"Parkplatz finden ist auch eine Kunst" – Wie ein Viertel zur Leinwand wird
In Neonfarben leuchten seit einiger Zeit Plakate von Wänden und Litfaßsäulen. „Maxvorstadt? Kunst gibt es bei euch nur im Museum“. „Giesing? Eure einzigen Künstler sind die Braumeister“. Viertelbashing in Großbuchstaben. Dahinter stecken keine frustrierten Münchenhasser, sondern Martin Eggert und David Stephan, die ihre Stadt mehr als lieben. Das Ganze ist die Kampagne zu ihrem neuesten Projekt „Dein Viertel. Deine Leinwand“. Ab 11. Juli belebt die Aktion für vier Wochen das Gärtnerplatzviertel neu. Back to the roots: Sie bringen die Kunst zurück ins Viertel.
Der Gärtnerplatz – Mittelpunkt eines Viertels, das sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend verändert hat. Man könnte ihn als Zentrum der Gentrifizierung in München beschreiben. Als Ausgangspunkt für eine Entwicklung immer weiter weg von dem, was es einmal war. Erst Arbeiter-, dann Künstlerviertel. Jedenfalls immer ein Ort für ein gutes Miteinander. Klingt jetzt ganz schön nach Schwarzmalerei. In den Straßen rund um den Gärtnerplatz passiert noch immer viel, vor allem im kreativen Bereich. Kleine Galerien und Läden gibt es hier genauso wie Kreativagenturen. Was hat sich also verändert?
Das Viertel stand immer für Vielfalt, Kunst und Kultur. Jetzt kocht jeder sein eigenes Süppchen.
Die Initiatoren des Projekt Martin und David sind beide eng mit dem Gärtnerplatzviertel verbunden. Sie leben und arbeiten im Stadtteil, sind hier zum Teil aufgewachsen. Leider mussten sie feststellen, dass das früher so lebendige und vor allem im Kunstbereich aktive Viertel immer mehr abflaute. „Alles passiert hinter geschlossenen Türen. Es gibt keine Community mehr“, so Martin. Kaum Austausch, kaum Miteinander. Sie überlegen sich, wie sie wieder für mehr Gemeinschaft sorgen können. Aus einer klassischen Schnapsidee beim Feierabenddrink ist nun ein Projekt entstanden, das den anfangs angedachten Rahmen schon längst gesprengt hat.
Den Rahmen sprengen, soll auch die Kunst. Um ihre Idee umzusetzen, haben sie sich über 40 ansässige Galerien, Gastronomiebetriebe und Shops ins Boot geholt. Läden werden zu Ausstellungsräumen, Schaufenster zu Leinwänden. „Dein Viertel. Deine Leinwand.“ ist eine Plattform für junge Kunst – der Großteil der mitwirkenden Künstler kommt aus München, darunter Sebastian Wandl von Haus 75, der Fotograf Nick Frank und Christian Hundertmark als einer der ersten deutschen Künstler der Urban Art Bewegung. Es ist aber auch eine Plattform für die Bewohner und Gewerbetreibenden. Jeder kann sich einbringen und mitgestalten. Neben der Kunst wird es auch Partys, Musik und Workshops geben. Für einen Monat wird sich das Viertel verwandeln. Sogar der Tengelmann am Gärtnerplatz bekommt ein Makeover. Das ganze Projekt hat Dimensionen angenommen, mit denen die Macher nie gerechnet hätten. Um die Aktion überhaupt noch stemmen zu können, haben sie sich Unterstützung von Red Bull geholt. Die waren begeistert von der Idee und können sich vorstellen, "Dein Viertel. Deine Leinwand" auch in andere Städte zu bringen.
Egal, an welchem Tag ihr vorbeischauen wollt – ihr werdet immer etwas zu sehen bekommen. Das Programm ist ziemlich umfangreich. Im Aktionszeitraum von 11. Juli bis 7. August wird außerdem die ehemalige Klenzeapotheke zum temporären "Viertelquartier". Ein Ort zum Zusammenkommen. Zusammen sitzen, quatschen, Kunst gucken, trinken, arbeiten und einfach eine gute Zeit haben. Eigentlich waren die Jungs nur auf der Suche nach einer Lagermöglichkeit. Jetzt ist die alte Apotheke zentraler Anlaufpunkt für Künstler und Besucher gleichermaßen.
Da kommt also einiges zu auf das Gärtnerplatzviertel. Volles Programm. Auf dass es klappt mit der Wiederbelebung und das Parkplatzfinden nicht die einzige Kunst im Viertel bleibt.
Dein Viertel. Deine Leinwand // Gärtnerplatzviertel // 11.Juli–07.August // Alle Infos zu den Locations, Events und Terminen gibt's hier.