11 Theaterstücke im Mai und Juni 2023, die ihr euch anschauen solltet
Das Radikal jung Festival 2023 neigt sich bereits am 05. Mai dem Ende, doch das ist noch lange kein Grund, den theaterverliebten Kopf in den Sand zu stecken. Die Saison geht weiter und ihr könnt dem allgemeinen Schauspielvergnügen natürlich weiterhin frönen. Im Mai und Juni packen die Münchner Theaterhäuser und Bühnen nochmal den ein oder anderen Klassiker aus und präsentieren uns außerdem zahlreiche Premieren – sogar europaweite Uraufführungen! Studiert also ganz genau den Wetterbericht und macht euch beim kleinsten Hauch einer Wolke abends auf ins Theater. So entkommt man dem schlechtem Wetter wohl am besten!
1 "Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke" – Metropol Theater
Joachim, Anfang 20, absolviert mal so ganz nebenbei die Aufnahmeprüfung an der Otto Falckenberg Schule. Drei Jahre Schauspielausbildung stehen ihm nun bevor, während er gleichzeitig bei seinen Großeltern unterkommt, die nirgendwo anders wohnen als in einer alten Villa am Nymphenburger Schlosspark. Ein Spagat, der es in sich hat. Eine schier unendliche Reihung von tragikomischen Ereignissen und aberwitzig skurrilen Begebenheiten in beiden Welten macht die Suche nach dem Sinn des Lebens für Joachim zusätzlich schwer.
2 « M » – Kammerspiele
Für zwei Abende ist die DANCE Biennale zu Gast in den Kammerspielen mit der Performance « M ». Elf Tänzer*innen in knalligen Sporthosen und mit farbfeurigen Bobperücken kreieren aus dem Rhythmus ihres Atmens einen Score der Lebendigkeit. Das Ganze ist von der kanadischen Ausnahmechoreografin Marie Chouinard in Szene gesetzt worden und wird europaweit zum ersten Mal präsentiert. Lasst euch dieses Highlight nicht entgehen!
3 "Die Geschichte von Goliat und David" – Kammerspiele
David und Goliat werden die meisten von euch, auch ohne jegliche Bibelkenntnisse, aus einem Sprichwort kennen. Die Redewendung beschreibt eine gewaltvolle Situation, in der eine scheinbar schwächere Person oder Gruppe auf einen größeren, stärkeren Gegner trifft. David symbolisiert in diesem Bild den Underdog, Goliat einen Riesen, der meist als Sieger aus der Auseinandersetzung geht. Regisseurin Ayşe Güvendiren untersucht den Mythos dieses Zweikampfes, um ihn auf zeitgenössische Konfliktzonen zu übertragen. Konkret bezieht sie sich dabei auf den Fall von Halim Dener, der 1994 von einem SEK-Beamten am Steintorplatz in Hannover erschossen wurde.
4 "Erfolg" – Residenztheater
Das Resi feiert am 24. Mai Premiere. Im Stück "Erfolg" werden wir ins München der 1920er-Jahre zurück katapultiert: Dr. Martin Krüger erwirbt für sein Museum anstößige Bilder. Damit hat die bayerische Regierung endlich eine Ausrede, ihn von der Bildfläche verschwinden zu lassen. Es beginnt eine Reise ins Innere einer Gesellschaft, in welcher der eigene Karrierevorteil, der Hass auf Nachbar*innen, die Wut auf politisch Andersdenkende oder die eigene Orientierungslosigkeit zum Maß aller Dinge werden.
5 "Europa flieht nach Europa" – Volkstheater
Auch im Volkstheater dürfen wir uns auf ein neues Stück freuen: "Europa flieht nach Europa" trifft ganz nach Tradition des Hauses schon allen durch den Titel einen Nerv. Dabei zieht die Autorin Miru Miroslava Svolikovas die Figur Europa aus der griechischen Mythologie heran und wandelt ihre Geschichte im Sinne von Feminismus und Moderne um. Die Europa des Stückes wird nicht von Zeus vergewaltigt, sondern schlachtet den in einen Stier Verwandelten. Sie ruft einen Kontinent aus, der nicht auf Blut und das Recht des Stärkeren gegründet werden soll. Jedoch muss sie schnell einsehen, dass Krieg, Kolonialismus und Kapitalismus nicht einfach so weg ignoriert werden können. Leider.
6 "Höhenrausch" – Gärtnerplatztheater
"Höhenrausch" ist als Alpenballett auf der Website des Gärtnerplatztheaters ausgeschrieben und mehr braucht es auch nicht, um uns durch und durch neugierig zu machen. Der Titel thematisiert damit nicht nur eine Bergkrankheit, die mit steigenden Höhenmetern und abnehmendem Luftdruck zu tun hat. Er ist ein Sinnbild für unsere Gesellschaft, die oft zu schnell zu hoch hinaus will. Der österreichische Choreograf Georg Reischl sagt selbst über den Tanzabend, dass er das zusammenbringt, "was nicht zusammengehört, nämlich alpenländische Tradition mit zeitgenössischem Tanz." Wir sind schon ganz hibbelig!
7 "Schmetterling" – Staatsoper
Wir wissen nicht, wie es euch geht, aber wir denken bei jedem Ballettbesuch, dass wir eigentlich auch mal wieder zum Sport gehen könnten – oder sollten. Anyways, an das Talent der Tänzer*innen beim zweiteiligen Ballettabend "Schmetterling" werden wir in diesem Leben nicht mal ansatzweise herankommen. Die beiden Choreografien "Schmetterling" und "Silent Screen", die zum ersten Mal gemeinsam gezeigt werden, sind von der unverwechselbaren Tanzsprache ihrer Schaffer*innen Sol León und Paul Lightfoot geprägt. Hier hat jede kleinste Bewegung enorme Aussagekraft – seien es Schritte, Gesten oder Figuren. Da können einem im Publikum schonmal die Tränen kommen, also nehmt Taschentücher mit!
8 "Die Vaterlosen" – Kammerspiele
Die Komödie von Anton Tschechow ist zwar schon diverse Jahrzehnte alt, dennoch können wir uns fast sicher sein, dass die Inszenierung von "Die Vaterlosen" an den Kammerspielen alles andere als verstaubt und vorhersehbar ausfallen wird. Zur Erinnerung: Es geht um eine russische Gesellschaft im wirtschaftlichen Niedergang. Um Anna Petrowna, die ganz plötzlich vor dem Ruin steht. Und um eine Katastrophe, die unaufhaltsam auch auf die Personen zu rast, die meinen, sie kämen noch irgendwie heil aus der ganzen Sache raus.
9 "Die Hochzeitsreise" – Hoftheater
Ganz nach dem Motto: "Was sich liebt, das fetzt sich" treffen wir im Hoftheater auf zwei ehemalige Eheleute, die mit ihren neuen Partner*innen durch Zufall im selben Urlaub landen. Drei Jahre gab es keinen Kontakt und dann flammt plötzlich die alte Liebe wieder auf und die beiden machen sich Hals über Kopf zusammen aus dem Staub. Doch es dauert nicht lange und es kracht erneut zwischen dem Paar. Ein Slapstick-Stück, das euch mit messerscharf geschriebenen Pointen vom Hocker hauen wird.
10 "Pension SchöllerInn" – Volkstheater
Hurra, eine Uraufführung! In der "Pension SchöllerInn!" dreht sich alles um die Frage, wen wir als gesund und wen als krank bezeichnen. Die Regisseur*innen Nele Stuhler und Jan Koslowski arbeiten sich dabei an der literarischen Vorlage "Pension Schöller" von Carl Lauf und Wilhelm Jacoby ab. Protagonist ist Alfred, der kurz vor dem totalen Burn-Out steht und dringend eine Auszeit braucht. Doch die nötige Groschen für ein Retreat fehlen. Alfred wendet sich an seinen Onkel, unter dem Vorwand, eine Gastronomie eröffnen zu wollen. Dass es nicht nur bei einer Notlüge bleibt und dass der Onkel ganz andere Probleme hat, ist wohl klar. Dass uns hier im Juni ein wunderbarer Theaterabend bevor stehen, ebenso.
11 "blues in schwarz weiss" – Marstall
Intersektionaler Rassismus. Wenn ihr noch nicht davon gehört habt, gehört ihr wahrscheinlich zu einer Gruppe der Gesellschaft, die sehr privilegiert, weiß, gerne männlich und vermutlich heterosexuell ist. Die Texte von May Ayims beschreiben das fein verwobene Geflecht unterschiedlicher Erfahrungen und Erlebnisse, Machtverhältnisse und -prozesse, denen Afrodeutschen in unterschiedlichen Lebensräumen begegnen und Emotionen und Verletzungen hervorrufen. Die Dichterin, Pädagogin und Aktivistin war eine prägende Stimme der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD), die in den 1980er-Jahren ihren Kampf für Gleichstellung begann. Ayims Essays, Gedichte und Briefe werden von Regisseurin Miriam Ibrahim und Autorin Julienne De Muirier nun in ein Stück übersetzt.