Ganz der Baba #10: Wenn du dein Kind liebst, gib es ab!

© Marie Lechner

Es gibt viele Sätze im Jungeltern-Bullshitbingo, die ich bewusst versuche zu vermeiden. „Auf einmal ist alles andere egal“ oder „Als ich ihn das erste Mal in den Armen hielt, war ich sofort verliebt.“ oder auch: „Jetzt hat das Leben einen völlig neuen Sinn“. Diese oder ähnliche Sätze sind perfekte kleine Werkzeuge, um kinderlose und Single-Freunde sehr schnell in die Wüste und dich und dein Sozialleben nach Pasing zu schicken. Kommt aufs Gleiche raus. Dabei sind diese Freunde das Wertvollste, was man als junges Elternteil hat.

Sie sind diejenigen, die dir einen neuen Song für deine Playlist empfehlen, wenn dein Spotify-Algorithmus im Begriff ist von „Aramsamsam“ oder „kleiner Löwe, kleiner Tiger“ zerfleischt zu werden.

Sie sind diejenigen, die dir abends um 21 Uhr spontan texten, dass sie mit einigen anderen Homies ein paar Bier bei dir ums Eck kippen und du nichts weiter tun musst, als deine mit Flecken übersäte Jogginghose gegen etwas der Außenwelt zumutbares zu tauschen und deiner Frau zu sagen, dass sie heute Nachtdienst hat. Angesichts der Tatsache dass „bei mir ums Eck“ Obergiesing heißt, könnte ich die Jogginghose ganz vielleicht auch anbehalten.

Sie sind diejenigen, die den Impuls haben, einen Wochenendtrip zu starten und du musst nur noch „Ja“ sagen und es zu Hause entsprechend verhandeln. Diese Freunde sind deine Brücke zur Außenwelt und machen dich damit auch zu einem besseren Elternteil. Grund genug, diese Freunde bei Laune zu halten, sonst wird man eben nicht mehr gefragt.

Die Freunde, mit denen man zusammen auf Rap-Konzerten steil gegangen ist, werden immer wertvoller.

Man ist es ihnen schuldig, regelmäßig für Qualitytime zu sorgen. Damit ist allerdings keine Einladung auf den Spielplatz „zum Quatschen“ gemeint, denn mal ernsthaft: Meine Aufmerksamkeitsspanne ist dort ungefähr so hoch wie bei einem zugekoksten Eichhörnchen. Denn während wir "quatschen" muss ich ständig mit anderthalb Augen und Ohren checken ob der größenwahnsinnige Teddy sich nicht wieder mal in Lebensgefahr begibt.

Ich will damit nicht sagen, dass ich Teddy von meinen kinderlosen Freunden abschirme oder gar ein Doppelleben führe, aber ich versuche, sie nicht dazu zu zwingen, sich meinem Lebensstil als Papa anzupassen. Der Bekanntenkreis aus Spielplatzclique, Play-Date und Kinderturnverein wächst zwangsläufig von ganz allein,  aber die Freunde, mit denen man zusammen auf Rap-Konzerten steil gegangen ist, werden immer wertvoller.

Viele Reaktionen lassen einen fast glauben, dass wir Teddy ab und zu mit rostigen Nägeln und einem Föhn in der Badewanne spielen lassen.

Es hilft also niemandem weiter, nichts anderes in seinem Leben zu haben als sein Kind. Jan Delay ehemals Eisfeld hat im Song „ Fäule“ mal gesagt : „Wer HipHop macht aber nur HipHop hört betreibt Inzest“. Und so sehe ich die Sache mit Teddy eben auch. Es braucht den Impuls von außen zum glücklich sein.

Umso glücklicher bin ich über unsere Entscheidung, uns schon sehr früh um Babysitter zu kümmern, denn mithilfe unserer großartigen Babysitterinnen haben meine Frau und ich die Möglichkeit, uns genau diese Zeit einzuräumen. Bei verschiedenen Unterhaltungen habe ich immer allerdings wieder die Fratze des „Mommyshamings“ erblickt, als das Thema Babysitter aufkam.

Babysitter an der Hand zu haben, denen man vertraut und die irgendwie schon zur Familie gehören, sind eine absolute Superkraft für die Ausgeglichenheit der Eltern und damit tatsächlich auch für die Ehe.

Theo akzeptiert niemanden außer mir“, „Eine fremde Person? Undenkbar“, „Ich hätte da keine ruhige Minute“ oder „Was sagt denn deine Frau dazu?“. Viele Reaktionen lassen einen fast glauben, dass wir Teddy ab und zu mit rostigen Nägeln und einem Föhn in der Badewanne spielen lassen. Doch akzeptiert Theo wirklich niemanden oder wünschst du dir nur, dass es niemanden gibt außer dich? Hätte man vielleicht keine ruhige Minute, weil man Angst hat, ohne das Kind niemand mehr zu sein?

Babysitter an der Hand zu haben, denen man vertraut und die irgendwie schon zur Familie gehören, sind eine absolute Superkraft für die Ausgeglichenheit der Eltern und damit tatsächlich auch für die Ehe. Ganz ohne Ablenkung einfach mal wieder Sam und Heidi sein...unbezahlbar! Schön mit der Weghoiben vom Kiosk am Nockherberg losstarten, hier und da ein paar Drinks und mit einem Burrito in der Hand um den Gärtnerplatz. Ganz ohne Druck. Deshalb noch mal klar und deutlich: "Wenn du dein Kind liebst, gib es ab! Zumindest manchmal“

Sorry liebe Leser*innen, aber bevor ihr auf die Idee kommt: Unsere Babysitter bleiben natürlich aus rein egoistischen Gründen anonym. Und ihr liebe Babysitter: Ihr wisst, dass wir euch meinen. Ihr seid die geilsten!

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