Pro & Contra: Ist die IAA wirklich gut für München und das Klima?
Die IAA Mobility findet zum zweiten Mal in München statt. Nicht nur, weil Bayern mit den BMW-Werken in Dingolfing, Regensburg und Landshut ein hohes Ansehen in der Automobilindustrie genießt, sondern weil sich die Münchner Innenstadt und das Messegelände als ideale Event-Schauplätze erweisen. Gleich an fünf Tagen, von 05. bis 10. September, dreht sich nun in der Stadt alles um Mobilität. Was für die einen Innovation und Fortschritt verkörpert, ist für die anderen eine inhaltslose Werbeveranstaltung. Was ist denn nun wirklich gut und schlecht an der IAA? Ein Pro und Contra.
1. Pro: Die Zukunft der Mobilität wird allen Menschen frei zugänglich gemacht
Die IAA Mobility ist die größte Automobilmesse Deutschlands und eine der international bedeutendsten Automobil-Fachmessen der Welt. Und diese Welt verändert sich, weshalb es neue Angebote braucht. "Den Mobilitätsmix in der Stadt und auf dem Land erweitern", heißt es auf der IAA-Website dazu. Neben den Großkonzernen haben auch Start-ups bei der IAA die Möglichkeit, neue Technologien zu präsentieren – hier ist alles vertreten, was mit Autos, Fahrrädern und E-Mobilität zu tun hat. Der Open Space inklusive Experience-Bereich erstreckt sich über die Innenstadt, es finden Konzerte und Events statt, die kostenlos und damit allen Menschen zugänglich sind. Ein Spektakel, bei dem alle die Mobilität der Zukunft testen können. Auch jene, die damit im Alltag nicht in Berührung kommen, werden dazu angestoßen, sich über ihre Form der Fortbewegung Gedanken zu machen. Für diejenigen, die noch tiefer in die Thematik eintauchen wollen, gibt es den IAA Summit. Der wird von der Conference begleitet und ist vor allem für Fachbesucher*innen gedacht. 500 Speaker*innen treten am Messegelände auf und diskutieren über Konzepte und Entwicklungen international führender Unternehmen.
2. Pro: Die IAA hat ein offenes Ohr für Kritiker*innen und Diskurs
Die IAA zeigt sich offen für Kritiker*innen und Diskussionen. Die Letzte Generation, Fridays for Future und Greenpeace wurden zur IAA eingeladen, was ausgeschlagen wurde – trotzdem soll diskutiert werden. Schon vorab gab es, von 02. bis 05. September, einen Mobilitätskongress im Alten Rathaus und im Verkehrszentrum des Deutschen Museums. Es ging vor allem um die Mobilitätsstrategie 2035 und alle Formen der nachhaltigen urbanen Mobilität, insbesondere des öffentlichen Verkehrs. Am 08. September diskutieren im Bildungszentrum der Münchner Volkshochschule der VDA-Geschäftsführer Andreas Rade, der städtische Mobilitätsreferent Georg Dunkel und die Autorin Katja Diehl über die Existenz fossiler Autos.
Schon 2021 wurde spekuliert, wo Organisator*innen das Mobilitätswende-Camp errichten können, da bereits auf der Theresienwiese die Wiesnvorbereitungen laufen. Ausweichen können sie nun auf den Luitpoldpark – unweit der BMW Welt – wo mit 1.500 Teilnehmer*innen gerechnet wird. Vorträge und Workshops werden in fünf großen Zelten stattfinden.
3. Pro: Die ganze Welt schaut nach München
Die internationale Messe sorgt für Aufsehen. Die Welt schaut nach München und viele Besucher*innen werden angelockt. In diesem Jahr werden 700.000 Gäste erwartet – fast doppelt so viele wie 2021 mit 400.000 –, die in die Stadt strömen und auch den Tourismus ordentlich ankurbeln. Davon profitieren wiederum lokale Gastronom*innen und die Hotellerie. Die Veranstalter*innen verbuchten die IAA 2021 als Erfolg und auch 86 Prozent der Besucher*innen bewerteten das Konzept positiv. Trotz Corona-Beschränkungen seien viel mehr Besucher*innen gekommen als erwartet und damit wurde 2021 die IAA zur größten Mobilmesse Deutschlands und ist auch international angesehen. München kann also mit den großen Metropolen wie Tokyo mithalten.
1. Contra: Die Autolobby bekommt eine Bühne und brüstet sich mit Nachhaltigkeit
Eine Messe, die in die Zukunft der Mobilität blickt – klingt doch erstmal vielversprechend. Kritiker*innen sehen das aber völlig anders. Der Verein Attac, der sich für eine ökologische, solidarische und friedliche Weltwirtschaftsordnung einsetzt, beschreibt die IAA als "Festival für Blech und Abgase". Was es auf der IAA nicht zu wenig gibt: Logos der Großkonzerne. Beim Blick auf die Website werden als erstes Mercedes und BMW als Partner auf der Seite angeführt und die riesigen Logos in der Stadt erinnern eher an eine Werbeveranstaltung als an eine nachhaltige Messe. Groß und imposant – wie die Autos, die Münchens Straßen immer mehr verstopfen. Wenn auch elektrisch, ist der angepriesene zweieinhalb Tonnen schwere SUV Audi Q8 nicht gerade klimafreundlich. Daher eine der Forderungen der Gegner*innen: "Schluss mit der ewigen Autozentriertheit – 'car is over': Wir müssen weg vom Auto und hin zu Fuß-, Rad- und öffentlichen Verkehr!"
2. Contra: Die ganze Innenstadt wird in Beschlag genommen
2021 war auch mit dem Rad kein Durchkommen mehr. Die gesamte Innenstadt war abgesperrt, jeder bekannte Platz voll mit Ständen und Teststrecken. Dazu kam, dass der Boden des Königsplatzes dermaßen in Mitleidenschaft gezogen wurde, dass er einem Acker glich. Das war dann selbst der Stadtpolitik zu viel, die ankündigte, dass es die IAA in der Form 2023 nicht mehr geben sollte. Auch die IAA selbst räumte ein, dass der Verkehr zwischen Innenstadt und Messegelände nicht ideal verlief. Die "Blue Lane", eine exklusive Spur, die 2021 für emissionsarme Fahrzeuge reserviert war, wird es dieses Jahr nicht geben. Dafür eine Shuttleservice zwischen Innenstadt und Messegelände, wo das Tagesticket für den Summit übrigens 175 Euro kostet. Außerdem sollen die Stände so angeordnet werden, um ein besseres Durchkommen zu ermöglichen. Trotzdem weitet sich der Open Space auf Königsplatz, Hofgarten, Ludwigstraße, Odeonsplatz, Residenzhöfe, Wittelsbacherplatz, Marienplatz und Max-Joseph-Platz aus. Ob IAA-Fan oder nicht, dem mehrtägigen Spektakel entkommt man nicht.
3. Contra: Der Fokus liegt nicht auf der Mobilitätswende
Seit die IAA in München stattfindet, hat sie den Zusatz "Mobility" bekommen. Weg von der reinen Automesse geht es seit 2021 auch verstärkt um Fahrräder und E-Bikes, aber auch nach wie vor um Autos. Dass die IAA sich mit hohen Investitionen vom klimaschädlichen Verbrennungsmotor auf Elektroautos umstellt und CO₂-Neutralität anstrebt, überzeugt die Gegner*innen nicht, sondern werfen der IAA Greenwashing vor. Vielmehr müssten alle mitgenommen werden. Attac fordert: "Einen Ausbau von Bus und Bahn sowie komfortable und vielfältige Zubringer, insbesondere auf dem Land. Öffentlich finanziert und ticketfrei!" Die Regierungskoalition dürfe sich von der Lobby der Autoindustrie nicht ausnutzen lassen. "Die Autokonzerne müssen umgebaut werden: Statt weiter Profite auf Kosten des Planeten zu machen, müssen sie für die Gesellschaft nützliche Produkte, wie Schienenfahrzeuge und Busse produzieren." So ist pünktlich zum Ende der Messe am 10. September die Demonstration "#BlockIAA!“ angekündigt, zu der auch Fridays for Future und Attac aufrufen.