Jede*r kennt jede*n – München ist wie eine einzige GZSZ-Folge
In anderen Städten hätte man sich gewundert. Wenn auf einer Geburtstagsfeier die neue Tinder-Bekanntschaft von einer Bekannten hereinspaziert – und ein alter Schulfreund ist, den man acht Jahre nicht gesehen hat. Wenn man gerade gedankenverloren aus dem Bürofenster guckt in einer Minute des Sinnierens und die beste Freundin just in diesem Moment vorbeiradelt. Wenn man seinen One-Night-Stand am nächsten Tag des Geschehens im Englischen Garten trifft – mit fester Freundin im Schlepptau. Davor und danach sieht man sich nie wieder, aber dafür eben zwei Tage in Folge, klar.
In allen anderen Städten, wäre das eine Story gewesen, ein Zufall, den es nun "wirklich nicht geben kann". In München ist das und noch viel mehr schlichtweg Alltag. Hier kommt keiner mehr mit solchen Geschichten an, weil jeder weiß, dass ein anderer mindestens einen noch krasseren Zufall auf Lager hat. Wie wär's mit volltrunken einen Typen in der Bar kennenlernen und feststellen, dass er der beste Freund von dem ist, wegen dem man gerade Liebeskummer hat und ins Glas weint? Oder sich mit dem Ex-Freund auf das selbe WG-Zimmer bewerben? Oder herausfinden, dass die neue Kollegin die Schwester ist von einer, die man in Südamerika beim Reisen kennengelernt hat?
Man muss sich mit seinen besten Freunden gar nicht mehr verabreden, weil man sie sowieso bald trifft.
Das sind nun mal die kleinen und großen Dinge, mit denen man sich als Münchner*in tagtäglich herumschlagen darf. Theoretisch muss man hier wirklich auf alles gefasst sein. Denn erst einmal gilt: Es gibt nichts, was es nicht gibt. Und schlecht über jemanden reden, wird auch so gut wie unmöglich, wenn sich alle kennen. Was glaubt ihr, woher wir unseren Spitznamen Weltstadt mit Herz sonst haben?
Natürlich kann es auch Vorteile haben, dass der Zufallsgenerator in München immer an ist. Man muss sich mit seinen besten Freunden gar nicht mehr verabreden, weil man sie sowieso bald trifft. Man braucht mit der neuen Bekanntschaft niemals Nummern austauschen, weil man sowieso herausfindet, wer derjenige ist, weil man 65 gemeinsame Freunde hat. Mindestens.
Es kann aber auch ganz verhext und ärgerlich zugehen, denn manchmal trifft man genau die, die man wiedersehen möchte, nie mehr. Auch das ist ein Münchner Mysterium und kein Mensch weiß, wohin diese Menschen verschwinden. Vielleicht ja in die X-Bar.
Kommt euch das nicht auch manchmal so vor, als gäbe es nur ein Café, einen Club und eine Bar, in der sich alle treffen?
München ist ein Dorf, das sagt sich ja immer so leicht. Und ja, die Stadt ist klein, aber wo sind eigentlich diese 1,4 Millionen Einwohner, von denen immer alle reden? Kommt euch das nicht auch manchmal so vor, als gäbe es nur ein Café, einen Club und eine Bar, in der sich alle treffen? Wie bei GZSZ eben. Zwanzig Protagonist*innen plus Bekannte, die nur gelegentlich in der Kulisse auftreten.
Kurzum, jede*r kennt jede*n und fast jede*r hat auch schon mit fast jedem*r geschlafen, was dazu führt, dass in München ganz andere Dinge als Wunder gelten: Jemanden kennenlernen, mit dem man keine freundschaftlichen Überschneidungen hat. Am Wochenende an die Isar gehen und mal absolut niemanden treffen, den man kennt. Aber auch mal wieder aus vollem Herzen über jemanden lästern und keine Angst haben müssen, dass es demjenigen irgendwie zu Ohren kommt. Eben ganz nach dem Motto: Gute Zeiten, schlechte Zeiten.