Hass gegen LGBTQIA*: Darum ist der Kampf für queere Rechte so wichtig
Die Berliner Polizei berichtet von einem homofeindlichen Angriff auf zwei Männer, die von drei Tatverdächtigen beleidigt, mit einer Flasche beworfen und geschlagen wurden. In Köln gibt es Ermittlungen wegen schwerer Körperverletzung, nachdem eine schwarze trans* Frau laut eigenen Angaben von Security-Mitarbeitern getreten, geschlagen und gewürgt wurde. Die Polizei in Hamburg meldet einen Übergriff, bei dem ein Unbekannter zwei Männer homofeindlich beleidigt und bespuckt hat. In München nimmt die Polizei einen Tatverdächtigen fest, nachdem dieser einen Mann homofeindlich beleidigt und mit der Faust ins Gesicht geschlagen hat.
Diese Berichte von queerfeindlichen Angriffen stammen allesamt aus dem Jahr 2023 und ich könnte die Liste noch um viele weitere Fälle ergänzen. "Das hätte ich sein können", schießt es mir jedes Mal durch den Kopf, wenn ich von solch einem Vorfall höre. Zuerst bin ich geschockt, dann traurig und am Ende einfach nur wütend. Wut ist besser als Angst, denn ich gebe diesen Menschen nicht das, was sie wollen. Sie wollen uns als Queer Community einschüchtern, kleinhalten und demütigen. Hass, Diskriminierung und Gewalt habe ich selbst schon oft erleben müssen und das zeigt mir, wie wichtig der tagtägliche Kampf für queere Rechte immer noch ist – auch im Jahr 2023 und in Deutschland.
17. Mai – Internationaler Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit
Rechte für queere Menschen – das sind keine Extra- oder Sonderrechte – das sind Menschenrechte. Meine Community fordert lediglich Akzeptanz und Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen. Im Vergleich zur weltweiten Lage mag Deutschland vielleicht gut dastehen, aber gerade die aktuellen Meldungen zeigen, dass es noch ein weiter Weg zu echter Gleichberechtigung und Akzeptanz ist. Am 17. Mai macht der Internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit (IDAHOBIT) darauf aufmerksam. Jährlich wird an diesem Tag auf der ganzen Welt gegen Diskriminierung und Ausgrenzung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Identität demonstriert.
Übrigens: Der 17. Mai wurde deshalb gewählt, da an jenem Tag 1990 die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Homosexualität aus der Liste der psychischen Krankheiten gestrichen hat. Und doch werden noch immer queere Menschen weltweit in 67 Staaten strafrechtlich verfolgt und in 11 Ländern sogar mit der Todesstrafe bedroht.
CSD-Motto 2023: “Queerer Aktionsplan Bayern jetzt!”
Mit dem IDAHOBIT am 17. Mai eröffnen die bayerischen Christopher Street Days auch die Pride-Saison. Sie haben sich im Jahr der Landtagswahl unter dem einheitlichen CSD-Motto 2023: "Queerer Aktionsplan Bayern jetzt!" zusammengetan, denn Bayern hat als einziges Bundesland kein Programm für Gleichstellung und Akzeptanz von LGBTIQ*. Das soll sich nun endlich ändern. Auch ich werde dafür auf die Straße gehen, wie jedes Jahr am Münchner CSD. Denn Pride ist nicht nur Party, sondern vor allem Protest!
Eine Petition für einen Aktionsplan läuft bereits seit vergangenem Jahr. Bei der Entwicklung sollen dann auch Menschen aus der queeren Community aktiv mit einbezogen werden. Wichtige Ziele des Aktionsplans sind laut CSD München unter anderem: Endlich queer-spezifische Gewalt- und Diskriminierungszahlen zu erfassen, die Polizei für die Belange queerer Menschen zu sensibilisieren, die lückenhafte Beratungsinfrastruktur gerade auf dem Land auszubauen, Lehrpläne zu überarbeiten und Unterkünfte speziell für LGBTIQ*-Geflüchtete in allen Regierungsbezirken zu schaffen.
Straftaten gegen queere Menschen steigen stark an
Ein queerer Aktionsplan ist in Bayern dringend notwendig, das zeigen folgende Zahlen: Während sich die generelle Hasskriminalität im Freistaat in den letzten zehn Jahren vervierfacht hat, registrierte die Polizei bei Straftaten gegen queere Menschen im gleichen Zeitraum fast eine Versiebenfachung. Dies geht aus einer Antwort der Staatsregierung vom März 2023 auf Anfrage der Grünen im Landtag hervor. Eines will ich dabei klarstellen: Die angezeigten Straftaten gegen queere Menschen sind nur die Spitze des Eisbergs, denn Expert*innen schätzen die Dunkelziffer um ein Vielfaches höher. Beleidigungen im öffentlichen Raum oder im Netz werden – auch aus Angst und Scham – oft nicht zur Anzeige gebracht.
"Zeig Flagge. Zeig's an!" – neue Kampagne in München
Eine neue Initiative soll das jetzt ändern: Die Koordinierungsstelle zur Gleichstellung von LGBTIQ* der Landeshauptstadt München hat zusammen mit dem Polizeipräsidium München, der LGBTIQ* Beratungsstelle Strong! und weiteren Fachstellen das Projekt "Zeig Flagge. Zeig's an!" ins Leben gerufen. Damit sollen queere Menschen ermutigt werden, Straftaten bei der Polizei zu melden. Das ist auch das einzig Richtige, selbst Anzeigen gegen Anonym sind wichtig, da auch sie in die Statistiken mit eingehen und Hass gegen Queers sichtbar machen. Zudem soll es vertrauensbildende Maßnahmen zwischen der Polizei und der Community geben.
Eine stärkere Sensibilisierung innerhalb der Polizei halte ich für genauso wichtig wie Solidarität und Support der breiten Gesellschaft. Nur wenn auch Nicht-Betroffene für die Rechte von uns queeren Menschen eintreten, können wir Hass und Gewalt den Nährboden entziehen. Damit kein schwuler Mann, keine lesbische Frau, keine trans* Person und niemand sonst aus meiner Community in Deutschland und weltweit mehr Beleidigungen und körperliche Angriffe auf offener Straße fürchten muss. Erst dann können wir als Gemeinschaft vorankommen.