Münchner Bürostorys #4: Bücher und Dackel im August Dreesbach Verlag
Text: Charlotte Diedrich
Jeden Morgen verlassen wir das Haus und pilgern auf den verschiedensten Wegen an die unterschiedlichsten Orte, die aber eines gemeinsam haben: Sie sind unser Arbeitsplatz und hier verbringen wir einen großen Teil unseres Tages. Aber wie sieht es in den Büros dieser Stadt eigentlich aus und was verbirgt sich hinter den Türen und Fassaden der Münchner Arbeitswelt? Vergesst Homestorys und fröhnt eurem Voyeurismus im vierten Teil unserer Münchner Bürostorys: Bücher basteln und mit Maxl kuscheln im August Dreesbach Verlag.
Bücher, Bücher, Bücher – das ist wohl das letzte, was man im Gewerbehof im Westend erwartet. Zwischen Donnersbergerbrücke und Heimeranplatz finden hier nämlich vor allem Schreinereien und große Maschinen ihren Platz. Dringt man trotz erster Irritationen, vorbei an Wertstoff-Containern, Gabelstaplern und Lastwagen, tiefer in den großen Gebäudekomplex ein, gelangt man ganz unerwartet zum August Dreesbach Verlag – und in einem Büro, das man direkt nicht mehr verlassen möchte.
Auf den breiten, von Neonröhren ausgeleuchteten Fluren dominiert noch der Geruch von Sperrholz, umso mehr man aber reinkommt, desto eher duftet es schon nach Kaffee. Große Fenster erhellen das loftartige Büro, in dem natürlich an jeder Wand bis oben hin gefüllte Bücherregale stehen. Wer sich jetzt immer noch nicht sicher ist, ob er wirklich richtig ist, für den steht in großen schwarzen Lettern – in einer der Lieblings-Schriften der Verlagsmenschen, der Soleil – AUGUST quer über die Wand geschrieben.
Schöne Bücher und große Manuskripte
Vor über zehn Jahren wurde der August Dreesbach Verlag gegründet. Anne Dreesbach hatte keine Lust mehr auf die lieblose Gestaltung von Büchern – und gründete kurzerhand ihren eigenen Verlag. An den Schreibtischen sitzen die Mitarbeiter und lesen konzentriert DIN A3 große Manuskripte, damit sie wirklich alle Fehler entdecken. Als wir reinkommen, scheint uns zuerst nur der Dackel Maxl zu bemerken und begrüßt uns. Aus der Konzentration gerissen kommt dann aber Bewegung in die Reihen. Erst einmal gibt es den gutriechenden Kaffee – Filterkaffee vom Kaffeekollektiv Café Libertad aus Hamburg, fair und bio natürlich. Die Kapselmaschine hat der Verlag zum Glück entsorgt.
Zu Beginn saß Anne Dreesbach mit ihrem Team noch in einem Schaufenster mit angeschlossener Buchhandlung in Schwabing. Der Platz wurde allerdings irgendwann zu klein für das wachsende Team, deshalb zogen der Verlag 2014 ins Westend. Inzwischen hat sich auch die Programmausrichtung erweitert. Neben Unternehmens- und Markengeschichten, wie die von MAN oder Pfanni, veröffentlicht der August Dreesbach Verlag auch Biografien verschiedenster Persönlichkeiten – vom geisteskranken bayerischen König über Jesus’ Manager bis hin zur glamourösen Filmproduzentin sind sämtliche Storys mit dabei.
München-Bücher und Typografie
Viele Bücher im Programm drehen sich auch um München: Entweder um die schönsten Seiten der Stadt, wie in den preisgekrönten Stadtführern, oder um die bunte Geschichte vom Tierpark Hellabrunn. Die große Leidenschaft der Verlagsdamen gilt aber definitiv der Typografie und dem Design (und natürlich dem Dackel Maxl), was sich vor allem in der Magazinreihe »Typotopografie« widerspiegelt, die in jeder Ausgabe eine andere Stadt unter künstlerisch-gestalterischen Gesichtspunkten erkundet.
Die Herstellung der Bücher und Magazine läuft im August Dreesbach Verlag genauso ab, wie man sich das bei einem gutem Verlag vorstellt: Das gesamte Projekt wird in einem Raum entwickelt – von dem Kunden- und Autorengespräch, der Wahl des Lesebändchens und Vorsatzpapiers, der Grafik und dem Setzen des Textes über die Recherche der Bildrechte bis hin zum Lektorat. Regional und handmade sozusagen.
Leinen in Flamingorosa und Goldfolie
Keine Selbstverständlichkeit mehr: In diesem Verlag machen sich Detailverliebtheit und Perfektionismus deutlich bemerkbar, denn jedes Buch ist einfach rund – Optik und Haptik sind immer perfekt auf den Inhalt und die Thematik abgestimmt, und auch mindestens genauso hochwertig. So wird hier weder an Leinen in Flamingorosa noch an Goldfolie gespart. Damit am Ende aber wirklich alles passt, müssen die vielen Schritte der Buchproduktion ständig abgesprochen werden.
Mit geschultem Blick werden hier also Schriften, Papiere, Farbe und Form des Buches passend zum Inhalt zusammengestellt. Anne Dreesbach ist nicht nur Chefin des Verlages, sondern auch die Grafikerin – sie kümmert sich höchstpersönlich um jedes Layout. Währenddessen wird das Manuskript im Erstlektorat auf Herz und Nieren geprüft und sprachlich aufpoliert.
Nachdem der Inhalt gesetzt ist, kommt das Ganze erneut ins Lektorat – bis es gedruckt wird, wird das Buch bis zu zwanzig Mal gelesen und überarbeitet, damit auch der kleinste Tippfehler gefunden ist. Danach werden die Druckdaten geschrieben und hochgeladen. Die Drucker und Buchbinder des Vertrauens kümmern sich um den Rest. Bis ein Buch fertig ist, kann also schon eine ganze Weile vergehen, aber das ist auch gut so, denn ändern kann man analog ja nichts mehr. Bücher machen – definitiv nur etwas für Perfektionisten!
Maxl darf jetzt schon nach Hause dackeln, wir bleiben noch zum Mittagessen. Meistens bringt sich jeder selbst was mit, manchmal gibt’s auch einen Ausflug ins Westend zu S.A.M. zum Beispiel. Immer gut ist auch der Best Döner gegenüber – die Schlange ist zwar lang, aber trotz frisch gebackenem Brot geht es hier überraschend schnell. Nach der Stärkung wird der Tisch abgeräumt, zur Besprechung geht es auf die gelbe Couch. Im Büro wird es wieder still, nur die Geräusche aus den umliegenden Werkstätten sind zu hören – Walzen und Sägen und Druckpressen.
Wer arbeitet hier // Sieben Frauen, ein Mann und ein Dackel!
Seit wann // Seit 2014 – davor war der Verlag in einem Schwabinger Schaufenster.
Was gibt’s zu Mittag? // Im Sommer Salat von Zuhause, im Winter Suppen von Aldi und Döner ganzjährig!
Was ist spezial // Der Dackel Maxl natürlich, die AUGUST-Schrift, die gelben Akzente und das Loftartige.