Mehr als nur günstiger Kaffee: Das Café im Bellevue di Monaco
Die Halbwertszeit eines Internetvideos beträgt meist nur wenige Stunden, vielleicht auch Tage, bevor es wieder in der digitalen Versenkung verschwindet. Nur die wenigsten erlangen Weltruhm. Dazu gehören dann so Klassiker wie "Charlie the Unicorn", "David After Dentist" oder "Sneezing Baby Panda". Nicht zu Weltruhm, aber zu München-Fame schaffte es 2013 ein Video, das mir vor ein paar Tagen wieder in den Sinn kam.
Darin ging es um die Renovierung des Wohnhauses an der Müllerstraße 6, direkt neben der Glockenbachwerkstatt. Vielleicht erinnert sich der ein oder andere. Das Haus sollte abgerissen werden und einem typischen Münchner Immobilien-Spekulations-Neubau-Objekt weichen. In dem Video engagieren sich berühmte Münchner – darunter Rapperin Fiva, Mehmet Scholl, Kabarett-Urgestein Dieter Hildebrandt und die Jungs von Moop Mama, Blumentopf und den Sportfreunden Stiller – für den Erhalt und gegen den Abriss der Müllerstraße 6.
Wenn man heute an der Adresse vorbeiläuft, weiß man: Die Aktion war erfolgreich, denn das Gebäude steht noch und ist von einem Baugerüst umhüllt. Drinnen tut sich schon seit einigen Jahren etwas, denn hier sind nicht einfach normale Wohnungen entstanden, sondern Wohnraum für Flüchtlinge, die meisten davon minderjährig und unbegleitet, aber auch Familien hier einen Platz gefunden.
Das Café im Bellevue di Monaco soll ganz einfach ein Ort für alle sein – Bewohner, Nachbarn, Unterstützer und jeden, der zufällig hineinstolpert.
Das Projekt mit dem Namen Bellevue di Monaco ist ein Paradebeispiel für erfolgreiches Engagement in München und ein schöner Gegenpol zur ewig diskutierten Gentrifizierung der Stadt. Erst letzte Woche folgte auch schon der neueste Streich: Ein Café im Erdgeschoss der Müllerstraße 6. Mit neuen Cafés lockt man uns und vermutlich sonst auch alle Münchner leicht hinter dem Ofen hervor und genau das ist das Ziel. Das Café im Bellevue di Monaco soll ganz einfach ein Ort für alle sein – Bewohner, Nachbarn, Unterstützer und jeden, der zufällig hineinstolpert.
In den letzten Wochen haben viele Handwerker und Helfer dafür gesorgt, dass aus dem Ladenlokal im Erdgeschoss ein Café wird, das sich nicht vor den durchgestylten Glockenbach-Gastronomien verstecken muss – ganz im Gegenteil. Der Gastraum ist hell mit einer hohen Decke und schlichten, aber schönen Holzmöbeln. Das Zentrum bildet die mit hellem Holz verkleidete Bar und durch die hohen Fenster schaut man zwar noch auf das verhüllte Baugerüst, aber das ist nur ein winziger Wermutstropfen, der leicht zu verschmerzen ist.
Es ist sowieso viel interessanter, was drinnen passiert. Wie sich das in einem Café gehört, gibt es natürlich heiße Getränke, kalte Getränke, Kuchen und auch Alkohol. Die Preise sind unschlagbar und nachdem wir uns damit abgefunden haben, dass der Münchner Durchschnitts-Cappuccino vielerorts die drei Euro Marke schon längst gesprengt hat, sind die 2,40 Euro eine Wohltat. Für unsere große Schorle zahlen wir gerade mal 2,60 Euro.
Richtig spannend wird es dann aber beim Blick auf die Essenskarte. Die Mittagskarte besteht aus einem täglich wechselnden Menü – und, weil hier auch viele der betreuten Flüchtlinge arbeiten und helfen, gibt es mal ein syrisches, ein senegalesisches oder auch ein Menü mit äthiopischen Spezialitäten. Ab 16 Uhr stehen arabische Mezze (Vorspeisen) auf der Karte. Für den kleinen Hunger gibt es ein Sandwich mit Pidebrot, Räuchertofu, Rucola und getrockneten Tomaten.
Die Einnahmen, die das Café in Zukunft generieren soll, fließen direkt wieder in die gemeinnützigen Projekte des Bellevue di Monaco
Wer genau hinschaut, stellt fest, dass alle Gerichte vegetarisch sind. Im Bellevue di Monaco treffen nicht nur die unterschiedlichsten Kulturen und ihre Essgewohnheiten aufeinander, es wird auch viel Wert auf Nachhaltigkeit gelegt, daher ist die vegetarische Speisekarte naheliegend. Auch ungewohnt sind die Preise für das Mittagsgericht. Auf der Karte steht eine Preisspanne von 6,50 bis 10 Euro für das Menü. Das heißt nicht, dass man nach Menge bezahlt, sondern ganz einfach so viel, wie man kann.
Neben Nachhaltigkeit ist also Solidarität ein Stichwort, denn die Einnahmen, die das Café in Zukunft generieren soll, fließen direkt wieder in die gemeinnützigen Projekte des Bellevue di Monaco. Zum Beispiel in das Infocafé, in dem eine ehrenamtliche Asyl- und Migrationsberatung untergebracht sind. Zusätzlich zum "normalen" Café und Bar-Betrieb soll es bald auch verschiedene Veranstaltungen wie Filmabende oder kleine Konzerte geben.
Noch ist alles ganz frisch – viele der Mitarbeiter helfen ehrenamtlich aus und während wir unseren Kaffee trinken, verändert sich die Einrichtung noch ein bisschen. Langfristig soll das Café aber nicht nur ein Begegnungsort sein, sondern auch fixer Arbeitsplatz für mehrere Angestellte. So oder so, im Bellevue di Monaco ist nicht nur ein tolles solidarisches Projekt entstanden, sondern ganz einfach ein lässiges Café, in dem man sich entspannt auf einen Kaffee trifft, zu Mittag isst oder sich am Abend ein günstiges Bier gönnt. Sozusagen perfekt integriert in das eigentlich so bunte Glockenbach!
Unbedingt probieren // Die wechselnden Mittagsmenüs!
Vegetarisch // Alles.
Mit wem gehst du hin // Mit Freunden, den Kollegen, Besuch aus der Heimat oder auch einfach allein.
Lärmfaktor // Alles ganz entspannt.
Preise // Cappuccino: 2,40 Euro, große Schorle: 2,60 Euro, Mittagsmenü ab 6,50 Euro
Besonderheit des Ladens // Die Gemeinnützigkeit und das Infocafé für Asylsuchende und Migranten in der Galerie des Lokals.
Bellevue di Monaco | Müllerstraße 6, 80469 München | Dienstag – Donnerstag: 10.00–22.00 Uhr, Freitag & Samstag: 10.00–01.00 Uhr | Mehr Info