11 Orte für Graffiti, Urban und Street Art in München
Street Art. Diese wunderbar liberale Art der Kunstform. Wo alles zwischen einem häuserüberspannenden Mural und einem hingekritzelten Tag dazugehört. Dieser Satz zeigt übrigens schon relativ schön, dass es auch eine zur Szene dazugehörige Sprache gibt. Die meisten von euch – und wir – wissen gerade noch, dass ein Mural ein großflächiges Gemälde ist, das häufig über ganze Wände gesprayt wird. Oder dass ein Tag weniger Teil der Woche, sondern mehr Teil des Gesamtkunstwerks ist. Wie die gleichnamige Verlinkung auf Social Media, eher eine Signatur der jeweiligen Künstler.
Weder Vorwissen noch Geld entscheiden
Sobald es aber um Crossing (verpöntes Übermalen von Werken anderer Künstler*innen), Bombing (gleiches Motiv, viele Orte, wenig Zeit) oder Wholetrains (das Bemalen einer kompletten Bahn, der erste davon entstand übrigens 1985 in München, Stichwort Geltendorf Train) hilft nur Google.
Kein Problem, ein weiterer Bonus von Street Art ist, dass ihr weder Vorwissen noch Geld braucht, um sie bewundern zu können. Ihr müsst lediglich an den richtigen Orten vorbeischlendern. Und davon gibt es in München deutlich mehr, als der wenig alternative Ruf unserer Stadt vermuten lassen würde.
1. Unter der Brücke am Giesinger Berg
Dass Street Art nicht nur Fingerfertigkeit oder farbenfrohes Geflexe ist, werdet ihr in unserer Liste noch an anderer Stelle sehen, aber wir starten auch direkt damit. Graffitis können nämlich auch aufwühlen oder mahnen. So zu sehen unter der Brücke am Giesinger Berg. Einfach mal vom Kolumbusplatz Richtung Stadion laufen und Gesellschaftskritik in Märchenform bestaunen oder sich an das Drama um das alte Uhrmacherhäusl in Giesing erinnern.
2. Schlachthof(wand)
Das Schlachthofviertel ist vielleicht DAS Viertel für Street Art in München. Nirgendwo sonst gibt es gefühlt so viele Pieces wie zwischen Viehhof und Sendling. Als Epizentrum gibt es dann noch die berühmte Wand in der Tumblinger Straße, für Sprayer*innen ein legaler Ort zum Toben. Ständiger Wechsel der Pieces inklusive. Und dann wäre da noch das Bahnwärter-Gelände, welches eh als eigene Ausstellung durchgehen könnte.
3. Werksviertel
Von einem Viertel zum nächsten. Zumindest quasi. Auch wenn das Werksviertel kein offizieller Stadtteil ist, so fühlt es sich mit seinen Containern, Dachschafen und – aus Gründen – Riesenrad schon nach einem eigenen Bezirk an. Dem der verspielten Büromenschen, der urbanen Chaoten, des kunstschaffenden Volks. Der Leute also, die Graffiti produzieren und auch feiern. Die Dichte der Street Art ist hier dementsprechend groß.
4. Von-der-Tann-Straße
Ein Name, der eigentlich immer fällt, wenn es um Münchner Sprayer geht, ist Loomit. Der war nicht nur damals beim Geltendorf Train dabei, er deckt auch so einige Wände der Münchner Gegenwart ab – und das private Badezimmer vom ehemaligen OB Ude. Wer nicht zum engeren Freundeskreis von Christian Ude zählt, dem sei beispielsweise die Unterführung zwischen Einser und Odeonsplatz geraten. Dort verstecken sich König Ludwig I. – und die Sissi.
5. SWM Umspannwerk
Hier gibt es einen klassischen 2-for-1-Deal – und einen weiteren Beleg für die politische Aussagekraft von Street Art. Das Umspannwerk in Obergiesing zieren nämlich gleich zwei riesige Murals. WON ABC hat dort auf der Nordfassade eine Hommage an den Fluxus-Künstler und seinen Lehrmeister Robin Page a.k.a. Bluebeard gefertigt. Die angrenzende Wand Richtung Osten zeigt – ebenfalls von WON – eine Würdigung verschiedener Münchner Revolutionär*innen wie Kurt Eisner, Sarah Sonja Lerch oder Erich Mühsam.
6. Galerie am Candidplatz
Von der Silberhornstraße runter zum Candidplatz, von seinen Besuchern und Bewohnern auch liebevoll "Cande" genannt. Dort lohnt ein Blick auf die Säulen unter der Brücke am U-Bahnhof. Diese wurden 2014 von international anerkannten Künstler*innen in Zusammenarbeit mit der Stadt und dem MUCA (Museum of Urban and Contemporary Art) gestaltet. Die Bürgerinitiative "Mehr Platz zum Leben" engagierte für die Cande Künstler*innen wie Sebastian Wandl, l.e.t., Case, Herakut (hier zu sehen), Lapiz aus Neuseeland, Rone aus Australien und die „Klebebande“ aus Berlin.
7. Brudermühlbrücke
Bleiben wir bei Brücken. Genauer gesagt darunter. Auch wenn wir gerne von oben auf den Fluss oder das Kraftwerk blicken, ist unten manchmal mindestens so viel geboten. Speziell bei der Brudermühlbrücke. Hier wechseln sich seit Jahren junge und lokale Künstler*innen bei der Gestaltung der Brückenpfeiler ab.
8. Mural am Gärtnerplatz
Ja, ok, direkt am Gärtnerplatz ist es natürlich nicht. Wo auch? Am Theater? Nein, das Mural vom spanischen Künstler Liqen ist in der Corneliusstraße. Wäre es wirklich am Gärtnerplatztheater, würden wir uns vielleicht nicht jedes Mal hinter der Robinson Bar so wundern, wie wir dieses grandiose Gemälde vergessen konnten. Wobei das Vergessen wahrscheinlich eh etwas mit Robinsons Trinkhöhle zu tun hat.
9. Donnersbergerbrücke
War da was mit Brücken? Egal. Die Donnersbergerbrücke wäre insgeheim ja gerne die Hackerbrücke, vor allem wenn die Sonne auf- oder untergeht. Stattdessen fahren auf ihr nur viele Autos und nebenan präsentiert Mercedes: noch mehr Autos. Aber wie Sendling, das manchmal gerne Dreimühlenviertel wäre, hat sie dafür immerhin mehr Subkultur. Sichtbar in Form der Freiluftgalerie Donnersbergerbrücke zwischen den Bahngleisen und der Arnulfstraße.
10. Munich Art District
Direkt an der Berg-am-Laim Str. 117 leuchtet seit Oktober das neue über 300 Quadratmeter große Mural des Künstlers Christian C100 Hundertmark, das er zusammen mit seinem Kollegen Sebastian Wandl geschaffen hat. Passend zum Kaufland erschuf C100 eine farbenfrohe und moderne Interpretation von Lebensmitteln, die in kräftigen Blau- und Rot-Tönen hoch über dem Munich Art District leuchten. Das Ziel dieses Projekts ist es, das Gewerbegebiet rund um die Neumarkter Straße in ein dynamisches, attraktives Stadtquartier zu verwandeln, in dem Kunst im Stadtbild erlebt werden kann.
11. Mural am Südfriedhof
In einer Nebenstraße vom alten Südfriedhof Richtung Goetheplatz befindet sich ein ganz besonderes Mural. Nicht nur trägt das schöpfende Kollektiv einen der schönsten Namen der Szene, Jukebox Cowboys. Nein, es ist auch in Zusammenarbeit mit dem gemeinnützigen Kunstverein "Positive Propaganda" entstanden. Dieser Verband hat es sich zur Aufgabe gemacht, frei von wirtschaftlichen Interessen, in engem Austausch mit den wichtigsten Akteuren der Street Art Bewegung, diesen wichtigen Teil internationaler Kunstgeschichte kritisch, reflektiert, fundiert, aber vor allem authentisch zu dokumentieren und wiederzugeben. Oder wie hier in Kollaboration mit besagten Protagonisten in München nach den 1980er-Jahren wieder ein Stück europäische Kunstgeschichte zu schreiben. Wenn ihr mehr über Street Art wissen wollt und wo man sie findet, dann sei euch auch ihre Karte empfohlen.