So stylisch ist Brothandwerk: Der neue Bio-Bäcker Julius Brantner
"Um fünf Uhr morgens anfangen zu arbeiten ist für einen Bäcker wie Ausschlafen." Julius Brantner steht in seiner Backstube in der Adalbertstraße und grinst. Man hört ihm an, dass er aus dem Schwarzwald stammt und bei jedem Satz, mit dem er uns seine persönliche Bäcker-Philosophie näher bringt, spürt man auch die echte Begeisterung für dieses Handwerk. Kein Wunder, dass er die Bäcker-Tradition seiner Familie schon in der dritten Generation weiterführt. Sieht man seinem neuen Laden in der Maxvorstadt aber gar nicht an, denn der ist weder traditionell noch altbacken (höhö). Willkommen in der stylischsten Bäckerei der Stadt!
Schon bei der Eröffnung am 27. April konnte man sich kurz nicht sicher sein, ob hier nicht doch eine hippe Boutique oder eine coole neue Bar aufmacht. Bei der massiven Steintheke, der unverputzten Wand mit den Goldbuchstaben und diesem insgesamt cleanen und sehr durchgestylten Look, der vom Münchner Innenarchitektur-Büro Studio Miniplus stammt, denkt man ehrlich gesagt nicht an eine Bäckerei. Doch es ist so, in den Regalen liegen keine teuren Designer-Klamotten und an der Wand stapeln sich keine Schnaps-Flaschen, sondern überall, wo man hin sieht: Brot. Und Semmeln. Und ein begeisterter Julius, der sogar eine ziemlich hippe Bäckerschürze trägt.
Nach seiner Ausbildung war Julius zehn Jahre lang auf der ganzen Welt unterwegs – Österreich, Amerika, Japan. Dabei hat er viel über sein Handwerk und auch sich selbst gelernt. Den Familienbetrieb in der Heimat wollte er mit seinen 27 Jahren erst mal nicht übernehmen und war kurz davor ein IT-Studium zu beginnen. Bis ihm auffiel, dass er – sollte er zum ITler umschulen – nirgends wirklich gutes Brot herbekommen würde. Denn obwohl wir in Deutschland unsere Brotkultur in den Himmel loben, kaufen und essen wir meistens doch industrielle Massenware. Also hieß es für Julius letzten Endes doch Brot statt Computer.
Tiefe Einblicke in die Backstube
Das Lokal an der Ecke Türken- und Adalbertstraße passt perfekt für ihn, denn dank der großen Fensterfront kann man von außen problemlos in die Backstube schauen und Schritt für Schritt miterleben wie die Brote und Semmeln entstehen. Momentan beschlagen die Scheiben zwar noch schnell, sodass man wenig sieht, aber das soll sich bald ändern. Während Backstuben und Küchen meistens irgendwo versteckt werden, will Julius, dass die Leute sehen, wie ihr Brot hergestellt wird. Bio-Brot im Übrigen, denn das braucht es für die richtige Qualität.
Und da sind wir wieder an dem Punkt, an dem man merkt, dass Julius die richtige Entscheidung getroffen hat. Er lebt sein Handwerk, erzählt uns, wie er seinen Sauerteig selbst ansetzt und ihn lange gehen lässt, damit er keine Back-Beschleuniger verwenden muss. Dadurch wird das Brot viel bekömmlicher, weil bestimmte Stoffe, die bei vielen Menschen Verdauungsproblemen hervorrufen, beim Gehen des Teiges abgebaut werden – es ist tatsächlich nicht immer das böse Gluten! Und so schmecken der Münchner Hauslaib mit den vielen Gewürzen oder das Roggenbrot mit den fermentierten Apfelstücken nicht nur gut, sondern machen euch auch keine Bauchschmerzen.
Backen ist eine Wissenschaft
Sein Mehl bekommt Julius von der Drax-Mühle, die etwa fünfzig Kilometer östlich von München liegt. Auch hier wird viel Wert auf Handwerk und Tradition gelegt. Fun Fact: Monika Drax ist eine der wenigen weiblichen Müllerinnen in Deutschland. Für die perfekte Mischung der verschiedenen Mehle braucht es viel Erfahrung, denn fast jeder Sack Mehl ist anders – Naturprodukt eben. Und bei all der Tradition verschließt Julius sich nicht vor neuen Erkenntnissen und modernen Errungenschaften, die dem Bäcker das Leben leichter machen. Nur Zusatzstoffe und Massenproduktion will er eben nicht.
Finden wir super, denn Julius Brote sind wirklich der Wahnsinn und er muss sie nicht mal in speziellem Papier mit Plastikfolie einpacken, damit sie sich länger halten. Die Mitarbeiter holen das Brot mit einem Leinentuch aus dem Regal und es kommt einfach direkt in die Papiertüte. Fünf Tage kann man wohl davon essen, ohne dass es hart, trocken oder sonst wie ungenießbar wird. Wir werden es wohl nie erfahren, denn bei uns hat es nicht mal zwei Tage überlebt!
Unbedingt probieren // Das Roggenbrot mit den fermentierten Apfelstücken!
Mit wem gehst du hin // alleine zum Semmeln holen oder mit allen Freunden, um ihnen diesen neuen Bäcker zu präsentieren.
Preise // Ein Laib (700-1000 Gramm) etwa 6 Euro, Semmeln 90 Cent, Cappuccino 3 Euro.
Für Fans von // echtem Handwerk.
Besonderheit des Ladens // Die offene Backstube und die vielen Dinge, die man von Julius über Brot lernen kann.
Julius Brantner Brothandwerk | Adalbertstraße 25, 80799 München | Dienstag – Freitag: 08.00–18.00 Uhr, Samstag: 08.00–14.00 Uhr | Mehr Info
Die Fotos für den Beitrag wurden mit der Sony Alpha 7ii gemacht.