Mein Lieblingsort in München: Der Flauchersteg
Wir empfehlen jeden Tag jede Menge toller Locations, ausgesucht von uns und unseren Autor*innen. Und trotzdem hat jede*r von uns dieses eine immer gleiche Café, in dem er oder sie schon seit Jahren draußen seinen Cappuccino trinkt, den einen See, an den man immer wieder fährt und von dem man einfach nicht genug bekommt oder diese eine Ecke der Stadt, die das Herz jedes Mal aufs Neue höher schlagen lässt. Hier kommen unsere ganz persönlichen Lieblingsorte in München. Heute erzählt uns Sandra, warum für sie der Flauchersteg der perfekte Spot ist zum lauten Nachdenken und Entenbeobachten.
Wasser ist mein Element. Es hat eine unglaublich starke Anziehungskraft auf mich. Seit ich dank eines Schwimmkurses meine Angst davor als Fünfjährige verlor und meine Schwimmflügel an den Nagel hing, finde ich es super. Ich kann gefühlt Stunden am Rand der Isar sitzen und einfach nur auf die unruhige Wasseroberfläche starren.
Am Flauchersteg habe ich mein Platzerl gefunden, an dem es tost, braust und staubt.
Hauptsache am Wasser, dachte ich mir anfangs. Dann radelte ich von der Reichenbachbrücke, dem Isar-Hotspot, immer weiter flussaufwärts. Vorbei an der Weideninsel, unter der Wittelsbacher Brücke hindurch, die verkehrslärmende Brudermühlbrücke hinter mir lassend, bis zum Flauchersteg. Hier habe ich mein Platzerl gefunden, an dem es tost, braust und staubt. Wo die Thalkirchner Überfälle alles geben, um jedes Wort zu überdecken, um es in den Wassermassen zu verschlucken. Der angenehmste Lärm Münchens.
Eine Schüttelpartie mit dem Fahrrad
Der genau 340,50 Meter lange Holzsteg verbindet die Flaucherinseln miteinander und egal von welcher Seite man kommt, an beiden Seiten steht ein Kiosk. Perfekt. Und dann geht das Geholper los: Wer den Steg schon einmal mit dem Fahrrad überquert hat, kennt das Durchgeschüttel. Metallbalken mögen zwar für die nötige Stabilität der Holzbrücke sorgen, aber auch für Angst, dass sich sämtliche Utensilien aus dem Fahrradkorb auf dem Steg verteilen. Ich riskiere die Fahrt trotzdem immer wieder, geht eben doch schneller und noch ist nie etwas aus dem Korb gefallen.
Münchens Nackerte und sportliche Schwimmenten
Vom Steg führen mehrere Treppen hinunter auf die Kiesbänke. Je nach Gusto, mentaler Verfassung, mit Freund*innen oder alleine, Lust auf Grillgeruch (obwohl, dem kommt man hier nicht aus), kann man sich auf unterschiedlichen Plätzen niederlassen. Aufpassen muss man nur, wo man runtersteigt. Münchens Nackerte bruzeln ungeniert im FKK-Bereich und lassen sich auch vom stark frequentierten Steg nicht stören. Nein, nicht nur im Sommer. Jeder Sonnenstrahl wird genutzt – also Obacht!
Ich mag jene kleinen Kiesinseln am liebsten, die sich je nach Wasserstand der Isar auch mal verstecken und dann wieder zum Vorschein kommen. Für die man erst die Schuhe ausziehen und ein Stück durchs Wasser waten muss, um zu ihnen zu gelangen. Da ist meistens auch weniger los und die eignen sich besonders gut, um etwas ungestörter zu sein. Das nutzen auch die Enten. Die entpuppen sich als richtige Sportskanonen, wenn sie gegen die Strömung anschwimmen und immer wieder abtauchen. Warum auch immer, auf mich wirkt das sehr beruhigend.
Irgendwo finde ich immer Schwemmhölzer oder Baumstämme, auf denen ich sitzen, nachdenken, lesen und beobachten kann.
Zu diesen Plätzen schaffe ich es leider nur im Sommer, meine kalten Zehen verzeihen mir das sonst den ganzen Tag nicht mehr. Auf den Kiesbänken gibt es ja genug Platz. Irgendwo finde ich immer Schwemmhölzer oder Baumstämme, auf denen ich sitzen, nachdenken, lesen und beobachten kann. Die unterschiedlichsten Münchner*innen kommen vorbei: Start-up-Umtriebige in der Mittagspause mit To-Go-Bowl, Rentnerpärchen beim Spaziergang, Kleinkinder in wasserabweisenden Matschhosen, die unter den strengen Blicken ihrer Mamas und Papas am Uferrand Steintürme bauen, Student*innen, die ihr Handtuch ausrollen und lesen.
Es ist einfach alles da, was ich für einen schönen Tag brauche.
So ist den ganzen Tag über immer etwas los, und wird es an einem Fleck zu langweilig, geht man weiter zum nächsten. Auch wenn der Hunger kommt, ist der Biergarten Zum Flaucher ums Eck. Es ist einfach alles da, was ich für einen schönen Tag brauche. Für einen Miniurlaub. Für eine Auszeit vom Alltag. Bis die Sonne untergeht, dann wird's schnell kalt und windig. Dann geht's zurück über den holprigen Steg.
Der Flauchersteg ist weder ein Geheimtipp noch der Touri-Spot schlechthin. Er ist so etwas mitten drinnen. Er ist ein Ort, der genug Platz für alle hat – zu jeder Jahreszeit und bei jeder Stimmung – an dem ich mich vom ersten Moment an wohlfühlen kann.