Mein Lieblingsort in München #3: Der Friedensengel

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Wir empfehlen jeden Tag jede Menge toller Locations, ausgesucht von uns und unseren Autoren. Und trotzdem hat jeder von uns dieses eine immer gleiche Café, in dem er schon seit Jahren draußen seinen Cappuccino trinkt, den einen See, an den er immer wieder fährt und von dem er einfach nicht genug bekommt oder diese eine Ecke der Stadt, die sein Herz immer wieder höher schlagen lässt. Hier kommen unsere ganz persönlichen Lieblingsorte in München.

Noch einmal 18 Grad und Sonne! Yeah! Noch einmal den Reißverschluss von der Weste fünf Zentimeter aufmachen. Noch einmal das Gesicht in die Sonne strecken und mit Wolldecke einen Kaffee im Freien trinken. Die letzten warmen Sonnenstrahlen läuten nun den Herbst ein. Dann war’s das mit Wärme und T-Shirts für dieses Jahr. Und wieder einmal bekommt man so ein bisschen Wehmut, ja fast ein schlechtes Gewissen, das Überangebot im Münchner Sommer nicht richtig genutzt zu haben.

Hätte ich mich öfter mal in den Biergarten aufraffen sollen? Warum habe ich das Open-Air Kino so lange aufgeschoben, bis dann doch kein Film mehr lief? Wie oft saß ich denn tatsächlich abends mit Bier an der Isar, was ich mir im kalten Januar so sehnlichst herbei gewünscht hatte? Königsplatz, Bavaria, Pinakotheken? War es ein guter Sommer?

Friedensengel
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Alles um dich herum bewegt sich und will so schnell von A nach B. Und du sitzt einfach nur da und belächelst und bemitleidest die gestressten Autofahrer.

Die Frage stellt sich auch beim Friedensengel. Jedes Jahr. Es ist einer der schönsten Spots in München, ein offizieller Geheimtipp, der nur leider so oft die zweite Geige spielt in der Welt der Münchner Events, Must-See’s, Onces-in-a-Lifetime und Places-to-be. Die Konkurrenz is groß. Er kann scheinbar nicht mit dem Angebot der anderen mithalten, dabei ist diese 120-jährige Statue so eine wundervolle Oase der Ruhe – nicht der Stille.

Er ist eine standhafte Bastion, ein ruhender Pol, eine ehrwürdige Institution mitten in der Stadt. Gefangen in der Rush Hour zwischen Hupkonzert und Martinshorn der Prinzregentenstraße. Alles um dich herum bewegt sich und will so schnell von A nach B. Und du sitzt einfach nur da und belächelst und bemitleidest die gestressten Autofahrer. So fühlt sich Feierabend an.

Während man dort im Sommer auf den aufgeheizten Steinstufen einen der chilligsten Sonnenuntergänge der Stadt erleben kann, flirten die Dates neben und versuchen sich Hobbyfotografen in Langzeitbelichtungen vor einem. Es ist immer was los. Nie zu viel, nie zu wenig. Grad recht.

Am Friedensengel hat man nicht so eine schöne Aussicht wie auf dem Olympiaberg, nicht so ein Freiheitsgefühl wie am Flaucher und ist nicht so zentral wie am Gärtnerplatz. Der Friedensengel hat keinen Superlativ. Braucht er auch nicht.

Das kleine Friedensengelfest, welches einmal im Jahr stattfindet, passt irgendwie gar nicht so richtig in den Münchner Veranstaltungskalender rein. Wie ein kleines Dorffest im Treiben der großen Stadt. Schlechte Musik und gutes Bier stehen im Vordergrund dieser bodenständigen Veranstaltung. Gurken im Glas? Nee, nee. Lass mal. Fizz? Mule? Sour? Nie gehört.

Am Friedensengel hat man nicht so eine schöne Aussicht wie auf dem Olympiaberg, nicht so ein Freiheitsgefühl wie am Flaucher und ist nicht so zentral wie am Gärtnerplatz. Der Friedensengel hat keinen Superlativ. Braucht er auch nicht. Denn genau das macht ihn aus. Das macht ihn so besonders. Er ist wie ein alter Kindergartenfreund, der so ist wie er immer war. Eine Konstante in Zeiten des stetigen Wandels. Um den Engel gibt es keinen Hype. Er wird aber auch nicht langweilig oder out – war aber auch noch nie wirklich „in“.

Friedensengel
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Doch dieser Freund ist dir nicht böse. Während du im Auto hockst und dir Vorwürfe machst, breitet er seine Arme und Flügel wie eine Umarmung aus und sagt: „Komm einfach rum, ich bin daheim.“

Es ist wie ein kurzer Heimatbesuch. Wie ein Dorfplatz, an dem sich seit Jahrzehnten einfach nichts verändert hat. Und das ist auch gut so. Man redet sich ein: „Im nächsten Jahr gehe ich wieder öfter an diesen speziellen Ort. Ich will mich öfter bei dir melden, mein alter Freund. Ich komm dich besuchen. Wirklich. Mit Dates, mit Kamera, mit Radler. Versprochen."

Die Steinstufen sind bald nass und kalt. Es dauert noch ein paar Monate bis sie sich wieder wie eine Sitzheizung aufwärmen. Abends um halb 11. Bis dahin kennt man den Friedensengel mal wieder nur, wenn man auf der Prinzregentenstraße im Stau steht. Schaut voller Sehnsucht und Erinnerungen an den vergangenen Sommer zu ihm hinauf und fühlt sich wie ein schlechter Freund, der sich viel zu selten gemeldet hat. Doch dieser Freund ist dir nicht böse. Während du im Auto hockst und dir Vorwürfe machst, breitet er seine Arme und Flügel wie eine Umarmung aus und sagt: „Komm einfach rum, ich bin daheim.“

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