Zwischen bodenständig und ausgefallen: Kini's Kitchen am Leonrodplatz

Also ganz ehrlich: Der Leonrodplatz ist für mich irgendwie ein Unort. Ich bin dort nie und abgesehen vom Import Export und dem Kreativquartier, das ich viel zu selten besuche, gibt es auch keinen richtigen Grund dort abzuhängen. Also das dachte ich zumindest bis ich das erste Mal in Kini's Kitchen war. Das Restaurant gibt es seit Anfang des Jahres und stand ehrlicherweise schon länger auf der Liste, aber wie gesagt: Leonrodplatz = Unort.

Die erste Frage, die ich mir stelle, wenn ich einen relativ neuen Laden betrete ist meistens: Was war hier eigentlich vorher drin? In diesem Fall war das Leon's Wirtshaus, von dem ich – um weiterhin ehrlich zu sein – auch noch nie etwas gehört habe. Umso erstaunlicher, dass die Räumlichkeiten schon seit fast hundert Jahren verschiedene Wirtshäuser beherbergen. Nun ist es mit Kini's Kitchen ein Lokal, das den Spagat zwischen traditioneller Bodenständigkeit und der gewissen Prise Extravaganz wagt. Mit Erfolg.

Kinis Kitchen
© Nina Vogl
Kinis Kitchen
© Nina Vogl

Keiner der vier Betreiber ist ein klassischer Gastronom. Alle sind in ganz anderen Branchen selbstständig, doch als sich die Möglichkeit ergab, die Räumlichkeiten zu übernehmen, schlugen sie gemeinsam zu und krempelten den Laden komplett um. Aus einem typischen Münchner Wirtshaus – dunkle Holzvertäfelung, noch dunklere Tische und klassischer Schweinebraten – wurde ein farbenfrohes, helles und einladendes Restaurant. Den Schweinebraten gibt es zwar noch, aber der kommt nicht mehr gar so klassisch daher.

Und bevor jetzt der Aufschrei groß ist von wegen: Mei, scho wieder muss ein Wirtshaus so einem modernen Konzept weichen und dann auch noch nach dem König Ludwig II. aka Märchenkönig aka Kini benannt werden. Aber hey, Kini's Kitchen bleibt trotz Makeover ein Ort, an dem sich jeder wohlfühlen kann. An den Nachbartischen sitzen Business-Menschen in Anzug, genauso wie Familien oder der gute, alte Stammgast, der sich an der Bar seine obligatorischen sieben Weißbier gönnt. Und Funfact: Keiner fühlt sich dabei unwohl oder Fehl am Platz.

Kinis Kitchen
© Nina Vogl
Kinis Kitchen
© Nina Vogl

Beim Blick auf die Karte kann es allerdings erstmal sein, dass man als klassischer Wirtshausgänger zwei- oder auch dreimal drüber lesen muss, denn die Namen der Gerichte sind dann doch eher ungewohnt. Da steht dann "derbe & gefährlich", "ehrlich & geil" oder "verrucht & ruchlos" – im Endeffekt bestellt man dann aber doch einfach "das Ceviche", "den Salat mit Antipasti" oder "den Tafelspitz", weil das am Ende jeder versteht, denn nicht mal der Koch weiß alle Namen der Gerichte auswendig.

Dafür weiß er sehr genau, was er tut, hat seine ganz besondere Handschrift und vor allem ein Händchen für Fleisch. Weil uns die Entscheidung so schwer fällt, probieren wir uns durch. Schnell wird klar, dass einige Gerichte auf Wirtshausklassikern basieren, aber ganz neu interpretiert wurden, andere wiederum so gar nicht nach bayerischer Küche klingen. Was sie allerdings alle gemeinsam haben: Jeder Teller ist ein kleines Gesamtkunstwerk – sowohl optisch als auch geschmacklich.

Kinis Kitchen
© Nina Vogl
Kinis Kitchen
© Nina Vogl

Bestes Beispiel und ein spannender Einstieg ist zum Beispiel das Duett vom Ziegenkäse, denn das Duett ist mehr ein ganzes Orchester aus verschiedenen Komponenten, die fast schon artistisch angeordnet sind. Auf den ersten Eindruck ein bisschen überfordernd, aber irgendwie auch mal spannend, weil jede Gabel eine andere Kombination von Geschmäckern und Konsistenzen enthält. Gemeinsam mit dem Apfelpüree und den gerösteten Haselnüssen könnte diese Kreation allerdings auch eine Nachspeise sein.

Alle, die es lieber herzhaft als süß mögen, sollten sich bei der Vorspeise an das Ceviche halten, denn das ist schlicht und ergreifend richtig gut und wir haben zwar keine Ahnung, wie dieser Gurkenschaum entstanden ist, aber wir lieben es! Ähnlich überzeugend ist das Carpaccio, auch wenn die außerplanmäßige Gänsestopfleber nicht ganz unser Fall ist. Mit den Vorpeisen hat Joey, der Koch also vorgelegt und ganz ehrlich: Bei den Hauptspeisen wird es eigentlich nur noch besser.

Kinis Kitchen
© Nina Vogl
Kinis Kitchen
© Nina Vogl

Der Tafelspitz ist ungewöhnlicherweise angebraten, was ihm erstaunlich gut tut. Die Trüffelpasta ist auf den Punkt und das Highlight ist das Flat Iron Steak, das zart und kräftig zu gleich ist. Dazu gibt es sozusagen zweierlei Kartoffel-Gratin – einmal normal, einmal in Püreeform und die Soße wurde von Jackson Pollock persönlich auf dem Teller verteilt. Schaut also schick aus und schmeckt auch so. Für das Dessert haben wir zwar fast keinen Platz mehr, aber die ausgefallene Lebkuchen-Variation war definitiv ein Muss. Satt und glücklich fühlen wir uns hier wie die Kinis höchstpersönlich!

Unbedingt probieren // Ceviche, Trüffelpasta und das Flat Iron Steak!

Veggie // Die Hauptspeisen sind fleischlastig, aber die Auswahl für Vegetarier ist groß genug!

Mit wem gehst du hin // Mit den Eltern oder den besten Freunden – Stammtischpotential.

Lärmfaktor // Kommt wohl ein bisschen auf den Wochentag und die Uhrzeit an. Wir waren Mittwochabend da und es war sehr angenehm.

Preise // Salate und Vorspeisen 5-13 Euro, Hauptspeisen 10-20 Euro

Besonderheit des Ladens // Super freundlicher Service und eine große Terrasse!

Kini's Kitchen | Dachauer Str. 185, 80637 München | Dienstag – Freitag: 11.00–01.00 Uhr, Samstag & Sonntag: 10.00–01.00 Uhr | Mehr Info

Obacht! Ab 15.1. schließt Kini's Kitchen für voraussichtlich drei bis vier Wochen, weil dann nochmal Hand angelegt wird und der Kini richtig aufpoliert wird bis er strahlt wie eins der Schlösser des Märchenkönigs!

Wir wurden vom Restaurant eingeladen. Das beeinflusst aber nicht unsere ehrliche Meinung!

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