Vom Un-Ort zum Sommer-Spot: Der Nußbaumpark wird cool
"Hey, sollen wir heute Abend im Nußbaumpark abhängen?" Diese Frage ist wohl ein heißer Kandidat für unsere Liste mit 21 Sätzen, die Münchner niemals sagen würden. Warum sollte man auch? Der kleine Park, der eingequetscht zwischen der Monsterbaustelle Sendlinger Tor und dem Universitätsklinikum liegt, ist – wie soll man es anders nennen – ein Unort.
Abends und nachts geht es zwielichtig zu und tagsüber verirrt man sich höchstens auf der Suche nach der U-Bahn hierher. Diesen Sommer heißt es allerdings "Make Nußbaumpark gschmeidig again" und ab 11. Juni 2018 steigt die Wahrscheinlichkeit für genau drei Monate erheblich an, dass wir hier wohl doch mal abhängen.
Wenn du da kein ADHS hast, dann macht dich die Organisation fertig.Zehra Spindler
Die Idee, dem Park neues Leben einzuhauchen, stammt von Zehra Spindler. Sie ist keine Unbekannte im Münchner Kultur-Kosmos. Immerhin hatten wir ihr eine ganze Weile die vielleicht größte und wildeste Zwischennutzung überhaupt in München zu verdanken – das Puerto Giesing in einem ehemaligen Hertie-Kaufhaus. Acht Jahre ist das her und Zehra gibt nun wieder öffentlich Gas. Anfang 2018 hat sie mit ihren Partnern von der Urban League auf gut Glück ein Konzept für den Nußbaumpark bei der Stadt eingereicht und siehe da, es hat geklappt.
In diesem Konzept geht es darum, den Nußbaumpark – von dem ich ehrlich gesagt bis vor Kurzem nicht mal wusste, wie er heißt – zu beleben und aus einem Unort einen Platz zu machen, an dem man einfach gerne ist, zur Mittagspause vorbeischaut oder abends bei einem Craftbeer abhängt. Geplant sind gemütliche Sitzgelegenheit, ein Gastrohäuschen und die unterschiedlichsten Aktionen: Kleidertausch, Repair-Café, Mittagstisch, Gratis-Yoga, Urban Gardening und Gesprächsrunden.
Was in dieser Liste fehlt, sind Konzerte oder gar Partys. Das liegt ganz einfach daran, dass sich der Park in direkter Nachbarschaft zum Klinikum befindet und daher der Lärmfaktor eine große Rolle spielt.
Aber auch dafür gibt es eine Lösung: Die Initiative Freifunk installiert auf dem Areal ein Gratis-Netzwerk, mit dem ihr nicht nur im Internet surfen könnt, sondern auch den Radio 80000-DJs und Gesprächsrunden, die regelmäßig vor Ort sein werden, lauschen könnt. Ihr loggt euch dann einfach mit eurem Smartphone, Tablet oder sonstigen Endgeräten ein, stöpselt eure Kopfhörer ein und schon könnt ihr zuhören, ohne dass gleich die Klage wegen Lärmbelästigung auf dem Tisch liegt.
Im Nußbaumpark prallt man auf Münchens Parallelwelt.Zehra Spindler
Klingt auf jeden Fall nach Spiel, Spaß und entspannter Atmosphäre. Genau, das soll es natürlich auch sein, doch gleichzeitig geht hier auch ein soziokulturelles Projekt an den Start. Die aktuelle Situation im Nußbaumpark kann und will man natürlich nicht einfach ignorieren und mit ein paar Liegestühlen tagsüber übertünchen, was hier nachts so abgeht. Mangels geeigneter Konsumräume (das ist noch mal ein ganz eigenes Thema in München und Bayern) suchen beispielsweise viele Junkies den Park nachts auf.
Um dieses Thema abzudecken hat sich Zehra mit Condrobs einen kompetenten Partner ins Boot geholt, denn der Verein kümmert sich seit über 40 Jahren um Menschen in schwierigen Lebenssituationen, darunter vor allem Jugendliche und junge Erwachsene mit Suchtproblemen. Condrobs beteiligt sich aktiv am Programm, wird die obligatorischen Silencer stellen, Gesprächsrunden organisieren und den ein oder anderen Erlös, der zum Beispiel bei einem Kleidertausch hängen bleibt, für ihre guten Zwecke nutzen.
Kann also sehr gut sein, dass wir uns bald doch auf ein Schörlchen, einen Plausch, einen Snack, ein Mittagsschläfchen oder zum süßen Nichtstun im Nußbaumpark treffen. Vielleicht wird es sogar der Ort für alle, die sich sonst nicht zwischen Isar und Englischem Garten entscheiden können oder schon alle Biergärten dieser Stadt durch haben. Warum auch immer, am besten machen wir den Nußbaumpark gemeinsam wieder gschmeidig!
Nußbaumpark | 11. Juni – 10. September 2018 | Montag – Freitag: 12.00–22.00 Uhr, Samstag & Sonntag: 10.00–22.0 Uhr | Mehr Infos