Flaniervergnügen: Ein Spaziergang durchs Westend

Das Westend ist ein Mikrokosmos. Einigen wahrscheinlich nur als Transit-Zone während des Wiesn-Wahnsinns bekannt, kann das Viertel aber noch viel, viel mehr. Gut gelegen im Westen der Stadt ist es eigentlich super nah am posh Munichlife, das Feeling im Viertel ist aber ein vollkommen anderes: Menschen tragen Jogginghosen, man grüßt einander, alle sind entspannt, keine Bentleys auf den Straßen. Kurz gesagt: Es ist wie Urlaub. Zur Wiesnzeit sieht das natürlich ein bisschen anders aus, aber selbst den heftigsten Touri-Clash steckt das Viertel gelassen weg. Höchste Zeit also, der Hood einen Besuch abzustatten. Das Westend ist nämlich im Kommen – seit zehn Jahren, und jetzt wirklich!

Obacht: Aufgrund von Corona wechseln die Öffnungszeiten gerade häufig, schaut vorher am besten auf den jeweiligen Websites und Social Media Kanälen nach. Und eh klar: Maske nicht vergessen & Abstand halten und die aktuellen Kontaktbeschränkungen und Maßnahmen beachten. Merci!

1. Stopp: Bagel-Brunch

Wir starten das Flaniervergnügen an der U-Bahn-Station Schwanthalerhöhe. Direkt ums Eck wartet nämlich ein herrliches Frühstück To Go!

onofrio's
© Onofrio's

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Bagels und den besten Kaffee beim Onofrio's mitnehmen

Man munkelt, das Onofrio's hätte den besten Kaffee im Viertel! Was allerdings fest steht: Der Laden hat unfassbar köstliche und gut aussehende Sandwiches, Bagels, Paninis und Foccacias – auch in vegan mit Avocado, Artischocken und gerösteter Paprika. Fleischessende greifen dagegen mittwochs zur Pastrami-Variante, die ist auch über die Grenzen des Westends hinaus bekannt. Der kleine Laden ist hübsch gemacht, aber am besten zum Essen mitnehmen in den Bavariapark geeignet, denn hier gibt's so gut wie keine Sitzmöglichkeiten.

Von dort geht's Richtung Süden – vorbei an der unendlichen Treppe des Künstlers Olafur Eliasson in der Ganghoferstraße. Danach scharf rechts und vor uns liegt Entspannung pur: Jeder echte Westend-Touri muss den Bavariapark besucht haben. Also je nach Gusto die von der Außenwelt abgeschirmte Wiese des Parks als Frühstücksspot nutzen oder den Blick über die momentan leere Wiesn schweifen lassen und sich beim Frühstück unter der Bavaria fühlen wie der*die König*in von Bayern.

2. Stopp: Königliches Feeling im Bavariapark

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Die Slow-Living-Queen: Der Platz am Bavariapark

Kinder rennen um die Wette, Pärchen strömen in den Biergarten, Geschäftsfrauen und -männer aus den Bürogebäuden. Zur Feierabendzeit wuseln sie alle kreuz und quer über den Platz vor dem Münchner Verkehrsmuseum direkt neben dem Bavariapark. Dabei erinnert die viereinhalb Meter hohe Schnecke – ein Bau-Projekt der amerikanischen Künstler Jason Rhoades und Paul McCarthy – einen eigentlich daran, es langsam angehen zu lassen. Also ein paar Gänge runter schalten, Sitzplatz suchen, Cider aufmachen und den Abend gemütlich ausklingen lassen.

Wer die volle Drohung Natur will, kann weiter flanieren in den Max-Hirschberg-Weg, vorbei an den unsagbar hässlichen orangen Wohnblöcken, die an eine Feriensiedlung aus den 70ern in Jesolo erinnern und den Westteil des Westparks ansteuern. Weil da sehr viel „West“ drinsteckt, tun echte Westendler einfach so, als wäre das noch Teil ihres Königreichs, und nicht des in weiter Ferne liegenden Sendlings. Dort gibt es nicht nur Natur, sondern auch die entspannteste Terrasse Münchens.

3. Stopp: Durch den wilden Westpark streifen

Café Gans am Wasser
© Café Gans am Wasser

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Durch den Westpark flanieren und Tee trinken im Gans am Wasser

Der Westpark ist sozusagen der Englische Garten von Sendling, wobei hier alles ein bisschen entspannter zugeht. Wenn sich im Herbst alle Blätter bunt färben und der ganze Park in goldenes Licht getaucht ist, spaziert es sich hier gleich noch viel schöner. Danach kehrt man am besten ins Café Gans am Wasser ein. In dem süßen Bauwagen-Café direkt am Wasser kann man sich mit Kaffee und Tee aufwärmen, noch ein letztes bisschen Herbstsonne aufsaugen oder abends gemütlich um die kleinen Feuerstellen sitzen. Dazu gibt's Spritz, Burger und die besten Pommes Münchens. Sonntags sind hier immer wieder kostenlose Konzerte, denen ihr lauschen könnt. Gibt's ein besseres Programm für den Wochenausklang? We doubt it!

Wir drehen die Runde um den Mollsee und spazieren zurück Richtung Ganghoferstraße. Der nächste Programmpunkt: Marktfeeling im Dorf-Style.

4. Stopp: Stöbern am Bauern- oder Flohmarkt

Wochenmärkte München
© Unsplash

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Märkte auschecken am Georg-Freundorfer-Platz

Spielplatz, Tischtennis-Arena und Marktplatz in einem: Der Georg-Freundorfer-Platz glänzt vielleicht nicht durch bestechende Schönheit, dafür liefert er richtig Action. Jeden Donnerstag findet hier der kleine, lokale Bauernmarkt statt, der alle Schweinereien anbietet, die das Food-Herz begehren: Von halbem Hendl bis Marmorkuchen. Sofern es die Corona-Lage zulässt, ist der kleine Park außerdem Schauplatz für Flohmärkte, wo Trüffelschweine ein- bis zweimal im Monat mit etwas Glück ziemlich ausgefallene Stücke aus den letzten Winkeln der Westend-Keller finden können. Mehr Infos zu den Marktzeiten findet ihr hier.

Dann erstmal abbiegen Richtung inoffizieller Hipster-Meile: die Parkstraße wartet! Dafür die Kazmairstraße ansteuern und bis zur Ecke Parkstraße laufen. Hier tummeln sich Cafés, Restaurants und Concept Stores. Und apropos Stores: Wer in der entspanntesten Hood der Stadt unterwegs ist,  braucht natürlich auch eine entsprechende Uniform. Die gibt's zum Beispiel hier:

5. Stopp: Hip Hipster Horray in der Parkstraße

Parke6 Westend
© Ida Heinzel

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Durch kleine Boutiquen wie die Parke6 stöbern

Natürlich hat das Westend keine Einkaufsmeile, aber die Wege sind ja kurz im Viertel. Es wird nicht lange dauern, bis ihr vor einer der kleinen Boutiquen stehen bleiben müsst. Wirklich müsst, denn eure Augen werden leuchten vor Freude: Hier gibt es keine Massenmode auf Plastikkleiderbügeln, zusammengepfercht auf unansehnlichen Metallstangen. Nein, hier im Viertel ist fast jeder Laden ein bis ins Detail aufgehübschtes Unikat. Weit weg vom Teure-Hemden-und-Uhren München, dafür nah an Berlin-Kreuzberg. Für schicke Männerklamotten ist Brosbi / The Gallery eine gute Adresse, eine riesen Secondhand-Auswahl gibt es bei Herrenabteilung/Damenabteilung und für eine Labels aus München und Schweden geht ihr in die Boutique parke6.

Na, in Shoppinglaune? In der gleichen Ecke hat es sich kürzlich ein neuer Concept-Store gemütlich gemacht, der A Happy Place Store!

6. Stopp: Durch schöne Dinge stöbern

A Happy Place Westend
© Ida Heinzel

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Tolle Produkte spannender Künstler*innen bei heißeliebe finden

Gut möglich, dass man hier mal eben ein Monatsgehalt liegen lässt: Der heißeliebe-Store (ehemals A HAPPY PLACE) ist in die Parkstraße gezogen und bietet alles, was das Hipster-Herz begehrt: egal ob Geschenke an andere oder sich selbst, Interior-Juwelen oder Statement-Shirts. Der Name ist hier Programm: Besitzerin Phaedra vertreibt Brands wie ADIEU CLICHÉ Studio, Keramik von Annika Schüler oder wunderschöne handgeknüpfte Teppiche aus Marokko. Das Beste daran: Der größte Teil des Gewinns geht direkt an die Labels, die Kosten des Ladens sind so kalkuliert, dass die Kreativität richtig entlohnt wird. Noch mehr Infos über die Labels und die Öffnungszeiten der Shopping-Oase in der Parkstraße findet ihr hier.

Wer (wie wir) zu den Mehrgang-Frühstücker*innen zählt, braucht jetzt bestimmt was Süßes. Von der Parkstraße geht's nach rechts in die Schwanthalerstraße, dort wartet mit dem bean batter ein kleiner Food-Heaven.

7. Stopp: Waffel-Päuschen

Bean + batter
© Bean + batter

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Super Kaffee und herzhafte Waffeln im bean batter bestellen

Einer der besten Kaffee-Places der Stadt – das Standl 20 am Elisabethmarkt – hat eine neue Location eröffnet: das bean batter im Westend. In dem wahnsinnig ästhetisch aussehenden Café gibt's zum einen sehr feinen Kaffee, wie im Standl 20 in den verschiedensten Ausführungen, von Cold Brew bis Flat White. Außerdem warten leckere Waffeln auf euch – und das auch in herzhaft: mit Avocado, Ei und Bacon oder Rote-Beete-Chutney, Estragon und Ziegenkäse. Auch unser Lieblingskatergericht Shakshuka steht auf der Karte – ein super Frühstückstipp!

Frisch gestärkt die hiesige Kunstszene klar machen – Corona-freundlich natürlich. Das geht easy im Westend, besonders in der Schwanthaler- und der Westendstraße, wo es an jeder Ecke was zu entdecken gibt. Inklusive verwunschener Häuser, die auch dem letzten Teil von Harry Potter entsprungen sein könnten.

8. Stopp: Open Air Kunst gucken

Munich Walls: Dieses Buch dokumentiert die Streetart-Szene in München
© Martin Arz

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Streetart bestaunen in der Westendstraße

Streetart und Murals von verschiedenen Künstler*innen findet man beim Flanieren im Westend an fast jeder Ecke. Zuletzt wurde die Streetart ergänzt durch ein ziemlich mächtiges Abbild einer Streichholzschachtel des Künstlers NoName, der vom Kollektiv „Positive Propaganda“ eingeladen wurde, die Ecke zu gestalten. Dass ausgerechnet das Westend Schauplatz für Murals aller Art bietet, wundert niemanden: Das Viertel ist durch die querbeet gemischten Bewohner aus allen Alters- und Einkommensschichten vielfältig wie kaum ein anderes. Daher ist hier die Toleranz gegenüber alternativen Gestaltungsansätzen auch höher und die Kreativität hat Platz um zu sprießen.

Dann geht’s weiter, die Bergmannstraße runter zum nächsten Plätzchen, an dem immer, wirklich immer was los ist.

9. Stopp: Cornern am Gollierplatz

Gollierplatz
© Lilli Wermuth

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Menschen beobachten am Gollierplatz

Hier trifft sich das Westend: Familien mit Kindern, Rentner*innen beim Boule spielen, Jugendliche und die verschiedensten Glaubensgemeinschaften tummeln sich. Ein Schmelztiegel der Kulturen quasi. Am Gollierplatz lässt es sich gut mit Blick auf die ziemlich mächtige St.-Ruppert-Kirche abhängen oder auf die Allee, die sich hervorragend anbietet, um das vorbeiziehende Volk zu beobachten. Ein Platzerl an der Tischtennisplatte findet sich auch jederzeit. Mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, ist hier sowieso kein Problem. Heiße Themen: Genossenschaftswohnung, Gentrifizierung, Wiesn. Klappt immer, versprochen.

Weil allerdings kein Besuch im Westend vollständig ist, ohne sich ein Menü in der asiatisch-kulinarischen Hochburg des Viertels zu gönnen, geht’s jetzt die Gollierstraße entlang bis zur Ligsalzstraße – zu SAM sushi and meat!

10. Stopp: Sushi auf die Hand

© SAM – Sushi and Meat

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Sommer, Sushi, Sonnenschein im SAM im Westend

Was haben wir uns im März 2018 gefreut, als in das große Lokal an der Ligsalzstraße 30 mitten im Westend ganz neues Leben eingekehrt ist. Und zwar nicht die nächste Döner-Pizza-Bude, sondern ein brandneuer Sushi- und Ramen-Laden. Der hat uns nicht nur mit den Fusion-Rolls und lecker Suppen, sondern auch mit seinem provisorischen Charme überzeugt. Wir sagen nur: Zeitungstapete! Dann wurde es allerdings trotzdem Zeit für ein paar Baumaßnahmen, aber gute drei Monate später war das SAM zurück und erstrahlte – zum Glück – in altem, neuen Glanz. Die Tapete ist geblieben und die alten Fenster sind neuen, offenen Fensterfronten gewichen. Das größte Schmankerl allerdings waren die vielen Außenplätze, die dazu kamen und uns den Sommer von nun an versüßen!

Bock auf ein kleines Andenken ans Flaniervergnügen im Westend? Dann noch schnell zu Petra Müller Blumen, die die schönsten nachhaltigen Sträuße bindet, die man in ganz München finden kann:

11. Stopp: Florale Freuden als Andenken

Blumenstrauß Blumen Rosen Pfingsrosen
© Unsplash | Lizzie

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Sich bei Petra Müller Blumen nach einem Strauß umsehen

Gleich dreimal beehrt uns Petra Müller mit ihrem einzigartigen Blumen-Geschäft in München. In der Bergmannstraße im Westend, im Oberpollinger sowie in der Fraunhoferstraße findet ihr wunderschöne, faire Blumen, die Petra und ihr Team größtenteils bei heimischen Gärtner*innen und kleinen Betrieben beziehen. In der Kazmairstraße gibt es noch dazu ein Büro speziell für Hochzeiten und Events. Schon seit über dreißig Jahren ist Petra Floristin, hat in Kanada und New York gelebt. Seit 2007 ist sie zurück und hat den ersten Laden im Westend eröffnet.

Ihr wollt noch weiter flanieren? Wie wäre es mit einem Spaziergang durch Haidhausen?

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