Kleine, geile Firmen #32 – The Illusionist: Gin mit Farbenspiel
Ginlein, wechsel dich! Moment, das hieß im Märchen irgendwie anders. Dennoch ist es wirklich märchenhaft, was sich gerade vor mir in meinem Glas abspielt: Der ursprünglich tief blaue Gin von The Illusionist verändert seine Farbe zu einem zarten Rosa, als er mit Tonic gemischt wird. Ich bin sofort Feuer und Flamme und will am liebsten gleich noch tausend und einen Drink mixen.
Die Prinzen dieser Geschichte heißen Max und Tim. Es war einmal im September 2016, da hatten die Freunde genug von Wirtschafts-Studium und Zahnarzt-Karriere. Ein neues Hobby musste her! Eines, das Spaß macht und Abwechslung bringt. Da sich die beiden in ihrer Freizeit eh schon gerne hinter – und natürlich auch vor – der Bar aufhielten, lag das Thema Spirituosen nicht fern. Die Wahl fiel auf Gin.
Im Grunde funktioniert's wie beim Blaukraut. Die Blüte ist ph-sensibel, reagiert also auf Säure.Tim
Warum gerade Gin? In München sprießen die Gin-Destillerien ja regelrecht aus dem Boden.
Tim: Gin ist ein schönes Produkt: Er erlaubt eigene Kreationen und lässt sich im Vergleich zu anderen Spirituosen sehr schnell von der Herstellung ins Glas bringen, da man keine lange Lagerzeit hat. Der Vorteil ist, dass man sich geschmacklich austoben kann. Es braucht nur ein reines Weizendestillat und Wacholder, dazu ein paar Botanicals. Wir haben außerdem noch das gewisse Etwas, das uns die Kopfschmerzen genommen hat, in den großen Gin-Markt einzutreten.
Was ist denn dieses gewisse Etwas?
Tim: Neben dem floral-fruchtigen Geschmack benutzen wir eine blaue Blüte aus Fernost. Von ihr hat unser Gin seine magische blaue Farbe.
Die Farbe allein ist ja nicht das einzig Besondere bei euch, sondern vor allem der Farbwechsel. Wie funktioniert sowas?
Tim: Im Grunde funktioniert's wie beim Blaukraut. Die Blüte ist ph-sensibel, reagiert also auf Säure. Wenn man den Gin mit einem Mischgetränk wie Tonic Water mixt, verändert er seine Farbe.
Natürlich ist man wahnsinnig stolz, wenn das eigene Produkt, auf das man über ein Jahr hingearbeitet hat, endlich seine Geburtsstunde feiert.Tim
Hattet ihr vor The Illusionist schon etwas in die Richtung gemacht?
Tim: Unsere Erfahrung mit Spirituosen konzentrierte sich vor unserem Gin-Unternehmen eher auf das Mixen von Longdrinks und Cocktails und natürlich besonders deren Verzehr während unserer Studienzeit.
Wie hat das Ganze dann angefangen?
Tim: Zuerst mit kleinen Tischdestillen, um uns in der Rezeptur auszutoben. Es hat ein ganzes Jahr gedauert, bis wir die richtige Mischung raus hatten. Jeden Donnerstag war „Bartour“ angesagt – da haben wir den Gin mehreren Bars an einem Abend vorgestellt. Die Begeisterung war bei den meisten sofort da. Diejenigen, die anfangs noch skeptisch waren, konnten wir mit der Magie des Illusionist letztendlich doch überzeugen.
Und wie ging's dann weiter?
Tim: Die erste Flasche haben wir den Jungs aus dem Ferdings in der Klenzestraße verkauft. Natürlich ist man wahnsinnig stolz, wenn das eigene Produkt, auf das man über ein Jahr hingearbeitet hat, endlich seine Geburtsstunde feiert. Heute destillieren wir in zwei kleinen Räumen in Obersendling. Dort ist auch unser Büro. Anfangs haben wir noch wirklich alles per Hand gemacht: Vom Abfüllen zum Verschluss bis hin zum Aufkleben der Etiketten, die teilweise echt schief waren. Mittlerweile haben wir Gott sei Dank eine Maschine, die das ein bisschen ordentlicher macht.
Wie schmeckt The Illusionist am besten?
Tim: Wir empfehlen ein Dry oder Indian Tonic. Da der Gin von Haus aus eher fruchtige und florale Noten hat, passt ein solcher Mixer besser als parfümierte und süße Tonics als Gegenspieler. Wir bekommen aber auch oft Feedback, dass auch die anderen Tonics gut passen – es hat eben jeder seinen eigenen Geschmack.
Und wie komme ich jetzt ran an den guten Tropfen?
Tim: In München sind wir in so einigen Bars vertreten: Little London, Call Saul, Zephyr, Schwabinger 7 und viele mehr. Es braucht immer einen Barkeeper, der unsere Geschichte erzählt, wenn du unseren Gin noch nicht kennst. Auf unserer Website kannst du dir außerdem eine Flasche für zuhause bestellen. Die große Flasche (0,5 Liter) gibt's für 39,90 Euro.
Was wäre euer Gin-Traum für die Zukunft?
Tim: National sind wir momentan ganz gut aufgestellt. Nun gehen wir gerade das internationale Geschäft vermehrt an. In Österreich, Norwegen und Holland sind wir bereits zu haben. Dazu sind wir weiter am Feinschliff für neue Ideen und Produkte – das Farbenspiel wird dabei auch weiterhin ein Thema sein.
München legt gern selbst Hand an. Fast jede Woche gründet sich hier eine neue Firma, wird ein neues Label vorgestellt oder neues Produkt lanciert. Wir stellen euch die kleinen, geilen Firmen der Stadt vor. Die Bedingungen sind simpel. Klein müssen sie sein, das heißt weniger als zehn Mitarbeiter und natürlich: Geil.