Ausflugsvergnügen: Ein perfektes Wochenende im Kleinwalsertal
Das Kleinwalsertal ist der womöglich schönste Zipfel, den ich je gesehen habe. Es liegt eigentlich in österreichischem Staatsgebiet, ist aber nur über Deutschland erreichbar. Ins Tal hinein gelangt man nur über das Allgäu, am Talende ist dann Endstation. Offiziell nennt man territoriale Zipfel übrigens funktionale Exklaven.
Freitag, 17.00 Uhr: Ankommen & Beine vertreten
Wir sind vor guten zwei Stunden in München gestartet, haben das wunderschöne Oberallgäu durchquert und schlängeln uns jetzt ins Kleinwalsertal hinein. Links und rechts satte grüne Wiesen vor einer Berg-Szenerie wie sie im alpenländischen Bilderbuche steht. Das Kleinwalsertal ist eine fast schon irritierende Idylle. Aber wir sind bereit für kitschige Kulisse, saubere Luft, Kühe, Käse und Bewegung am Berg.
Erst einmal checken wir ins Landhaus Bromm oben am Hang in Riezlern ein. Die Pension wurde von der jungen Generation übernommen und modern renoviert. Unser Zimmer ist superschön im „clean-alpinen“ Stil gehalten. Der Füße-Vertreter-Tipp von unseren Gastgebern: Ein kurzer Spaziergang zur Naturbrücke. Ein hervorragender Tipp. Nach einer Viertelstunde stehen wir schon an dem kühlen Spot mitten im Wald über den türkis-klaren Schwarzwasserbach. Es strudelt, gluckert und plätschert. Kleine Wasserfälle, Waldduft – München, du bist ganz schön weit weg.
Landhaus Bromm | Eggstrasse 27a, A-6991 Riezlern im Kleinwalsertal | Mehr Info
Freitag, 19.00 Uhr: Einkehren in die Walserstuba
Was macht man, wenn man als Münchner in die Berge fährt? Man geht in ein Sternerestaurant, eh klar. Nur, dass die Walserstuba sowas von null Tantris ist. Gemütlich, bodenständig und absolut bezahlbar. Jeremias Riezler ist Österreichs Genusswirt des Jahres, trägt Gault-Millau Hauben und serviert uns ein sensationelles wie außergewöhnliches Drei-Gang-Menü samt Getränke vom Wein bis zum Kaffee für 59 Euro. Danach steckt das halbe Tal in uns: vom regionalen Fleisch über Fichtensprossen bis hin zum kompletten Kräuterwald.
Walserstuba | Eggstrasse 2, A-6991 Riezlern | Mittwoch – Sonntag ab 18.30 Uhr | Mehr Info
Samstag, 08.30 Uhr: Essen, Sonnen, Schauen
Beim Frühstück auf der Sonnenterrasse haben wir besten Blick auf den Ifen. Das Tolle am Kleinwalsertal ist auch, dass es einen schnell wie einen Bergexperten erscheinen lässt. Auch wenn man sonst keinen einzigen Gipfel identifizieren kann und stets stumm nickt, wenn die anderen jegliche Berge benennen – hier kann man auftrumpfen. Am Talende steht der wuchtige Widderstein – hohes Wiedererkennungspotential.
Und dann wäre da eben noch der Ifen, auf den wir zum Käsefrühstück (Kleinwalsertal = Käse-Loading) blicken. Er ist im wahrsten Sinne des Wortes ein schräger Berg: ein lang gezogener Felsklotz, der langsam ansteigt und keine tatsächliche Spitze hat. Darunter liegt das Gottesackerplateau, eine zerschrundene Karstlandschaft mit zig Höhlen.
Samstag, 9.30 Uhr: Aufbruchsstimmung auf den Gipfel
Wir müssen uns ein wenig überreden, aber wir brechen auf. Bei unserer Unterkunft ist das Bergbahnticket inklusive und mit dem Bus fährt man sowieso gratis, wenn man im Tal nächtigt. Und so nehmen wir den Walserbus zur Walmendingerhornbahn. Hier in Mittelberg am Talende ist deutlich weniger los, als in Riezlern an der Kanzelwandbahn.
Wir sind schnell oben auf fast zweitausend Metern (genialer Blick auf den Widderstein...) und gehen in 15 Minuten auf den Gipfel des Horns – und wieder hinunter zum Einstieg des Wanderweges Richtung Schwarzwasserhütte. Zweieinhalb Stunden marschieren wir durch diese wunderschöne Landschaft und haben konstantes Prachtpanorama (mitsamt Ifen) vor der Nase.
Walmendingerhornbahn | Moosstraße 4, A-6993 Mittelberg, Österreich | 01. Juli – 05. November täglich: 08.30–16.45 Uhr | Berg- und Talfahrt: 25,50 Euro | Mehr Info
Samstag, 13 Uhr: Einkehr auf der Schwarzwasserhütte
Wir haben Hunger. Wir haben großen Hunger. Diese Luft, diese Bewegung – und diese Hütte, die schon so saftig in den Wiesen liegt. Wenn man von einem Haus im Grünen spricht, dann sollte man sich mal die Schwarzwasserhütte zu Gemüte führen. Die Hüttenwirte sind jung und begabt. Zumindest serviert uns die Wirtin Nicole einen selbstgemachten Kaiserschmarrn, der so gut ist, dass wir sie mit einpacken und nach München importieren wollen.
Schwarzwasserhütte | Schwarzwasserhütte 1, A-6992 Hirschegg, Österreich | Im Sommer warme Küche: 11.00–19.00 Uhr | Mehr Info
Samstag, 15.30 Uhr: Käse-Shopping
Voller Schmarrn im Magen wandern wir weiter entlang des Schwarzwasserbachs und kommen schon wieder zum nächsten Traum-Spot. Bei der Alpe Melköde könnte man eigentlich sofort wieder einkehren. Es leuchtet auch das Schild mit den Gerichten so unfassbar fies herüber. Aber da geht nix mehr rein. Was machen wir, schlau wie wir sind? Wir decken uns ein. Die Alpe stellt ihren eigenen Käse her und wir beschweren unsere Rucksäcke mit unserem Abendbrot.
Alpe Melköde | Almhütte 1, A-6992 Hirschegg | Mehr Info
Samstag, 19.00 Uhr: Käse-Abschluss
Von der Talstation am Ifen nehmen wir den Walserbus zurück zu den Bromms. Nach einer langen Duscheinheit und kurzem Nickerchen sitzen wir auf der Terrasse und essen mal wieder Käse und trinken Wein. Mit Blick auf den guten alten Ifen.
Sonntag, 10.00 Uhr: Auf zur Alpe
Die Aussicht beim Frühstück ist wie am Vortag – aber wir haben dann doch zu Müsli und süßen Varianten gegriffen. Den Käse verdauen wir ja noch. Aber die Wanderung zur Stutzalpe wird wahrscheinlich kulinarisch wieder ähnliches bringen... In einer guten Stunde sind wir von Mittelberg oben. Es ist eine urige Alpsennerei, die im Jahr 1700 erbaut wurde.
Der Ausblick ist natürlich ein einziges Spektakel: 16 Walser Gipfel könnt ihr von hier aus erspähen und der Hüttenwirt namens Helle listet sie alle auf. Wir trumpfen natürlich souverän mit dem Widderstein auf. Helle und seine Frau wissen so einiges. Auch wie man uns kulinarisch verwöhnt und unsere Rucksäcke erneut mit selbst gemachtem Bergkäse overloaded.
Stutzalpe | Stutzalpe, A-6993 Mittelberg | Im Sommer täglich: 09.30–17.00 Uhr | Mehr Info
Sonntag, 15.00 Uhr: Cantina Vertical & Ab nach Hause
Bevor wir das Tal verlassen, hieß es, muss man als Münchner mal ein wirklich gutes Café erleben. Ja, klar. Wir ziehen die Augenbrauen schon ein wenig zweifelnd nach oben. Menschen vom Tal erzählen uns hippen Großstädtern was über Café-Kultur?
Aber da schau her: super gechillt sitzt man hier in Riezlern und konsumiert frisch gepresste Säfte zum frisch gebackenen Kuchen. Es gibt Bagel-Türme, leckere Panini und tatsächlich ausgezeichneten Kaffee. Und was erfahren wir da? Die Chefin hat das Café Tagträumer in der Dreimühlenstraße geführt. Okay. Haben wir zu Hause wenigstens eine Kleinwalsertal Erinnerung.
Cantina Vertical | Walserstraße 70, A-6991 Riezlern | täglich 10.00–18.00 Uhr | Mehr Info