11 Tage Joggen gehen an der Isar – mit dem Ziel: ein 11-Kilometer-Lauf

© Ramona Dinauer

Joggen bedeutet für viele Menschen pure Entspannung, ein Highlight am Ende einer langen Schicht oder der perfekte Start in den neuen Tag. Die Symbiose aus Bewegung und Zeit für sich und die eigenen Gedanken. Für mich war es genau das einmal auch, aber dank Umzugschaos und meinem zu vergnügten Lebensstil, hatte ich nicht mehr die Zeit und die Musse fürs Joggen. Die Laufschuhe zu schnüren, ist nicht mehr mein größter Glücksmoment und es ist ewig her, dass ich wirklich mit Freude Laufen war. La dolce far niente ist mir wichtiger geworden als der Sport. Und das ärgert mich.

Das ist auch der Grund, wieso ich mich auf diesen Selbstversuch eingelassen habe: Ich will dieses Glücksgefühl spüren, will einfach richtig schwitzen und die Extase fühlen, wenn ich mein Ziel erreicht habe: einen 11-Kilometer-Lauf schaffen!

1. Tag – die Motivation lacht mir ins Gesicht

Hallo erster Tag. Wie herrlich lacht die Sonne vom Himmel. Ich bin ausgeschlafen und ich bin motiviert, meine erste große Runde an der geliebten Isar zu drehen. Also ab ins sportliche Outfit und eine feine Playlist auf die Ohren. Ich war lang nicht mehr Laufen, aber es fühlt sich gut an. Langsam, aber konstant. Ich hab Zeit, ich hab Spaß und freu mich in diesen 11 Tagen irgendwann mal 11 Kilometer zu laufen.

2. Tag – Erst Laufen, dann Arbeiten

Erst mal aufwachen, Kaffee machen und dann wieder ab ins Bett. Halt. Da stehen so gelbe Laufschuhe auf meinem Weg zurück ins Schlafzimmer, die mich voller Motivation anstrahlen. Stimmt, da war was. Dann schnell Kaffee exen und los geht die muntere Runde. Vier Kilometer (mehr Zeit hatte ich einfach nicht) und eine stressige Dusche später sitze ich im Büro.

3. Tag – Und da kam der Regen

Irgendwie liefen die ersten Joggingrunde zu gut und irgendwie fehlt mir der Muskelkater in den Waden. Und deswegen hab ich gestern noch ganz groß verkündet: "Easy lauf ich bald einen Marathon". Diese Euphorie wurde mir heute Morgen dann irgendwie genommen. Weil es draußen regnet. Und nicht nur ein wenig, sondern in Strömen. Aber was soll's! Ab nach draußen. Nach Kilometer eins bin ich bis auf die Unterhose nass. Mir ist kalt. Ich drehe um. Mein Freund öffnet mir die Tür mit den Worten "Duschen musst du jetzt immerhin nicht mehr".

4. Tag – Nicht schon wieder

© Katharina März

Nach dem Reinfall gestern beginnt heute der vierte Tag. Das ist noch nicht mal Halbzeit, aber es fühlt sich echt blöd an, wenn der Freund noch mit Nutella-Toast im Bett chillt, während ich mich nach draußen schleppe und meine frühmorgendliche Joggingrunde absolviere. Heute mal Richtung Flaucher. Vielleicht motiviert mich eine neue Strecke. Aber irgendwie will das so früh vor dem Frühstück gar nicht und ich bewege mich nach nur vier Kilometer wieder nach Hause. Will auch Nutella und Toast mampfen. Ich hab Zweifel, ob ich diese 11 Kilometer jemals schaffen werde.

5. Tag – München mit anderen Augen sehen

Gestern hatte ich keine Motivation, dafür heute umso mehr. Mein Ziel: einfach laufen. Ich habe so viel Gedanken in meinem Kopf, die ich loswerden will. Also ab an die Isar und die Umgebung genießen! Zuerst an der Wittelsbacherbrücke vorbei, dann Reichenbachbrücke hinter mir lassen und immer weiter Richtung Friedensengel. Ich laufe und laufe munter vor mich hin und sehe München heute mit anderen Augen. Nehme mir bewusst Zeit und merke mal wieder, wie wunderschön diese Stadt ist!

6. Tag – Die Beine tun mir weh

Heute ging einfach mal gar nichts. Meine Beine tun weh. Die Waden und meine Oberschenkel fühlen sich schwach an. Kein Wunder, wenn man täglich Joggen geht und abends dann noch auf einen Spaziergang mit der besten Freundin verabredet ist. Da gabs dann halt doch wieder so viel zu erzählen, dass wir halb München zu Fuß abgelaufen sind: vom Glockenbach bis zur Münchner Freiheit und wieder zurück durch den Englischen Garten. Deswegen heißt es für mich heute Jogging-Pause und stattdessen ein wenig Yoga. Sorry.

7. Tag – Laufen macht wirklich glücklich

Der siebte Tag ist angebrochen. Ich fühle mich wie im verflixten siebten Jahr einer Ehe. Ist es nicht immer so, dass da alles schief läuft? Bei mir heute irgendwie auch. Zuerst war die gute Hafermilch für meinen geliebten Morgenkaffee leer. Dann hab ich mich beim Versuch, neue zu kaufen, ausgesperrt. Die Rettung kam dann aber schneller als gedacht und ich hatte tatsächlich noch Zeit für eine Runde Joggen. Grantig bin ich losgelaufen und irgendwie hat dann die Sonne in mein Gesicht geschienen und meine Sommersprossen haben Samba getanzt. Laufen kann wirklich happy machen.

8. Tag – Warum immer nur Joggen?

Ich merke wirklich, wie ich wieder fit werde. Klar ist es eigentlich nicht sinnvoll, den Körper täglich mit derselben Bewegung zu belasten und irgendwann nervt es auch, immer nur Joggen zu gehen. Ich hätte einfach mal wieder Lust auf einen Yoga-Tag oder ein Workout oder einfach einen Restday, wie die ganzen Fitness-Influencer*innen immer sagen. Aber egal, wie nervig es sein mag, es tut sich was. Ich kann easy wieder fünf Kilometer rennen, ohne in Schnappatmung auszubrechen. Und das ist ja wirklich ein Erfolg. Jetzt nur noch die 11 Kilometer schaffen...

9. Tag – Der Sonntag ist mir heilig (eigentlich)

Sonntag schreit einfach nach Sofa, gutem Essen und ganz viel Entspannung. Und wenn ich darauf keine Lust habe, dann will ich auf Open Airs durch München tanzen oder an der Isar sein. Aber mei, dann geh ich halt wieder Laufen. Ist ja mittlerweile schon eine Routine. Heute hatte ich mir die 11 Kilometer vorgenommen. Dafür hab ich die Laufschuhe erst am Nachmittags geschnürt. Leider bin ich bei Kilometer neun ganz zufällig an meinem Zuhause vorbeigekommen.

10. Tag – Neue Woche, neue Runde

© Katharina März

Die neue Woche startet und ich bin mal wieder mit meinem morgendlichen Run am Start. Heute grüßt mich sogar der alte Mann mit seinem Hund, den ich jeden Tag unter der Woche um diese Uhrzeit sehe mit einem herzlichen "Mei Griaß dia. So sportlich scho wieda!" Da war meine Motivation sofort da! Sportlich hat er mich genannt. Ich bilde mir darauf natürlich nichts ein, aber irgendwie waren meine Füße heute leichter als sonst und ich bin nur so über den Kies geflogen. Und ich hab die 11 Kilometer geknackt. Einfach so! "Einen Tag früher als geplant", grinse ich meinen Freund stolz an. I made it!

11. Tag – Ich will dieses Gefühl immer spüren

Heute ist der letzte Tag meines Experiments. Irgendwie fühlt es sich an, als würde ich das letztes Mal meine Laufschuhe anziehen, was natürlich totaler Quatsch ist, weil wer verbietet mir weiter zu laufen? Ich ziehe die Tür hinter mir zu, trete auf die Straße und atme die frische morgendliche Luft ein, die schon ein wenig nach Herbst schmeckt. Ich schaue kurz auf mein Handy und laufe Richtung Isar, die fast menschenleer ist. Heute laufe ich einfach so weit wie ich will. Einfach noch einmal laufen. Will die Freiheit spüren, die ich immer habe, wenn ich an der Isar entlang jogge. Den Wind in den Haaren und den leichten Schmerz in den Waden. Ich will laufen, laufen, laufen. Nach diesen 11 Tagen noch viel mehr als davor!

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