Kasspatzen meets Hip-Hop: Die neue Spezlwirtschaft in Sendling
Das große Dorfgefühl ist eines dieser Klischees, die man München gerne unterstellt. Die sich aber, wenn man gerade erst in die Stadt gezogen ist und sie einem noch groß vorkommt, gar nicht so wahr anfühlen. Es braucht ein paar Jahre, in denen man bestimmte Momente oft genug erlebt, um sie als typisch München einzuordnen. Vermutlich bin ich jetzt lange genug hier, denn als ich mit Philipp vor seiner Wirtschaft in Sendling sitze und er alle paar Minuten Vorbeifahrende mit einem Kopfnicken und einem "Servus" grüßt, liegt es mir brennend auf der Zunge: "München ist doch echt ein Dorf." Philipp lacht und meint, dass das in Sendling auf jeden Fall so ist.
Spinatknödel & Retro-Charme
Große Dorfgefühle also. Hier in Sendling gibt es sie seit neuestem auf eine gute Großstadt Art: Mit einer Wirtschaft, in der es deftige Kaasspatzen und veganes Apple Crumble gibt, wo Hip-Hop läuft und wir auf blau-weißen Retro-Stühlen sitzen. Dass das Konzept der Spezlwirtschaft funktioniert, wissen wir schon seit ein paar Jahren. Seit Philipp und die Jungs das Restaurant neben ihrem Club, dem Crux, übernommen haben und dort verwirklichten, was sie selbst in München vermisst haben: Eine Wirtschaft, die alles ist – nur nicht altbacken und konservativ!
Aus dem Thema Club-Betrieb bin ich ein bisschen rausgewachsen.Philipp Hanrieder – Betreiber der Spezlwirtschaft
Die Feierei am Ende des Crux-Zeitalters, kam einer ewigen Silvesterparty zum Jahrhundertwechsel gleich. Aber so ist das mit dem Verabschieden: Je endgültiger, desto länger muss die Feier gehen. Und mit dem Crux ist es nun mal endgültig vorbei, zumindest für Philipp. "Aus dem Thema Club-Betrieb bin ich ein bisschen rausgewachsen", meint Philipp. Aber auch, dass er sich jetzt voll auf seine Wirtschaften konzentrieren will. Hip-Hop hört man im neuen Restaurant jetzt eben nicht mehr vom Club nebenan, sondern aus den Boxen. "Das war gar nicht die Frage, ob ich wieder eine Spezlwirtschaft aufmache. Das Konzept funktioniert, es macht mir Spaß und ich habe schon ein Team zusammen." Als Vierer im Lotto kam dann auch noch die Location dazu und der neue Traum war fast perfekt.
Die neue Spezlwirtschaft hat ihr Zuhause in Sendling gefunden, an der Ecke Impler- und Oberländerstraße. In einem Viertel, in dem Philipps Familie schon seit Generationen wohnt und er aufgewachsen ist. Am 2. März 2020 wurde der Vertrag unterschrieben, zwei Wochen später kam Corona. Aber selbst davon hat sich das Team der Spezlwirtschaft nicht unterkriegen lassen. Sie haben die Zeit genutzt um die Wirtschaft zu renovieren und waren pünktlich zu den Lockerungen startklar. Am Mittwoch nach der Eröffnung war ich zu Besuch, saß in der Sonne und konnte mir zum ersten Mal in meinem Leben gut vorstellen Stammgast in einer Wirtschaft zu werden. Da wurde mir aber leider ein Strich durch die Rechnung gemacht, denn die Tische waren ausnahmslos ausreserviert.
Dass die Spezlwirtschaft in Sendling so gut angelaufen ist, schreibt Philipp seinem Stammpublikum aus der Altstadt und Haidhausen zu. Vielleicht liegt es aber auch einfach daran, dass die Spezlwirtschaft zu Sendling passt wie Käse zu Spätzle: So gut, dass man es sich gar nicht mehr anders vorstellen kann. Und wenn wir mal ehrlich sind, kann Sendling ein bisschen Hip-Hop und Retro-Charme ganz gut gebrauchen.
Das war gar nicht die Frage, ob ich wieder eine Spezlwirtschaft aufmache. Das Konzept funktioniert, es macht mir Spaß und ich habe schon ein Team zusammen.Philipp Hanrieder
An der Karte hat sich bis auf das vegane Apple Crumble, das neu dazu gekommen ist, nichts verändert – wieso auch, wenn das Konzept passt? Das heißt ihr könnt in der Sendlinger Spezlwirtschaft das gleiche gute Essen genießen wie in der Spezlwirtschaft in Haidhausen. Ihr bekommt also in beiden Spezlwirtschafen weiterhin leckere Kaasspatzen, Wiener oder Kohlrabi Schnitzel, Spinatknödel, Rahmfleckerl als Vorspeise oder wenn ihr es mal fancy wollt: Beef Tartar. Einziger Unterschied: Jedes der beiden Restaurants hat jetzt eine eigene Wochenkarte. Gekocht wird mit regionalen Produkten von lokalen Händler*innen und das schmeckt man einfach!
Ja zur Tradition, yeah zum Fortschritt
Dazu gibt es natürlich Bier von Löwenbräu, aber auch tolle Weine, denn Philipp hat seine Ausbildung zum Sommelier angefangen. Zum Beispiel gibt es den "Spezl" Riesling von Villa Wolf und den "Spezl" Blaufränkisch von Karl Haidle. Auch hier spielt die Regionalität eine Rolle: 70 Prozent der Weine kommt aus Deutschland, der Rest aus Österreich und Italien. Die Bar ist aber nicht nur gut gefüllt mit Wein und Bier, sondern auch mit allerhand anderen Drinks, denn die Spezlwirtschaft sagt ja wie wir wissen gerne: "Ja zur Tradition, yeah zum Fortschritt".
Solltet ihr also demnächst in Sendling unterwegs sein, dann stattet der Spezlwirtschaft einen Besuch ab. Oder besser noch, wartet nicht darauf, dass ihr zufällig nach Sendling stolpert, sondern reserviert vorher und fahrt mit Absicht hin – lohnt sich! Für das fabelhafte Essen, die Drinks, die Musik und für das gute Stück Dorfgefühl.
Vegetarisch // Das Kohlrabischnitzel, der Salat mit Kräutersaitlingen, Spinatknödel und Kaasspatzen, das Apple Crumble ist sogar vegan.
Mit wem gehst du hin // Mit Freund*innen für einen fulminanten Abend, mit deinem Date, deinen Eltern, deinen Großeltern: Mit allen, weil sich hier jede*r wohlfühlen kann.
Preise // Vorspeisen ab 5,50 Euro, Hauptgang zwischen 12,80 und 32 Euro, Helles für 3,40 Euro, Glas Wein ab 3,50 Euro (0,1 Liter).
Besonderheit des Ladens // Tradition meets Hip-Hop & Retro-Charme.
Spezlwirtschaft Sendling | Implerstraße 47, 81371 München | Dienstag – Samstag: 16.00–22.00 Uhr, Montag & Sonntag: Ruhetag | Mehr Info
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