Warum prickelt der Secco? – 11 Fragen an Winzerin Sina Mertz

© Generation Riesling

Obwohl der Knall eines Sektkorkens nur einen Sekundenbruchteil andauert, steckt ganz schön viel dahinter. Der Knall bedeutet Freude, bedeutet gute Laune, Feierstimmung, tolle Nachrichten und zieht meistens noch viele fröhliche Momente nach sich. Damit ihr wisst, was überhaupt der Unterschied zwischen einem Sekt und einem Secco ist, haben wir mit der jungen Winzerin Sina Mertz gesprochen. Sie gehört dabei zum Netzwerk von Generation Riesling, in dem sich über 500 junge, deutsche Winzer unter 35 zusammengeschlossen haben. Ihr Ziel: Das verstaubte Wein-Image richtig aufzumischen und das schaffen sie mit Leichtigkeit!

Wie wird man Winzerin?

Ich wurde da ja praktisch reingeboren. Man bekommt von Kindestagen mit, wie so ein Weingut funktioniert. Es war eben normal, dass Kunden anrufen und Bestellungen auch bei mir aufgeben. Oder in den Sommerferien mit in den Weinbergen zu helfen. Aber machen wollte ich den Beruf eigentlich nie, weil man neben den schönen Dingen ja auch die stressigen Situationen, die fehlende Freizeit und Abhängigkeit von der Natur mitbekommt. Irgendwann habe ich mich dann doch dazu entschieden und habe dann ein duales Studium für Weinbau und Oenologie absolviert und parallel eine Ausbildung zur Winzerin gemacht.

Was wolltest du werden als du ein Kind warst?

Definitiv nicht Winzerin. Eigentlich hätte ich gerne einen Reithof eröffnet. Der klassische Mädchentraum eben.

Was bedeutet Nachhaltigkeit für dich?

Nachhaltigkeit bedeutet für mich im gröbsten Sinne so zu handeln und zu wirtschaften, dass ich an meine Nachkommen das Weingut, die Weinberge und alles was dazugehört mit Stolz und Zufriedenheit weitergeben kann.

Wie setzt du das Thema Nachhaltigkeit auf deinem Gut um?

Man kann meine Vorstellung von Nachhaltigkeit auf alles herunterbrechen: Investitionen so tätigen, dass sie sinnvoll sind. Die Arbeit im Weinberg so gestalten, dass die Böden auch auf langjährige Sicht noch eine optimale Grundlage für unsere Weinberge sind.

© Generation Riesling

Was ist das Besondere an deinen Weingut?

Das Besondere bei uns ist, dass ich vor drei Jahren, mit 25, das Weingut schon komplett übernehmen durfte. Anders als bei Kollegen in meinem Alter, die oft das Weingut noch zusammen mit den Eltern führen, bin ich seit dem Abschluss für das Weingut verantwortlich. Ohne die Unterstützung meiner Eltern wäre dies natürlich nicht möglich, aber dadurch kann ich einige Entscheidungen vielleicht freier treffen als Kollegen.

Solange es schmeckt, ist alles prima.

Was macht einen hochwertigen Sekt aus?

Im Zweifel immer der Geschmack. Solange es schmeckt, ist alles prima. Aber aus Winzer und handwerklicher Sicht gibt es schon einige Aspekte, die ein gutes Produkt von Massenware unterscheidet. Flaschengärung ist zum Beispiel ein Punkt. Das heißt, dass der Wein die zweite Gärung auf der Flasche macht, sodass die Kohlensäure, die bei der Gärung entsteht, in der Flasche bleibt.

Was bedeutet „brut“ oder „trocken“ beim Sekt?

Brut, trocken oder halbtrocken oder extra brut und so weiter bezeichnet die Geschmacksrichtung des Sekts, also wieviel Restzucker der Sekt hat. Allerdings gibt es hier einen großen Unterschied zum Wein. Ein trockener Wein darf maximal neun Gramm pro Liter Restzucker haben. Hingegen gilt ein Sekt noch als trocken mit bis zu 32 Gramm pro Liter Restzucker. Brut-Sekte dürfen bis zu zwölf Gramm Restzucker haben. Kurz gesagt: Steht bei einem Sekt brut oder extra brut drauf, dann hat er weniger Zucker als ein trockener Sekt.

Was ist der Unterschied zwischen Sekt und Secco?

Ein Secco ist ein Wein, dem „künstlich“ Kohlensäure zugeführt wird. Ähnlich wie bei Wasser, welches gesprudelt wird. Bei Sekt hingegen, entsteht die Kohlensäure durch die Gärung unter Druck, denn Sekt vergärt zweimal. Nach der ersten Gärung wird der Most zu Wein. Im Anschluss füllt man den Sekt mit Zugabe von gelöstem Zucker und einer Hefe in Flaschen (Flaschengärung) oder in drucksichere Tanks (Tankgärung) zur zweiten Vergärung. Die Hefe verarbeitet den Zucker wieder zu Alkohol, dabei entsteht Kohlensäure, die weder aus Tanks noch aus Flaschen entweichen kann- und schwupp schon prickelt's!

Bei der Flaschengärung muss die Hefe nun für mindestens neun Monate in der Flasche bleiben.

Was ist das besondere an der Flaschengärung?

Bei der Flaschengärung muss die Hefe nun für mindestens neun Monate in der Flasche bleiben. Dabei werden die Flaschen über Kopf „gerüttelt“, bis sich die Hefe letztlich im Flaschenhals sammelt. Durch Eintauchen des Flaschenkopfes in Eiswasser gefriert die Hefe. Durch das Entfernen des Kronkorkens schießt die vereiste Hefe durch den hohen Druck heraus. Nun kann man die Dosage dazugeben (z.B. Traubenmost), um die gewünschte Süße einzustellen. Anschließend wird die Flasche erneut verkorkt.

Wie bleibt der Sekt prickelnd?

Am besten, indem man ihn ganz schnell leer trinkt!

Erzähl uns noch von dem Projekt „MILCH“! Finden wir nämlich super!

M!LCH ist ein Herzensprojekt von zehn jungen Winzerinnen und fünf Designerinnen aus Mainz. Wir haben zusammen eine Cuvée kreiert: Löwenanteil ist Riesling, ein wenig Restsüße und spannende Säure. Wirklich ein Wein der einfach Spaß macht. Und der dazu anregen soll, sich mit dem Thema Brustkrebs auseinanderzusetzen. Alle Frauen (und viele Männer) kennen eine Freundin, eine Verwandte oder Bekannte, die sich schon einmal mit diesem Thema auseinandersetzen musste – und dennoch ist es in vielen Köpfen noch nicht allzu präsent.

Die M!LCH, die allein durch den Namen schon für Aufsehen sorgt, soll das ändern- oder wenigstens ein bisschen zum Nachdenken anregen. Deswegen ist die Kapsel der Flasche auch wie eine weibliche Brust gestaltet (ja: sogar mit haptischem Nippel!) und natürlich mit unterschiedlichen Farben- denn Boobs gibt’s in allen Farben. Die Flasche kostet zwölf Euro. Davon geht der Großteil an „discovering hands“, ein Unternehmen, welches sehbehindert Frauen ausbildet Knoten in der Brust zu ertasten. Also: TRINKT MEHR M!LCH!

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