Kleine, geile Firmen #37 – Craft Beer von der Munich Brew Mafia

© Anja Schauberger

Wer die Jungs von der Munich Brew Mafia in ihrem Büro in Untergiesing besucht, der denkt, er ist in einer Netflix-Serie über Craft Beer-Start-Ups gelandet. Die Lagerhalle, die Story, die Jungs, die Atmosphäre – das alles hier passt perfekt ineinander. Fehlt nur noch, dass Dario Stieren, Niklas Zerhoch und Alex Silbermann ihr Bier selbst in der Garage brauen. Früher haben sie tatsächlich noch in der Küche gebraut, mittlerweile mieten sie sich aber eine Brauanlange dafür.

Dario ist studierter Braumeister, Alex hat die Ausbildung zum Brauer und Mälzer beim Giesinger Bräu gemacht. Und Niklas hat eigentlich Geschichte studiert, aber schon immer sehr gerne Bier getrunken und zusammen mit Dario und viel Leidenschaft im Tap House in Haidhausen gearbeitet. 200 Biersorten stehen hier auf der Karte, bis die Jungs eines Tages ihr eigenes Bier mal mitbringen sollten.

Munich Brew Mafia – was hat es mit dem Namen auf sich?

Dario: Wir verstehen uns als handwerkliche, kleine Craft Beer-Brauerei, deshalb wollten wir einen Namen, der einfach ist, aber trotzdem auffällt und den auch die internationalen Bier-Liebhaber verstehen. Deshalb Munich und Brew. Auf Mafia kamen wir zum einen, weil wir uns mit manchen Brauverfahren an der Grenze des Reinheitsgebots bewegen, dann wegen dem Familien-Gedanken unserer Community, wir haben ein sehr freundschaftliches Verhältnis mit unseren Kunden. Und "Mafia" soll auch eine Verballhornung der sechs großen Münchner Brauereien sein, die ja wegen der Wiesn-Preisabsprache oft als Mafia bezeichnet werden.

Kleine, geile Firmen #37 – Craft Beer von der Munich Brew Mafia
© Anja Schauberger
Kleine, geile Firmen #37 – Craft Beer von der Munich Brew Mafia
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Wie und wann entstand die Idee zur Munich Brew Mafia?

Niklas: Die Biere, die wir noch im Studium bei Dario in der Küche gebraut haben, waren alle ziemlich gut. Die Idee für die Firma kam, als wir das Don Limone für die dreijährige Geburtstagsparty vom Tap House gebraut haben. Ein Welcome-Bier, das möglichst allen schmecken sollte. Danach kamen mehrere Leute auf uns zu und meinten, wir sollten das Bier unbedingt auf den Markt bringen.

Und wo fängt man dann an?

Dario: Wir kannten eine Brauerei über unsere Arbeit beim Tap House und haben dann dort einfach mal gefragt, ob wir brauen können. Natürlich hatte die ganz andere Maßstäbe...

Niklas: Von 30 auf 2000 Liter – das war ein großer Sprung. Wir mussten das Bier ja auch loswerden. Dazu noch Flaschen, Etiketten, Kronkorken – da kommt am Anfang einiges zusammen! Wir sind dann in die Läden, kannten eben durchs Tap House schon einige und haben gesagt: "Servus, wir haben jetzt unser eigenes Bier! Probier's mal." Zum Glück fanden es alle gut und haben unser erstes Munich Brew Mafia-Bier in ihr Sortiment aufgenommen.

Dadurch, dass wir kleiner sind, können wir auch kleinere Mengen einkaufen, zahlen zwar höhere Preise, aber können auch eine größere Vielfalt präsentieren.

Wie entsteht ein (neues) Bier bei euch?

Dario: Wir probieren Rezepte durch und wenn wir eines gut finden, kaufen wir erst einmal die Ware ein – unter anderem bei einem Hopfenbauer, der einen ganz eigenen Hopfen nur für uns anbaut. Dadurch, dass wir kleiner sind, können wir auch kleinere Mengen einkaufen, zahlen zwar höhere Preise, aber können auch eine größere Vielfalt präsentieren. Genauso beim Hopfen: Statt an einen großen Händler gebunden zu sein, können wir überall einkaufen und verschiedene Geschmäcker anbieten. Unser Malz bekommen wir aus Heidelberg – das ist nicht gerade billig, aber für uns die beste Qualität. Die Hefe muss möglichst frisch sein, deshalb fahren wir direkt vor dem Brauen noch einen Umweg von drei Stunden, um die zu holen.

Und dann?

Dario: Wir mieten uns eine Brauanlage und brauen dort dann selbst. Der Zeitaufwand ist übrigens der selbe – egal, ob man einen Liter oder tausend Liter braut, weil der Prozess immer acht bis neun Stunden dauert. Und dann braucht es noch einmal bis zu zehn Wochen, bis man weiß, ob das Bier überhaupt was geworden ist. Das Selberbrauen schützt uns natürlich davor, dass jemand unsere Rezepte kennt. Und wenn mal was schief läuft, sind zumindest wir selbst dran schuld.

Alex: Ich finde das aber auch schwierig, wenn Leute auf Messen stehen mit Produkten, die sich nicht selbst hergestellt haben. Kann man da voll dahinterstehen? Je mehr du abgibst und nicht selber machst, umso höher ist natürlich das Risiko, dass der Andere nicht den Standard aufrecht erhält, den du selber gerne haben möchtest.

Kleine, geile Firmen #37 – Craft Beer von der Munich Brew Mafia
© Anja Schauberger
Kleine, geile Firmen #37 – Craft Beer von der Munich Brew Mafia
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Ist euer Bier mittlerweile auch euer Lieblingsbier?

Alex: Ja, auf jeden Fall! Wir haben halt so eine schöne Vielfalt bei Munich Brew Mafia – von malzig-schwer bis leicht-hopfig – da ist eigentlich für jede Stimmung was dabei. Ich hab deshalb auch nicht die eine Lieblingssorte bei uns, mir schmecken alle passend zum jeweiligen Essen und Wetter.

Wo kann man die Munich Brew Mafia-Biere mittlerweile kaufen?

Dario: In sämtlichen Bierläden, die auch Craft Beer vertreiben, also die Getränkeoase, die Bierothek, das Biervana, der Reichenbachkiosk...

Niklas: ... und Harrys Getränkeecke, den muss man unbedingt erwähnen! Der Harry hat uns von Anfang an unterstützt und sogar von sich aus bei uns angerufen, dass er das Bier gerne haben würde. Mittlerweile gibt's uns sogar in der Feinkostabteilung von Karstadt.

Und wo kann man euch trinken?

Dario: Natürlich von Anfang an im Tap House, in Giesing in der Ambar, in Schwabing im The Potting Shed, in Neuhausen im Café Ruffini – die haben, um uns aufzunehmen, sogar das Jever aus dem Sortiment genommen.

Niklas: Gastro ist halt schwierig in München, weil so viele Bars an die großen Brauereien gebunden sind und die kein anderes Bier zulassen.

Gastro ist halt schwierig in München, weil so viele Bars an die großen Brauereien gebunden sind und die kein anderes Bier zulassen.

Wie seht ihr die Craft Beer-Szene in München?

Dario: Es gibt immer mehr Leute in München, die da mitmischen wollen, aber es gibt eigentlich keine Läden dafür. Die Infrastruktur wächst nur sehr langsam. Deshalb geht auch viel mehr im Ausland – in Brüssel bekommst du in jeder kleinen Eckkneipe 50 Craft Beere angeboten. Ich verstehe nicht, warum nicht mehr Gastronomen in München auf Biervielfalt setzen – das Tap House ist das einzige und das läuft super.

Könnt ihr denn eigentlich davon leben?

Niklas: Noch nicht ganz, man muss halt sehr bescheiden leben, aber wir sind in diesem Jahr zum ersten Mal komplett in den schwarzen Zahlen.

Dario: Wenn du was Eigenes willst, dann musst es langsam aufbauen. Außerdem machen wir mit Munich Brew Mafia nicht nur das Bier, sondern auch Verkostungen, Seminare und Events zu dem Thema Craft Beer.

Kleine, geile Firmen #37 – Craft Beer von der Munich Brew Mafia
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Für alle Dummies hier wie mich: Bier besteht ja immer aus den selben Zutaten. Wie schafft man es, dass trotzdem jedes anders schmeckt?

Dario: Klar, Bier besteht aus Hefe, Wasser, Malz und Hopfen. Aber je nachdem, wie man diese vier Zutaten zusammensetzt und für welche Sorten man sich entscheidet, hat man immer einen anderen Geschmack. Bis zu 350 verschiedene Malze stehen zur Auswahl, 400 Hopfensorten aus aller Welt und auch bei der Hefen mehrere hundert. Für unser Nelson bekommen wir extra Hopfen aus Neuseeland.

Was wäre euer großes Ziel mit Munich Brew Mafia?

Dario: Wir haben es jetzt schon zwei Mal geschafft den Ausstoß zu verdoppeln. Wenn wir das nächstes Jahr noch mal schaffen, wäre das super. Und wenn wir das dann irgendwann noch mal hinkriegen, können wir schon in die Richtung denken, eine eigene Brauerei aufzumachen. Das wär's – und dazu eine eigene Wirtschaft!

Und wenn da alles nicht klappt, was macht ihr dann?

Niklas: Weißwein trinken...

Dario: ... und ne Imbiss-Bude aufmachen!

München legt gern selbst Hand an. Fast jede Woche gründet sich hier eine neue Firma, wird ein neues Label vorgestellt oder neues Produkt lanciert. Wir stellen euch die kleinen, geilen Firmen der Stadt vor. Die Bedingungen sind simpel. Klein müssen sie sein, das heißt weniger als zehn Mitarbeiter und natürlich: Geil.

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