Das München-ABC: H wie Hunde
München ist wahnsinnig schön – und manchmal auch ein bisschen langweilig, spießig und streng. Zu sauber und zu geregelt. Wenn dir auch jedes Mal auf der Isar-Brücke die Knie weich werden und dich aber nichts mehr aufregt als unsere Öffnungszeiten, Tanzverbote und Mutlosigkeit, dann bist du hier genau richtig. In unserem ABC schreiben wir auf, was wir an dieser Stadt unendlich gut, aber auch ziemlich beschissen finden. Diesmal: München – die Stadt der Hunde.
Die Menschheit lässt sich ja bekanntlich in Hunde- und in Katzenmenschen einteilen – und dann gibt es mich: Ich mag irgendwie alle, aber nur solange sie mich nicht nerven und ich sie nicht mit nach Hause schleppen muss. So geht es mir aber auch mit Babys, den meisten Männern und Bierkästen.
Diese Meinung teile ich in Bezug auf Hunde anscheinend mit etwa 30.000 Münchnern – nicht. Denn irgendwo in dieser Größenordnung bewegt sich die Anzahl der angemeldeten Hunde in der Stadt. Stolz. Die finden Hunde also nicht nur gut, sondern nehmen sie auch gerne mit nach Hause.
Ich mag irgendwie alle, aber nur solange sie mich nicht nerven und ich sie nicht mit nach Hause schleppen muss. So geht es mir aber auch mit Babys, den meisten Männern und Bierkästen.
An diesem Punkt kommt mir direkt die ein oder andere Frage in den Sinn. In einer Stadt, in der man als Mensch schon unheimliche Schwierigkeiten hat eine Wohnung zu finden: Wie macht man das, wenn man ein Mensch mit Hund ist? Wie sehr muss man sein Leben unter Kontrolle haben, um genügend Zeit für tägliche Gassirunden zu finden? Zweckentfremdet man Hundekotbeutel auch manchmal als Pausenbrottüten?
Für mich als jemand, dessen Verantwortungspensum schon damit erreicht ist, meinen Hausschlüssel nicht zu verlieren, sind Hundehalter ein Mysterium. So wie Eltern eigentlich auch, aber so ein Kind ist ja nicht in allen Fällen eine bewusste Entscheidung – das passiert schon mal. Ein Hund nicht, den sucht man sich immer aus. Immer.
Und da ist es interessant zu sehen, welchen Hund sich der Münchner so aussucht und hin und wieder keimt der Verdacht auf, der vierbeinige Begleiter könnte nicht nur Freund oder Familienmitglied, sondern auch ein wohlgewähltes Accessoire sein. Es gibt ja die Idee, dass sich Herrchen oft Hunde aussuchen , die ihnen ähneln oder eben zumindest rein optisch dazu passen.
Meine Theorie geht noch weiter und ich behaupte, dass der vierbeinige Freund auch zur Inneneinrichtung passen sollte. So ein kurzfelliger, schlanker und glänzender Weimaraner mit seinem breiten Lederhalsband, das vermutlich mehr kostet als all meine Möbel zusammen, fügt sich besser in den skandinavischen Clean-Chic, als die strubbelige Promenadenmischung aus dem ungarischen Glascontainer. Aber alles reine Spekulation.
München ist auch eine Stadt mit einem überproportional hohen Anteil an Singlehaushalten. Ein Schelm, wer da den Zusammenhang zu sehen glaubt.
Genau wie die weiteren möglichen Gründe für die Hundehaltung in der Stadt, abgesehen von der Accessoire-Funktion. Klar, München ist nicht der typische Großstadtdschungel, aber nur weil da theoretisch die Isar und die unzähligen Grünflächen sind, schafft man sich nicht gleich einen Hund an.
Um daher weitere fragwürdige Theorien zum Thema Hundehaltung aufzustellen: München ist auch eine Stadt mit einem überproportional hohen Anteil an Singlehaushalten. Ein Schelm, wer da den Zusammenhang zu sehen glaubt. Aber irgendeinen Nutzen muss man doch daraus ziehen, wenn man sich tagtäglich nach den Hinterlassenschaften des felligen Freundes bücken muss. Außer den Trainingseffekt.
Bedingungslose Liebe zum Beispiel, die einem das Herz aufgehen lässt, wenn Waldi in die Hausschuhe gepieselt hat und einen danach schuldbewusst anglotzt und -wimmert. Und ganz wichtig: Bedingungslose Treue. In Zeiten, in denen es schon zu viel verlangt ist, sich auch nur auf Kleinigkeiten festzulegen (könnte ja ein besseres Angebot kommen!) sorgt so ein Hund für Konstanz. Und da macht es dann auf einmal Sinn, dass sich so viele Münchner einen Vierbeiner ins Haus holen. Insofern natürlich der Vermieter mitmacht.