Kleine, geile Firmen #27 – Mode für Frauen von ADIEU CLICHÉ Studio
„Inspired by momlife, for every woman“ ist das Credo des jungen Modelabels ADIEU CLICHÉ Studio. Dahinter stecken Kerstin Rothkopf und Annette Granados Hughes, die das Label erst unter dem Namen WOMOM gegründet haben, kurze Zeit später kam Tati Peco dazu und Sophie Rolf kümmert sich um die PR von Berlin aus. Statement-Shirts und Sweater, aber auch Schmuck, eine Tasche, Notizbücher und richtig schöne Artprints gibt es zu kaufen. Kollaborationen mit anderen Künstlern setzen die drei ebenfalls um, denn „am besten wächst man schließlich zusammen“, wie Kerstin findet.
Wichtig ist den drei Müttern bei alledem, dass Mode nicht von Umstandsmode separiert wird, sondern jede Frau, ob sie schwanger ist oder nicht, die Klamotten tragen kann. Mit Kerstin als Fotografin- und Graphikdesignerin, Annette als Graphikdesignerin und Tati als Moderedakteurin haben sich drei junge Frauen gefunden, die ihr Handwerk verstehen und sich mit ADIEU CLICHÉ Studio einen Traum erfüllt haben.
Wann ist euch zum ersten Mal aufgefallen, dass Umstandsmode von gängiger Mode getrennt wird?
Annette: Während meiner eigenen Schwangerschaft. Was mich daran störte war, dass auch wenn man sich als Mutter fühlt, man sich gleichzeitig nicht weniger als Frau sieht. Man ändert seine Persönlichkeit ja nicht von heute auf morgen. Ein Großteil seines Lebens will man nicht schwanger werden, bis man sich damit auseinandersetzt und dann beschließt, ein Kind bekommen zu wollen. Ich finde es wichtig, eine mögliche Schwangerschaft nicht so weit vom aktuellen Leben zu trennen und deshalb muss das Thema modisch auch nicht abgetrennt werden.
Kerstin: Ich wurde ungeplant schwanger und habe mich gefühlt, als würde man mir einen Stempel aufdrücken. Dann habe ich im Rahmen meiner Abschlussarbeit „Planet Pregnant“ unter anderem Shirts entworfen und ich fing an, andere Frauen zu fragen, wie es ihnen damit geht und ob sie diese Problematik ebenfalls sehen.
Frida Kahlo konnte beispielsweise keine Kinder bekommen, das macht sie aber nicht weniger Frau.
Was gefällt euch nicht an so mancher Schwangerschaftsmode?
Tati: Unsere Generation kann sich nicht mehr mit vielen Prints auf gängiger Umstandsmode identifizieren. Melonen zum Beispiel – und alles wird generell so verniedlicht. Der Zeitgeist hat sich einfach geändert.
Kerstin: Streifen und Blumen sieht man auch ohne Ende. Frauen bleiben Frauen, wir brauchen keine Trennung dazwischen. Eine Frau, die keine Kinder möchte, kann trotzdem unsere Shirts tragen. Frida Kahlo konnte beispielsweise keine bekommen, das macht sie aber nicht weniger Frau. Wir sollten das alles lockerer betrachten, alles andere ist nicht mehr zeitgemäß.
Mode hat schon immer was bewegt, über Mode kann man viele erreichen.
Das heißt, dass es bei ADIEU CLICHÉ Studio keine speziellen Schnitte für Schwangere gibt?
Annette: Genau. In ein klassisches Shirt passt jede rein. Wir haben die Größen XS bis XXL, da findet sich für alle was.
Kerstin: Wir wurden auch mal gefragt, warum wir kein Still-Shirt anbieten würden. Klar ist das praktisch, aber wir finden, dass es nicht benötigt wird und außerdem sieht es nicht schön aus.
Was ist euch bei euren Statement-Shirts wichtig?
Tati: Wir machen die Statement-Shirts nicht nur, weil sie cool aussehen oder dahinter ein Trend steht. So viele tragen Schriftzüge auf ihren Klamotten und haben keine Ahnung, was sie damit ausdrücken und vor allem, ob sie das überhaupt wollen.
Annette: Es sind keine Worthülsen. Bei der ‚Adieu Cliché-Kampagne’ haben wir aufgerufen, sich von Klischees zu verabschieden. Total viele Leute haben von sich heraus den Wunsch gehabt, mit dem Shirt ihre Geschichte zu erzählen.
Kerstin: Die meisten, die Fotos von unseren Shirts posten, schreiben was dazu. Mode hat schon immer was bewegt, über Mode kann man viele erreichen.
Wie ist der Weg von der Idee zum fertigen Produkt?
Kerstin: Wir beobachten viel, sammeln Themen und Ideen. Die landen dann bei Annette und mir in der Graphik, außerdem werden noch die passenden Schnitte herausgesucht für die Oberteile. Die werden dann in München bedruckt oder bestickt, bevor das fertige Stück hier in meiner Wohnung handverpackt wird. Das hat den Vorteil, dass ich trotz Kind flexibel arbeiten kann. Aber ein Showroom oder ein größeres Lager wären auf Dauer schon schön.
Annette: Übrigens arbeiten wir ausschließlich mit ökologischer Biobaumwolle und achten auf Fairtrade und kurze Produktionswege.
Welche Hindernisse musstet ihr mit ADIEU CLICHÉ Studio überwinden?
Annette: Die ganze Bürokratie! GbR gründen, Marke schützen, was tun, wenn ein Print geklaut wird? Versand, Retoure, all diese Dinge. Da merkt man, dass der kreative Prozess den kleinsten Teil ausmacht.
Wie managt ihr Kind und Karriere?
Annette: Ich habe eine Tagesmutter, trotzdem arbeite ich vor allem noch am Abend und an den Wochenenden. Es gab mal eine Phase, als wir unseren Arbeitsalltag als „Whatsapp-Büro“ bezeichnet haben, weil wir uns nicht oft sehen konnten. Aber als Mutter wird man Effizienz-Monster!
Tati: Und wir bekommen viel Unterstützung von unseren Familien, den Großeltern, Freunden. Ohne die würde es nicht funktionieren. Außerdem ist es wirklich wichtig, eine Mitte zu finden und die Balance zu halten.
Was plant ihr für dieses Jahr mit ADIEU CLICHÉ Studio?
Tati: Es gibt eine neue, geile Kollektion Ende April. Neue Farben, neue Themen, alles wird sommerlich!
München legt gern selbst Hand an. Fast jede Woche gründet sich hier eine neue Firma, wird ein neues Label vorgestellt oder neues Produkt lanciert. Wir stellen euch die kleinen, geilen Firmen der Stadt vor. Die Bedingungen sind simpel. Klein müssen sie sein, das heißt weniger als zehn Mitarbeiter und natürlich: Geil.