlachthofviertel düst, Xaver sein weiches Münchnerisch auspackt und selbst die Richterin Kellermann an der Wohnungssuche verzweifelt. Denn wenn das kein Zeugnis des heutigen Münchens ist, wissen wir auch nicht!

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