L'Adresse 37: Geschmacksexplosionen und Paris-Flair im Westend

© Lilli Wermuth

Es gibt so Tage, da will ich einfach nur weg. Raus aus München, am liebsten ans andere Ende der Welt. An solchen Tagen geht mir die Stadt wahnsinnig auf die Nerven – obwohl ich sie wirklich über alles liebe. Aber jede gute Beziehung hat mal ihre Krisen. Weil diese schwarzen Wölkchen meist komplett unerwartet kommen und viel zu schnell wieder verfliegen, als dass es sich lohnen würde, einen Wochenendtrip zu buchen, muss eine Lösung her, die spontan funktioniert.

"Bonsoir, Madame Wermuth!", begrüßt mich Loïc Cantegrel. Der gebürtige Pariser ist Inhaber und Chefkoch des L'Adresse 37 im Westend. In dem Moment, in dem ich meinen Fuß über die Schwelle und hinein in das wunderschöne Restaurant setze, bin ich nicht mehr in München. Ich bin in der Hauptstadt Frankreichs, in einer kleinen Gasse – und würde mich nicht wundern, wenn mir beim Verlassen ein Franzose mit Baguette unterm Arm entgehen kommt. Immer diese Klischees.

L'Adresse Westend
© Lilli Wermuth
L'Adresse Westend
© Lilli Wermuth
L'Adresse Westend
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Der ein oder andere wird Loïc schon aus dem Au Comptoir de Loïc in Haidhausen kennen. Vor zwei Jahren ist das Restaurant in die Tulbeckstraße umgezogen und hat damit auch seinen Namen gewechselt. Obwohl Haidhausen ja eigentlich das französische Viertel ist, passt das bistro néo français schon sehr perfekt hier her. Im Sommer kann man super im Hinterhof sitzen, das Plätschern des kleinen Brunnens macht die Idylle perfekt.

Entenbrust, Ravioli und Gurken-Gazpacho

Auch das Essen ist ein wahrer Traum! Wir entscheiden uns für das Drei-Gänge-Menü für 42 Euro. Kein Schnäppchen, aber bei der Qualität absolut angebracht. Abgesehen davon, dass jedes Gericht wie ein Kunstwerk aussieht, schmeckt es auch noch wahnsinnig gut. Von der Karte, die alle drei Wochen wechselt, bekommt man nur spärliche Informationen darüber, was später serviert wird und so ist jeder Bissen eine kleine Challenge, wenn man versucht zu erschmecken, was da gerade den Gaumen verwöhnt.

Zur Vorspeise gibt es für meine Begleitung Pfifferlinge mit geräucherter Entenbrust und Pistazien. Bei mir wird's mit Gurken-Gazpacho, Ricotta und Pfefferminze vegetarisch – schmeckt zwar wahnsinnig grün, aber gleichzeitig auch so faszinierend und anders, dass das Glas im Handumdrehen leer ist. Der Hauptgang ist ebenfalls eine Offenbarung. Ich bestelle die Ravioli Conte, klingt im ersten Moment nicht so special, aber mir fehlen ein bisschen die Worte, um den Nudeln gerecht zu werden. Die Konsistenz ist anders, als man sie gewohnt ist. Wieder versuche ich alle Zutaten herauszufiltern, scheitere kläglich und bin echt traurig, als nichts mehr übrig ist.

L'Adresse Westend
© Lilli Wermuth
L'Adresse Westend
© Lilli Wermuth
L'Adresse Westend
© Lilli Wermuth

Und dann das Dessert. Das hat wirklich den Vogel abgeschossen – entschuldigt meine gar nicht so elegante Wortwahl. Mit Chocolate-Lava-Cake (hier: Le Coeur de Loïc) bekommt man mich eigentlich immer rum, aber die Aprikosen-Tatin mit Lavendel und hausgemachtem Vanilleeis ist schon ein sehr würdiger Konkurrent. Am besten mindestens zu zweit ins L'Adresse 37  kommen und alles teilen!

Hinterhof-Idylle und unschlagbarer Interior-Charme

Wenn das Wetter mitspielt, solltet ihr euch unbedingt ein Plätzchen im Innenhof suchen – dem schönsten im Viertel. Die Tulbeckstraße ist eh schon sehr ruhig, aber hier hinten erwartet euch ein kleines Paradies. Zwischen Lichterketten, einer unverputzten Ziegelmauer und jeder Menge Pflanzen sitzt es sich hier wahnsinnig gemütlich und das Essen schmeckt fast noch ein bisschen besser. Im Hintergrund plätschert der kleine Brunnen friedlich vor sich hin und tilgt damit das leichte Brummen der Lüftung.

Wir mussten leider noch während dem Aperitif nach drinnen ziehen, weil uns ein Sommergewitter überrascht hat. Aber auch hier ist es superschön. Dschungel-Tapete, Neon-Schild und die typisch französischen Bistrostühle verleihen dem Restaurant einen einzigartigen Charme. Außerdem entgeht einem draußen die ganze Show. Sitzt man an der Bar, kann man direkt in die offene Küche blicken und Schritt für Schritt dabei zusehen, wie die kulinarischen Kunstwerke auf den Teller kommen. Dass das Gewitter irgendwann weitergezogen war und wir doch noch auf ein Glaserl Wein nach draußen konnten, hat uns dennoch sehr gefreut.

L'Adresse 37 Westend
© Lilli Wermuth
L'Adresse Westend
© Lilli Wermuth

Unbedingt probieren // Die Überraschung vom Markt – falls man sich traut.

Vegetarisch // Bei jedem Gang ist immer auch eine vegetarische Option auf der Karte. Wenn man nichts Ansprechendes findet, fragt man einfach Loïc und er zaubert einem in der offenen Küche etwas ganz Besonderes.

Mit wem gehst du hin // Mit den Eltern, zum besonderen Anlass oder wenn einen mal wieder die Sehnsucht packt.

Lärmfaktor // Im Hinterhof ist es dank Geplätscher wahnsinnig idyllisch. Im Restaurant herrscht leichtes Gemurmel, hier und da fallen ein paar französische Brocken. Perfekt.

Preise // Das Drei-Gänge-Menü kostet 42 Euro, einzelne Gerichte liegen bei 9 bis 24 Euro. Aperitif gibt's ab 5 Euro und ein Glaserl Hauswein bekommt man für 4 Euro.

Besonderheit des Ladens // Versteckt in einer kleinen Straße im Westend, kann man hier unglaublich gut dem gelegentlichen München-Blues entfliehen – und den Köchen beim Werkeln zugucken.

L'Adresse 37  | Tulbeckstraße 9, 80339 München | Montag – Sonntag: 18.00–00.30 Uhr | Mehr Info

Wir wurden vom Restaurant eingeladen. Das beeinflusst allerdings nicht unsere ehrliche Meinung.

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