Kleine, geile Firmen #34 – Nachhaltige Mode von The URA Collective
Flo, Nick und Nadine kennen sich schon lange, teilweise seit der Schulzeit. 2016 haben die drei ihr nachhaltiges Modelabel The URA Collective gegründet, bei dem sie aus Restware von Textilfabriken Kleidung produzieren. Die Freunde haben dabei komplett unterschiedlich berufliche Backgrounds, aber Nadine ist Designerin und schneidert jetzt für das nachhaltige Modelabel T-Shirts und Hoodies. Im Moment können Flo, Nick und Nadine noch nicht von ihrer Label leben, aber ihnen geht es, wie sie sagen, nicht nur ums Geld verdienen, sondern um die Message hinter The URA Collective.
Wie seid ihr auf die Idee gekommen, Shirts aus Restware zu produzieren?
The URA Collective: Nick war von diesen einfachen T-Shirts mit fettem Logo drauf gelangweilt und wollte für sich selbst mal etwas anderes. Schließlich hat Nadine aus seinen alten T-Shirts, die kaputt oder zu klein waren, etwas Neues geschneidert. Erst einmal gab es nur zwei, drei Shirts dieser Machart, die Freunden von uns so gut gefallen haben, dass sie auch solche Shirts haben wollten. So ging das dann langsam los: Wir haben zwanzig Shirts produziert, verkauft und uns dann überlegt, die Idee hat eigentlich so viel Potential, dass man daraus ein Label gründen könnte. Voraussetzung dafür war einen fairen Produzenten zu finden, der uns mit Reststoffen versorgt und unsere Mode produziert.
Woher bezieht ihr denn eure Reststoffe?
Wir waren tatsächlich lange Zeit auf der Suche nach einem Produzenten, der das in dem Stil macht, wie wir es uns vorstellen. Das Problem hierbei war oft, dass viele Firmen in kleinen Auflagen gar nicht erst produzieren wollen, weil es nicht lukrativ genug ist. Durch Zufall haben wir dann einen Textilproduzenten kennengelernt, dem unsere Idee gefallen hat, weil bei ihm in der Produktion auch einiges an Reststoffen liegen bleibt.
In den meisten Fällen werden diese Reste aber nicht genutzt und zum Beispiel verbrannt, weil das für Unternehmen günstiger ist, als sie einzulagern um sie irgendwann weiterverwenden zu können.
Worauf habt ihr bei der Wahl eures Produzenten besonders geachtet?
Die Firma, von der wir unseren Reststoff beziehen, näht und produziert gleichzeitig für uns und hat sich auf Stoffe aus Hanf spezialisiert. Was uns dabei wichtig war, ist beispielsweise die vertikale Wertschöpfungskette, das heißt vom Setzen der Saat für der Hanf, bis hin zum fertigen Produkt legt die Firma selbst Hand an. Ein fairer Umgang mit den Mitarbeitern war uns natürlich auch sehr wichtig. Wir haben uns da in der Fabrik auch selbst ein Bild darüber gemacht, um zu schauen, ob das alles korrekt abläuft.
Bleibt in Textilfabriken bei der Produktion generell viel Stoff übrig?
Eigentlich ist das normal, ja. Großkunden bestellen meistens mehr als sie letztendlich brauchen, damit sie schnell und flexibel auf Anfragen reagieren können. Da bleiben eigentlich immer ein paar Meter Stoff übrig, hinzu kommen noch Fetzen, die nach dem Ausschneiden nicht weiter verwertet werden. Das sind dann genau die Stoffe, die wir für unsere Mode verwenden. In den meisten Fällen werden diese Reste aber nicht genutzt und zum Beispiel verbrannt, weil das für Unternehmen günstiger ist, als sie einzulagern um sie irgendwann weiterverwenden zu können.
Bei Lebensmitteln geht der Trend ja schon seit längerem zur Nachhaltigkeit und einem bewussteren Umgang. Wie nehmt ihr das in der Textilbranche wahr?
Die Lebensmittel- und die Textilbranche kann man ziemlich gut vergleichen. In beiden Bereichen wird wahnsinnig viel weggeworfenen, aber unsere Generation hat da mittlerweile eher ein Auge dafür und fragt sich: Wo kommt das her? Wie wurde das produziert? Trotzdem ist es immer noch krass, wie viel verschwendet wird. In der Textilindustrie ist der Trend aber noch nicht so ganz angekommen wie bei Lebensmitteln. Ich glaube, die Leute wissen einfach noch zu wenig darüber, wie es in der Branche zugeht. Wie dreckig sie eigentlich ist. Das ist auch so ein bisschen unser Ziel, da mal drauf hinzuweisen und die Leute darüber aufzuklären. Wir glauben, dass sich das Verhältnis der Menschen zur Textilindustrie in der Zukunft ändern wird oder fast schon ändern muss.
Wir glauben, dass sich das Verhältnis der Menschen zur Textilindustrie in der Zukunft ändern wird oder fast schon ändern muss.
Was ist denn an der Textilindustrie so problematisch?
Naja, nach der Ölindustrie ist sie eigentlich die zweitschädlichste für die Umwelt. Es werden leider wahnsinnig viele Chemikalien genutzt, die Stoffe und Produkte werden einmal quer um den Globus geschifft oder auf anderen Transportwegen verladen. Für die Produktion der Stoffe, das Nähen und letztendlich den Verkauf, wird die Ware für fast jeden Schritt an einen anderen Ort transportiert. Von den Bedingungen unter denen Menschen Kleidungsstücke produzieren, ganz zu schweigen. Dafür, dass diese Branche so problematisch ist, wird aber noch viel zu wenig darüber gesprochen.
Was ist denn eure Message?
Dass es richtig ist oder besser wäre, weniger Klamotten zu besitzen und einfach generell weniger zu konsumieren. Also lieber ein paar Lieblingsstücke besitzen, als den eigenen Kleiderschrank mit neuen Klamotten völlig zuzubomben. Sich auch Gedanken über das System machen: Wer ist der Produzent meiner Kleidung und für was steht der? Bei großen bekannten Modehäusern werden Kleidungsstücke unter einem Euro produziert, aber für Marketing mit berühmten Persönlichkeiten werden Unsummen ausgegeben. Die Verteilung des Geldes ist einfach nicht fair, man kann sich ja denken, was dann bei denen, die die Kleidung herstellen, hängen bleibt.
Bei uns ist auch mal der Satz gefallen: Egal, ob unsere Firma irgendwann mal den Bach runtergeht, wenn wir es geschafft haben, dass sich mehr Menschen darüber Gedanken machen, was sie sich da kaufen, haben wir unser Ziel schon erreicht. Der Konsument hat letztendlich immer noch die Macht über alles.
Wenn wir es geschafft haben, dass sich mehr Menschen darüber Gedanken machen, was sie sich da kaufen, haben wir unser Ziel schon erreicht.
Wenn man sich für diese Thematik interessiert und mehr darüber lernen will, wie und wo kommt man an die Infos?
Da muss man sich wirklich hinsetzen und ein bisschen Eigenrecherche betreiben. Wir haben aber auf unserer Homepage einiges an Infos zusammengetragen, man kann sich da also schon mal einen guten Überblick verschaffen.
München legt gern selbst Hand an. Fast jede Woche gründet sich hier eine neue Firma, wird ein neues Label vorgestellt oder neues Produkt lanciert. Wir stellen euch die kleinen, geilen Firmen der Stadt vor. Die Bedingungen sind simpel. Klein müssen sie sein, das heißt weniger als zehn Mitarbeiter und natürlich: Geil.