Eure überteuerte Untervermietung macht den Wohnungsmarkt kaputt!
In Print-Zeitschriften gehört es dazu, dass der Herausgeber auf der ersten Seite die Stimmung, Meinung oder Richtung der jeweiligen Ausgabe einfängt. Warum gibt es das auch nicht online?, haben wir uns gefragt. Denn genauso schwirren jede Woche Gefühle, Stimmungen und Meinungen durch München, die wir zwar mitbekommen, aber nirgends festhalten. Diese Kolumne ist der Platz, an dem ich all meine Gedanken zu München und dem, was mir diese Woche in der Stadt begegnet ist, sammle. Heute: Bei Untervermietungen in München muss man sich entscheiden – Geld oder Gewissen?
Das Wichtige ist ja immer die Perspektive. Fahren wir Fahrrad, hassen wir die Autofahrer. Sitzen wir im Auto, verfluchen wir die Radler. Und genauso ist es auch auf dem Wohnungsmarkt: Schauen wir uns die aktuellen Mietpreise an, schimpfen wir los – auf die Vermieter, die Stadt, die machen ja nichts, auf die Mietpreisbremse und diesen ganzen Wohnwahnsinn, der scheinbar immer schlimmer wird. Richtig scheiße wird es dann, wenn wir selbst eine Mieterhöhung im Briefkasten haben oder sogar ausziehen müssen. Dann sind Jammer, Wut und Traurigkeit groß. Verständlich.
Wie Gollum sitzt man plötzlich vor seinem Macbook und murmelt "mein Schatz" – und dieser Schatz, der darf die Anderen ruhig kosten.
Nun aber zu der gegenüberliegenden Situation, in der die meisten von uns wahrscheinlich höchstens kommen, wenn ein Urlaub oder Auslandsaufenthalt ansteht – die des Vermieters. Wer einmal seine Wohnung auf Airbnb geteilt, eine Wohnungsanzeige auf Facebook gepostet oder sogar dem freien Immoscout24-Markt zur Verfügung gestellt hat, der merkt schnell: Das, was ich da in den Händen halte, ist viel wert. Wie Gollum sitzt man plötzlich vor seinem Macbook und murmelt "mein Schatz" – und dieser Schatz, der darf die Anderen ruhig kosten.
Schließlich hat man auch ein altes Ikea-Regal drin stehen, eine Küche, die eigentlich dem Vermieter gehört und ein Sofa, das man dem Ex-Freund günstig abgekauft hat. Sieht aber alles top aus und ist offiziell richtig eingerichtet. Und von diesen Sachen könnte ja auch was kaputt gehen. Es zählt schließlich auch der ideelle Wert eines Ikea-Regals. Jaja, zu verführerisch ist es da, statt den eigentlich 650 Euro Miete, die man selber zahlt, mal schnell 850 Euro daraus zu machen. Das Absurde an München ist ja: Man könnte sogar 1250 Euro verlangen – und die Leute würden es zahlen.
Ihr dürft mit euren Wohnungen in München machen, was ihr wollt, aber jammert dann bitte nicht, dass die Mieten in dieser Stadt immer teurer werden.
Aber wer sind die eigentlich – diese "Leute", von denen wir da immer sprechen? Wir sind es ja nicht, denn wir fassen uns nur an den Kopf, sobald wir von solchen Wuchermieten hören. Wir lachen über die, die in solche Wohnungen ziehen müssen. Und gehen damit von einer Parallelgruppe in München aus – eine, die reich ist und auch ein bisschen blöd. Eine, die jeden Preis zahlt, den wir in das Kästchen schreiben. Ganz schön asozial, wenn ihr mich fragt. Nicht nur für die Anderen, sondern auch für uns selbst.
Denn, liebe Menschen, ihr alle dürft das mit euren tollen und auch weniger tollen Wohnungen in München machen, aber jammert dann bitte nicht, dass die Mieten in dieser Stadt immer teurer werden. Dass nur noch profillose Yuppies hier wohnen, dass aus der Ruby Bar ein Wagners – Juicery & Health Food wird. Dass wir kaum Proberäume in München haben, keinen Platz mehr für Kreative. Dass selbst die Subkultur zwölf Euro Eintritt kostet. Dass das Ruffinihaus renoviert und der Viehhof bebaut wird. Auch ihr seid daran Schuld.
Ihr wollt auch in einer bezahlbaren Stadt wohnen. Also sorgt dafür, dass diese Stadt bezahlbar bleibt.
Dabei wäre es doch so einfach: Liebe deinen nächsten Untermieter wie dich selbst. Überlegt also beim nächsten Mal gut, wenn ihr euer WG-Zimmer zur Wiesn-Zeit unvermietet, weil ihr euch eine Monatsmiete in fünf Tagen verdienen wollt. Wenn ihr drei Monate mit dem Bus durch Europa fahrt und das mit den tausend Euro finanziert, die ihr monatlich auf eure Vier-Zimmer-Wohnung draufschlagen konntet. Überlegt, wenn ihr auch nur eure Garage für den doppelten Preis an einen Fremden vergebt. Ihr wollt auch nicht dieser Fremde sein. Ihr wollt auch in einer bezahlbaren Stadt wohnen. Also sorgt dafür, dass diese Stadt bezahlbar bleibt.