11 Theaterstücke im Juli 2023, die ihr euch anschauen solltet
Vorhang auf, Bühne frei – der Juli ist da! Einige Theaterhäuser sonnen sich zwar bereits am Isarkies, doch andere starten erst im August in die Sommerpause. Daher solltet ihr die kommenden vier Wochen noch einmal richtig nutzen, damit der kalte Theaterentzug nicht allzu hart wird. Außerdem verlagert sich das ein oder andere Schauspiel nach draußen – zum Beispiel eingebettet in die wunderschöne Kulisse des Schloss Nymphenburgs. Macht euch bereit für spannende Stücke über KI, unsterbliches Leben, toxische Männlichkeit und vieles mehr!

1 "Jugend mit ohne Zukunft" – Volkstheater
Wir lieben es ja, wenn dem Theaternachwuchs eine Bühne gegeben wird. Die jungen Münchner*innen haben einfach zu viel Talent! "Jugend mit ohne Gott" ist eine Produktion vom BackstageKlub, dem Jugendklub des Volkstheaters, und blickt den Tatsachen knallhart ins Auge: Unser wunderschöner Planet steuert gerade zielsicher und mit Hochgeschwindigkeit gegen die Wand. Ende Gelände. So düster sehen es jedenfalls die fünf Protagonist*innen zu Beginn des Stücks. Doch kurz darauf werden sie von einer KI kreuz und quer durch die Zeit geschleudert. Am Ende brummt davon zwar der Schädel, aber ein bisschen Hoffnung keimt doch auch auf.

2 "Fluchtachterl in der Hafenbar" – TamS Theater
Es ist Sommer in Schwabing und das Theater am Sozialamt zieht uns mit bunten Szenen in seinen Bann – beziehungsweise in die Hafenbar. Die Friseurin aus dem Hochparterre trinkt ihren Aperitivo mit einem stadtbekannten Taschendieb, die Dame vom Fundbüro um die Ecke hat mehrere Halbwahrheiten mitgebracht und der Koch trägt seinen besten Frack. Alles wie immer, oder?

3 "Götz von Berlichingen" – Cuvilliéstheater
Goethe schrieb "Götz von Berlichingen" mit gerade mal 22 Jahren und stand damit noch ganz am Anfang seiner Schriftstellerkarriere. Doch nach der Veröffentlichung des Werkes ist er plötzlich in aller Munde. Es gibt eben auch einiges zu sagen über das Stück mit seinen 50 verschiedenen Schauplätzen, mehreren Parallelhandlungen und einer nahezu endlosen Liste an Charakteren. Die Hauptfigur Götz ist angelehnt an eine wahre Biografie und sollte damals eigentlich einen Freiheitskämpfer symbolisieren. Regisseur Alexander Eisenach sieht hier jedoch mehr einen reaktionären Wutbürger und inszeniert die literarische Grundlage dementsprechend modern(er).

4 "Slippery Slope" – Metropoltheater
Hurra, das Metropoltheater bespielt uns auch noch im August! Karten für das Mini-Musical "Slippery Slope" reserviert ihr aber dennoch besser früher als später. Hier begegnen wir mehreren Akteur*innen, die sich auf jeweils unterschiedliche Art mit Recht und Unrecht beschäftigen. In einer Zeit, in der Hilfsbereitschaft schnell als Grenzüberschreitung gilt, vor Humor gewarnt und Ironie bitte nicht ohne Disclaimer oder zumindest relativierendes Emoji verwendet werden soll, wird eine Figur nach der anderen gecancelt. Dabei stehen sämtliche Themen auf der Speisekarte: Rassismus, Sexismus, Machtmissbrauch, #MeToo, Feminismus, Social Media-Wahn, kulturelle Aneignung und viele mehr.

5 "Dantons Tod" – Residenztheater
Spoiler: Nicht alle Figuren werden das Stück überleben, so viel können wir verraten. Der Klassiker von Georg Büchner orientiert sich an den Vorgängen der Französischen Revolution, deren Maxime der Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit unser europäisches Verständnis von Demokratie geprägt hat. Der Autor konzentriert sich in seiner Weitergabe der Ereignisse allerdings nicht auf die glorreichen Momente, wie den Sturm auf die Bastille, sondern blickt auf wenige Tage gegen Ende der sogenannten Schreckensherrschaft der Jakobiner im Frühjahr 1794. Hier stehen sich Danton, Epikureer und Melancholiker, und Robespierre, Tugendterrorist und Dogmatiker, mitsamt ihrer Ideologien gegenüber.

6 "-- . -.. ..- ... ." – Akademietheater
Wundert euch nicht, der Titel der performativen Collage ist ein Morsecode, den ihr euch hier anhören könnt. Aber zum Inhalt: Die Theaterakademie August Everding und die Hochschule für Musik und Theater München haben sich zusammengetan, um gemeinsam ein Leben ohne Anfang und Ende zu erforschen. Wie würden wir Zeit wahrnehmen, wenn wir unsterblich wären? Bei diesem wilden Ritt zwischen Philosophie und Utopie wird Hafer verwendet. Wer also eine Allergie hat, sollte besser kein Ticket kaufen.

7 "Werther. Sprache der Liebe" – Teamtheater
Goethe steht im Juli anscheinend extra hoch im Kurs, denn auch das Teamtheater widmet sich dem deutschen Schriftsteller und wirft sich mit "Werther. Sprache der Liebe" in einen mitreißenden Strudel aus Rausch und Gefühl. Doch Regisseur Kristo Šagor behandelt das Erstlingswerk auf ganz eigene Weise und entdeckt in der Zerbrechlichkeit Goethes Schwärmerei, Weltflucht und Egoismus. Dabei dichtet Šagor kaum neuen Text zum Original hinzu, vielmehr setzt er die bereits bestehenden Zeilen neu zusammen. Und der gute, alte Werther wird von einer Frau gespielt. Lieben wir!

8 "Mutter**Land" – Werkraum (Kammerspiele)
Wenn sich eine Mutter und eine Tochter gemeinsam aufmachen, um sich der gemeinsamen Familiengeschichte auf musikalisch-theatrale Art zu nähern, kommt ein ganz besonderer Abend dabei heraus. Am 18. und 19. Juli 2023 könnt ihr die Kultsängerin Bernadette La Hengst bei dieser Reise begleiten. Dabei springt ihr zwischen Schlesien, der DDR, dem Libanon und der BRD hin und her. La Hengst fragt nach dem aktuellen Umgang mit Flucht und Vertreibung und findet so einen utopischen Heimatbegriff.

9 "Peer Gynt" – Schloss Nymphenburg
Wir sind seit Jahren begeisterte Fans der Arbeit des Ensemble Persona, das in den Sommermonaten das Schloss Nymphenburg zur Kulisse für seine Stücke macht. 2023 hat sich das Team im Zuge der Sommer-Festspiele einem neuen Stück gewidmet: "Peer Gynt" von Ibsen. Als wäre die Location nicht schon magisch genug, widmet sich auch der Stoff norwegischen Feenmärchen. Auf rastloser Reise durch eine phantastische Welt stürzt Peer Gynt von den Gipfeln des Erfolgs in tiefe Armut, ist Fantast, Verfolgter, Kaiser und schließlich ein Verzweifelter auf der Suche nach dem Sinn.

10 "Eddy" – Akademietheater
Das Ein-Mann-Stück "Eddy" beschäftigt sich mit sämtlichen grausamen Gesichtern von toxischer Männlichkeit. Im Mittelpunkt steht Eddy Bellegueule, der in einer xenophoben Umgebungen versucht, Fuß zu fassen. Als Opfer von Mobbing flüchtet er sich in die eigene Anpassung, versucht, ein "echter Kerl" zu werden. Die Wut über seine eigene unterdrückte feminine Seite lässt er an denjenigen aus, die ihm eigentlich so sehr gleichen. Dieser Theaterabend wird auf jeden Fall ungemütlich – und ist gerade deswegen so wichtig.

11 "In 80 Tage um die Welt" – Nymphenburger Schloss
Ihr habt diesen Sommer kein großes Budget für einen ausgedehnten Urlaub? Kein Problem, denn innerhalb eines Abend könnt ihr mit dem Ensemble Persona einmal um die ganze Welt reisen. Die Tickets für das Stück kosten dabei auch keine Monatsmiete – versprochen! In diesem schillernden Spektakel voller Poesie erzählt Jules Verne vom fiebrigen Streben nach Erfolg und stellt mit Leichtigkeit, Witz und Raffinesse zentrale Fragen an unsere moderne Existenz – auch mal vom Rücken eines Elefanten herunter.